22

52 7 0
                                    

Ein Tag nach dem anderen verging. Jeder war genau wie der andere, keiner war besonders. Keiner war aufregend. Keiner war Lebenswert. Und doch überlebte ich jeden Tag.

Tage vergingen. Wochen zogen an mir vorbei.

Jeden Tag sah ich ihn – Park Jimin. Jeden Tag sah ich seine schönen Augen, in die ich auch in der Realität verfiel. Jeden Tag sah ich seine Haare, die perfekt gestylt waren. Jeden Tag sah ich seinen göttlichen Körper. Jeden Tag sah ich wie er am Telefon die Straße entlanglief. Es gab auch Tage an denen er kein Telefon in der Hand oder am Ohr hatte, doch dann schaute er meistens traurig auf die Straße.
Ich wusste nie ob er glücklich war oder nicht.
Jeden Tag machte ich mir Gedanken über ihn. Jeden Tag machte ich mir Gedanken über diese Bilder. Jeden Tag dachte ich „Was wäre wenn..." doch jeden Tag scheiterte ich an meinen Gedanken wie immer.
Die Gedanken zerstörten mich. Sie fraßen mich auf.

Jeden Tag, wenn ich aufwachte, wünschte ich mir, dass ich ihn damals angesprochen hätte.
Jeden Tag, wenn ich die Straße entlanglief, wünschte ich mir, dass ich die Person an der anderen Leitung war.
Jeden Tag, wenn ich arbeitete, wünschte ich mir, dass es nicht mein Leben wäre.
Jeden Tag machte ich das gleiche:

Kante auf Kante. Ecke auf Ecke. Kleber drauf. Festhalten. Weitergeben.
Kante auf Kante. Ecke auf Ecke. Kleber drauf. Festhalten. Weitergeben.
Kante auf Kante. Ecke auf Ecke. Kleber drauf. Festhalten. Weitergeben.
Kante auf Kante. Ecke auf Ecke. Kleber drauf. Festhalten. Weitergeben.

Jeden Tag nach der Arbeit frage ich mich, ob das Leben jemals einen Sinn machen würde.
Jeden Tag auf dem Heimweg, ging ich durch den Park in der Hoffnung, dass er auch da war. Doch nie war er da. Nie wieder stand er so vor mir wie damals. Jeden Tag war ich einsam und allein.
Jeden Tag sagte ich zu mir selber, wenn wir uns je wieder so nah kamen, dann spreche ich ihn an. Doch ich wusste schon während ich es sagte, dass ich es niemals gemacht hätte.

Jeden Tag daheim im Bett, da dachte ich wieder an ihn. Ob sich noch alles zum Guten gewendet hätte. Ob ich unseren Streit hätte verhindern können und ich ein schönes Leben mit ihn führen könnte. Und zugleich war ich jeden Tag dankbar, dass meine Mum noch lebte. Doch so dankbar wie ich auch war, wollte ich sterben.

Ich sehnte mich nach dem Tod.

Jedes Mal, wenn ich mich wieder nach dem Tod sehnte, da stellte sich mir die Frage: „Hätte ich ein Leben mit ihm, würde ich immer noch sterben wollen?"

Aber heute war nicht jeder Tag. Heute war der erste Tag nach 8 Monaten und 12 Tagen – Ja, ich zählte die Tage – an denen es anders war.

Es war Samstagmorgen. Der Nebel schlich noch durch Busan als ich das Haus verließ und gezielt zum Bäcker lief. Meine Mum wollte frische Semmeln zum Frühstück also sollte sie es auch bekommen. Die kühlte Luft stach wie viele kleine Nadelstiche in mein Gesicht, doch es war angenehm. In unsere Wohnung war die Luft stickig und warm, doch draußen war sie angenehm. Irgendwie gab die Luft ein kleiner bisschen Lebenssinn.

Die Glocke ertönte kurz, als ich durch die Türe ging. Die Luft war stickig und bedrückt, doch es roch gut nach Gebäck, was die Luft vergessen ließ.

Ich blickte über die Leute, doch als ich einen braunhaarigen Jungen sah blieb mein Blick stehen. Mit dem Vorwand, dass ich das Gebäck anschauten wollte, quetschte ich mich durch die Menschen durch nach vorne zu dem kleinen Jungen.
Uns trennten nur noch wenige Schritte und einen halben Meter Luft, mehr war es nicht. Ich war ihm fast so nah wie damals – fast, aber besser als die anderen Monate.

Ich konnte ihn riechen. Seinen unfassbaren Duft – frisch und süß, aber doch beruhigend. Ich näherte mich ihm einen halben Schritt. Der Duft wurde intensiver und nun konnte ich, trotz der vielen Menschen, seine Stimme hören. Er redete mit einer Person, die auch hier anwesend war.

Yoonmin | It never happens (FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt