Teil 41

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"Es ist okay", ich streichelte dir sanft über den Rücken, "es ist wirklich okay, Jack. Ich verzeihe dir."
"Das habe ich eigentlich nicht verdient", du presstest mich noch fester an dich.
"Ich hätte nicht rauchen dürfen, tut mir leid."
"Nein, es tut mir leid, dass ich so ausgerastet bin, ich hätte es wissen müssen, es ist normal für dich, so bist du halt. Das Rauchen gehört zu dir, so wie ich zu dir gehöre. Es tut mir leid, kleine Blume", du löstest dich von mir und sahst mich aus roten verheulten Augen an.
"Jack, wo warst du?", ich nahm deinen Kopf in meine Hände und musterte die Augenringe, die deutlicher hervorstachen.
"Ich bin jetzt hier, der Rest spielt keine Rolle. Ich habe dir versprochen nicht zu gehen und das werde ich halten, ich bin nicht so ein Typ, der sowas nicht einhält. Ich will, dass du das weißt." Ich zog dich wieder an mich und drückte meinen Hals gegen deinen und ich spürte, wie du schlucktest.
"Ich bin gestorben, Jack", meine Stimme versagte und klang viel zu hoch.
Du drücktest fester zu: "Ich weiß, was du meinst, ich auch."
Ich fing an zu schluchzen: "Es war schlimmer als der Schmerz. Ich bin gestorben und gleichzeitig habe ich geatmet, Jack." Ich hörte mich an wie ein kleines Kind und du drücktest mich von dir weg und legtest deine Lippen auf meine.

Dieser Kuss war so erfüllt von dem Schmerz, der jeder von uns beiden verspürte, ich schmeckte die salzigen Tränen und das Blut, als du deinen Mund auf meinen drücktest. Es lagen so viele Emotionen in dem Kuss und ich war wie betäubt, als wir uns voneinander lösten.

Du sahst mich immer noch schmerzerfüllt an: "Elli-"
"Pscht", sagte ich, legte einen Finger auf deinen Mund und schloss die Augen. "Lass uns das einfach vergessen", meine Stimme klang fest und ich öffnete die Augen.
Du nicktest: "Ja."
"Danke."
"Ich muss dir danken, Elli."
"Hör auf, wir vergessen es, schon vergessen?", ich lächelte und du erwidertest es.
"Ich erinnere mich daran."
"Wollen wir essen?", fragte ich, weil ich nicht wusste, was ich noch sagen sollte.
"Aber das Essen ist doch jetzt mittlerweile komplett kalt."
Ich zog einen Schmollmund: "Jack, du betrachtest das falsch. Das Essen ist jetzt nur im zweitbesten Zustand."

Jetzt lachtest du, was mein Herz wieder auftauen ließ. Es war schrecklich dich am Boden zu sehen, aber eines kann ich dir versprechen, Jack. Ich hätte dir die Hand gereicht, ich hätte dich immer wieder hochgezogen.

"Kalte Pommes sind doch nicht so schlecht, wie ich gedacht hatte", sagtest du mit vollem Mund und ich lächelte.
"Siehst du."
"Nein, ich schmecke nur." Ich rollte mit den Augen und biss in meinen Burger. "Aber sie schmecken noch lange nicht so gut wie deine Lippen."
Ich täuschte ein Würgegeräusch vor: "Jack! Hör auf so eine Scheiße zu labern."
Jetzt fingst du an noch lauter los zu lachen: "Du solltest deinen Blick gerade sehen."
"Arsch."
"Ich liebe dich, Elli. Das ändert sich nicht, egal wie kitschig das jetzt klingt."
"Damit komme ich klar", sagte ich und stopfte mir kalte Kartoffelstreifen in den Mund, die ich von dir geklaut hatte.
"Schmeckt's?", du stütztest deinen Kopf mit dem Arm ab und sahst mich schief an.
"Oh nein, sag jetzt nicht, ich habe irgendwo Ketchup hängen", ich fuhr mir mit dem Handrücken über den Mund, was dich zum grinsen brachte.
"Ich schaue dich nur an, weil du so wunderschön bist", murmeltest du belustigt.
Ich legte meinen Burger ab und schluckte die Pommes herunter: "Ich gehe mich gleich übergeben."
"Süß."
"Hör auf damit!"
"Womit?"
Ich stöhnte: "Oh Mann, Jack!"
"Ich weiß gar nicht, was du willst", du starrtest mich verträumt an.
Ich klatschte mir mit der Hand auf die Stirn: "Du Idiot, hör auf mich so anzuschauen, ich esse!"
"Stell dir vor, das sehe ich."
"Jack!"
Du hobst ergeben die Hände: "In Ordnung, Prinzessin." Du widmetest dich wieder dem Essen. Ich seufzte und aß den Burger fertig.
"Willst du deine Jacke eigentlich gar nicht ausziehen?", fragte ich und trank einen Schluck Wasser ohne Gefühle.
Du hörtest auf zu kauen und schlucktest erst, bevor du mich ansahst: "Ja, gleich."
"Ich ziehe mir jetzt den anderen Pulli an, den wir gekauft haben, bin gleich wieder da", murmelte ich und wartete schon auf eine blöde Bemerkung deinerseits, dass ich das auch vor dir machen könnte, aber die kam nicht.
Ich streifte mein jetziges Oberteil ab und zog das andere über. Mein Blick fiel auf mein Spiegelbild und ich sah einfach nur schrecklich aus. Ich seufzte und wusch mein Gesicht mit kaltem Wasser. Dann trat ich wieder ins Zimmer und du saßt mit verschränkten Armen im Bett.
"Ist das T-Shirt neu?"
"Ja", presstest du hervor und ich ließ mich unsicher neben dich fallen.
"Sowas wie das wird nicht nochmal passieren, Jack."
Du lächeltest schwach: "Das würde ich auch nicht zulassen."
Ich wollte mich an dich lehnen, aber du hattest die Arme immer noch verschlungen: "Ist was, Jack?"
Du sahst mich ausdruckslos an: "Es tut mir leid, es tut mir so leid." Ich sah dich an und du öffnetest die Arme, sodass ich auf vier tiefe, neue Schnitte starrte.
"Nein", hauchte meine Stimme, dann verschwamm meine Sicht.

Einsam fällt Sterben leichterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt