Teil 21

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Ich wurde durch ein sanftes Rütteln geweckt: "Elli, wir sollten aussteigen, es wird langsam hell." Ich musste ein paar mal blinzeln, um richtig sehen zu können.
Nach deinem schiefen Lächeln zu urteilen, sah ich verschlafen aus und ich brauchte auch eine Weile, um mich aufzurichten: "Bin schon wach." Ich hatte einen widerlichen Geschmack im Mund und hatte das dringende Bedürfnis auf die Toilette zu gehen.
"Wir sollten jetzt aussteigen", du standst auf.
"Natürlich", ich ging wie benebelt auf die Tür zu, die sich dann kurze Zeit später mit einem Zischen öffnete. Die kühle Luft tat gut und ich hatte das dringende Bedürfnis zu rauchen: "Kann ich mal Feuer haben?"
"Hast du keinen Hunger?", du zündetest mir die Zigarette an.
"Es geht."
"Ich hole mir etwas vom Bäcker", du deutetest zu einem kleinen Geschäft. Dieser Bahnhof war auf jeden Fall besser ausgestattet als der vorherige.
"Wo sind wir?", ich sah mich um. Die Sonne ging gerade erst auf und ein paar Tauben liefen auf dem Boden herum und pickten ein paar Krümel auf. Auf der Uhr war es fünf Uhr morgens und ein paar vereinzelte Menschen saßen auf Bänken und lasen oder schrieben mit ihrem Handy.
"Spielt doch keine Rolle, Elli", du steuertest auf den Bäcker zu.
Ich beobachtete den Rauch meiner Kippe: "Ja, da hast du recht."

Du nahmst drei Brezeln und ich ein Croissant, obwohl ich nichts hätte essen müssen. Wir setzten uns an den Bahnhof und beobachteten die Menschen, während wir aßen. "Ich gehe mal die Toilette suchen", ich stand auf.
"Ich muss auch mal", also begleitetest du mich. Wir fanden die Bahnhofstoilette relativ schnell und du begannst schon wieder zu grinsen: "Schaffst du das alleine?"
Ich rollte mit den Augen: "Ja, wenn nicht, rufe ich dich."
"Sehr gut, dann bis gleich."
"Bis gleich", ich lief Kopf schüttelnd auf die Kabine zu. Als ich zurückkam, standest du schon da mit der billigen Plastiktüte und erst jetzt fiel mir auf, dass deine Augenringe tiefer waren als sonst. "Willst du schlafen?", ich stellte mich vor dich.
"Nein, ich will nichts verpassen", du lachtest.
"Arsch."
"Worauf hast du Lust, kleine Blume?"
"Jetzt fang nicht wieder damit an!"
"Warum nicht?", du lächeltest.
"Das klingt dämlich."
"Ich dich auch, Elli." Ich streckte dir den Mittelfinger entgegen und du begannst lauthals los zu lachen: "Gestern habe ich den Satz aus deinem Mund gehört."
"Träum weiter", ich lief los.
"Wiederholst du ihn nochmal?", du schlosst zu mir auf.
"Nein."
"Habe ich mir schon gedacht."
Du hast nicht mal daran gedacht, aufzuhören zu grinsen und irgendwie hast du mich dann auch angesteckt: "Hör auf."
"Womit, kleine Blume?"
"So dumm zu grinsen."
"Ach und warum darfst du das?", du stumptest mich leicht.
"Ich darf das halt."
"Darf ich mir auch etwas aussuchen, das nur ich darf?", du setztest deinen unausstehlichen Blick auf.
"Was denn?"
"Dich küssen."
Jetzt musste ich loslachen: "Das will auch kein anderer."
Nachdem wir den Bahnhof verlassen hatten überquerten wir eine Fahrbahn und liefen direkt auf eine Straße zu, die voller Klamottengeschäfte war.
"Hast du Lust zu shoppen?", fragtest du.
Ich zuckte nur mit den Schultern: "Wir müssen ja nichts kaufen."
"Können wir aber."
"Das würde zu viel kosten."
"Ich kaufe dir irgendwas", du stecktest deine Hände in deine Jackentasche und maschiertest direkt auf ein kleines Geschäft zu.
"Machst du nicht."

Es würde sich nicht lohnen Geld für mich auszugeben, ich würde doch so oder so bald sterben, aber das wusstest du ja nicht. Ich fühlte mich schon wieder schlecht, obwohl ich die Entscheidung, dir nichts zu sagen, gut fand. Ich habe mich so oft gefragt, was du gemacht hättest, wenn du gewusst hättest, dass ich jeden Moment sterben könnte. Hättest du überhaupt etwas getan? Würden wir uns weiterhin im Park treffen, oder hättest du den Kontakt abgebrochen? Würden wir jetzt hier stehen, wo wir gerade standen?

"Wie wäre es denn hiermit?", du hieltest mir ein hautenges Kleid entgegen.
"Sehr witzig", ich hielt einen beigenen Pullover in der Hand.
"Du probierst das an", sagtest du und liefst weiter zu den Hosen.
"Dann suche ich dir aber auch etwas aus."
Du grinstest: "Ich suche dir fünf Teile und du mir, abgemacht?"
Ich zog die Augenbrauen hoch: "Keine Unterwäsche."
"Schade", du gingst lachend in eine andere Ecke des Geschäfts. Ich lief zu einem Regal mit Leggins.

Du hattest nicht erwähnt, dass es Männer Sachen sein müssen, Jack, und diesen Spaß wollte ich mir erlauben.

Ich nahm eine schwarze Leggins und ein Oberteil mit Blumen, dann holte ich noch ein paar weitere Kleidungsstücke und wartete schließlich an einer Umkleide auf dich.
"Das ist nicht dein Ernst", du sahst auf die Leggins.
Ich streckte dir die Klamotten grinsend entgegen: "Bitte schön." Du reichtest mir deine Sachen.
"Ich wette, mir passt das nicht einmal", murmelte ich, während ich das Keid ansah.
"Wenn ich mich in das da quetsche", du zeigtest auf die Leggins, "dann kannst du auch das anziehen." Wir zogen beide den Vorhang zu und ich begann das Kleid anzuziehen. Es war nicht hässlich, allerdings sollte es Kurven betonen, die ich nicht besaß.

Es war nicht gerade leicht sich in ein so enges Minikleid zu bekommen und umso schwerer war es den Reißverschluss am Rücken zu zu bekommen. Als ich fertig war, sah ich mich im Spiegel an. Der schwarze Stoff betonte meine dünne Figur und irgendwie gefiel es mir, auch wenn ich so sehr schmal aussah. Hattest du es extra deswegen ausgesucht, um mir meine Figur zu zeigen? Wahrscheinlich wolltest du nur den Anblick genießen, so hättest du es doch ausgedrückt, oder Jack?

Einsam fällt Sterben leichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt