Teil 11

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Unser Essen kam und ich stellte jetzt schon fest, dass ich verloren hatte: "Das ist unfair." Wir starrten beide auf meinen riesigen Haufen Pommes.
Dein Lachen war nicht zu überhören: "Guten Appetit."
"Dir auch." Und natürlich hatte ich verloren, es blieb ungefähr die Hälfte auf dem Teller liegen. "Zum Glück haben wir um nichts gewettet", ich sah auf deinen leeren Teller.
"Ich finde es schade."
"Das ist mir schon klar", ich stocherte noch ein wenig herum.
"Ich darf ja", du nahmst dir ein paar Pommes und ich schob dir den Teller herüber.
"Ich gehe kurz auf die Toilette, nicht weglaufen."
"Soll ich mitkommen?", der Kater aus dem Wunderland war zurück.
"Ich bekomme das schon allein hin."
"Also willst du sie nicht einweihen?"
"Jack, du bist widerlich."
"Im Zug hat es dir gefallen, das kannst du nicht leugnen." Ich stand auf und ging auf die Tür zu, die mit WC beschriftet war. Hier stank es zumindest nicht so wie in dem ICE. Ich sah mich im Spiegel an.

So blass, so kaputt, man konnte mir meine Krankheit ansehen. Was tat ich hier? Ich hätte nicht hier sein sollen.

Ich schüttelte den Kopf und machte mich fertig. Du saßt da und ich lief zu dir. "Ich habe schon bezahlt", du hieltest jetzt mehrere Scheine hoch.
"Und?"
"Sie hat mich nur verdutzt angeschaut, aber nichts gesagt."
Ich lachte: "Das wundert mich nicht."
"Verschwenden wir unsere Zeit nicht weiter", du standst auf und ich zog meine Jacke an.
"Stimmt, ich könnte noch eine rauchen."
Du seufztest: "Wenn dich das glücklich macht."
"Mich macht es glücklich, nicht nachdenken zu müssen."
"Dann lass uns feiern gehen."
"Jetzt?", fragte ich.
"Warum nicht?"
"Vielleicht später."
"Und was machen wir jetzt?", du sahst mich an.
"Keine Ahnung."
"Wir könnten weiterfahren."
"Ich werde dich nicht nochmal retten, Arsch."
"Du willst doch nicht hier bleiben?"
"Nein, aber es reicht, wenn wir morgen weiterfahren."
"Morgen können wir gestern nicht nachholen, Elli. Lass uns jetzt fahren."

Das war eine blöde Idee und keine gute Zeit, denn umso länger wir hier herumstanden, desto mehr Leute würden sich an den Bahnhöfen versammeln. Doch wie heißt es so schön? Schlechte Zeiten waren immer die besten für gute Ideen.

"Na gut."
"Geht doch", du wirktest zufrieden. So liefen wir also erneut zu einem Zug und stiegen einfach ein, ohne zu wissen wohin wir fuhren, ohne zu wissen wo wir landen würden.
"Mir ist langweilig", murmelte ich.
"Mir nicht", du standst neben dem Ausgang und starrtest mich an.
"Ist es so spannend mich anzuglotzen?" Du nicktest nur. "Ich weiß, dass ich scheiße aussehe."
"Tust du nicht."
Ich lachte: "Du brauchst nicht nett zu sein."
"Für mich bist du nicht hässlich, Elli." Ich antwortete nicht. "Hey, ignorier mich nicht."
"Du redest dummes Zeug, also darf ich das."
"Deine Definition von dumm ist sehr interessant", du lehntest dich zu mir vor und mein Herz schlug automatisch schneller.
"Warum?"
"Du bezeichnest das alles hier als dumm und trotzdem bist du mitgekommen, hast mich als deinen Freund akzeptiert und jetzt fahren wir schon wieder weiter. Anscheinend hast du eine Schwäche für Dummes", dein Gesicht kam näher.

Eine Schwäche für Dummes? Ich hatte eine Schwäche für dich, Jack. Und wie du mich schon wieder ansahst, ich hätte dir nie widerstehen können, nie hätte ich dir ausweichen wollen. Ehrlich gesagt wunderte es mich, dass ich noch lebte, so oft wie du mein Herz zum Aussetzen gebracht hast.

"Vielleicht", flüsterte ich.
"Ich bin mir dabei sicher", murmeltest du.

Dann habe ich dich geküsst und es hat mich selbst überrascht. Du hast aus mir einen anderen Menschen gemacht, oder sagen wir es so, du hast meine andere Seite zum Vorschein gebracht und dafür bin ich dir sehr dankbar, denn ich habe keine Ahnung wie lange ich mich selbst noch hätte ertragen können.

"Das soll nicht aufhören, Elli", ich spürte deinen Atem an meiner Wange.
"Dann hören wir nicht damit auf", ich lächelte dich an. Dieses mal wollte uns keiner kontrollieren, was mich fast schon traurig machte, denn irgendwie fand ich es aufregend zu flüchten, mit dir zu flüchten.
"Lass uns aussteigen." Ich folgte dir und dieser Bahnhof war mit Abstand der kleinste auf dem wir bis jetzt waren.
"Hast du einen blassen Schimmer wo wir sind?", ich lachte.
"Nein, doch das ist mir egal, solange du da bist."

Du hast so oft ausgesprochen was ich nur gedacht habe, du warst oft romantisch und damit meine ich nicht kitschig, kitschig wäre das falsche Wort für dich. Ich finde wahnsinnig passte viel besser zu dir, passte besser zu uns.

Einsam fällt Sterben leichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt