🌸La mauvaise foi🌸

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La mauvaise foi:
stammt aus dem französischen und bedeutet wörtlich
übersetzt 'schlechter Glaube'/ 'Bösgläubigkeit'. Gleichermaßen aber kann es Substantiven wie der 'Unaufrichtigkeit' & dem 'Selbstbetrug' zugeordnet werden.
{Je nach Sachkontext}

Anmerkung:
Außerdem hat dieser Begriff einen sehr hohen Bekanntheitsgrad in der Philosophie vorzuweisen. Denn Jean-Paul Sartre führte diesen Begriff in Bezug auf den Existenzialismus ein. Trotz dessen wird die gleichnamige Geschichte keinerlei Parallelen dazu aufweisen, das zunächst vorab.


»Also tust du es ?«, fragte er sie direkt und versuchte seinen Stimmton im Griff zu halten. Eine unaufhaltsame Wut staute sich in seinem Inneren auf, der sich mit seiner unterschwellig, sich nach oben hinaufarbeitenden Panik vermischte und mit ihr Eins wurde. Er wusste nicht, welches Gefühl in ihm dominierte. Die Wut über ihre Worte oder die Angst, dass sie diese wirklich in Tatsachen umwandeln würde. Worauf sollte er sich konzentrieren ? Was sollte er zulassen, damit beide Gefühle nicht gleichermaßen die ultimative Macht über ihn gewannen und ihn erdrückten, ihn zertrampelten ? Auf die Implosion in ihm oder doch den Tränendamm, der kurz vorm Zusammenbruch war und nach außen zu sickern drohte ? Um diesem Chaos ein für alle Mal ein Ende zu setzten, tat er das einzig Richtige, was ihn in seiner verlorenen Dunkelheit etwas Licht und somit Trost, etwas Hoffnung spenden würde. Er blickte in ihre grün aufleuchtenden Augen, die einen faszinierend starken Kontrast zu ihren lang geschwungenen Wimpern darstellten und die stechende Farbe näher in den Fokus rückten. Er hielt sie gefangen. Hielt sie gefangen in seinem Blick, bis er der Ansicht war, dass auch sie sah, was er zu sehen bekommen hatte. Bis sie selbst ein Teil dessen spürte, was er gerade fühlte. Bis sie genauso zerbrach, wie er.

»Ich muss Kian«, flüsterte sie. Der flehentlich weinerliche Ton in ihrer so samtweichen Stimme, ließ seine harten Gesichtszüge dezent erweichen. Er hatte nicht ganz recht behalten bei dem, was er gerade gedacht hatte. Auch sie litt, auch sie spürte den schrecklichen Schmerz in der Brust, das wilde Herzklopfen... Auch sie hatte dieselben klagenden Gedanken wie er. Doch bei ihr hatte die aufkommende Flutwelle bereits die Oberhand gewonnen, denn einzelne Tränen bannten sich einen Weg über ihre makellose Haut. Schnell wischte sie sich diese mit dem Handrücken weg und schnappte hörbar nach Luft, um nicht aufzuschluchzen. Ihre langen feinen Finger, die in den letzten Wochen noch dürrer geworden waren, verfingen sich in ihren nougatbraunen federleichten Haaren, ehe sie ihre glatten Strähnen im Gesicht nach hinten warf. Einen Augenblick lang verharrte sein Blick an ihren Strähnen, ihren Haaren und er fühlte sich an die Tage zurückkatapultiert, wo er sie still in den Armen hielt, anschließend er sein Gesicht in ihre Halsbeuge schmiegte und ihren einzigartigen Duft in sich aufnahm. Wie immer hätte er kurz, nachdem er ihre empfindliche Stelle am Hals geküsst und sie lachend zurückgewichen wäre, sie an ihrem Hinterkopf gepackt und hätte sie wieder an sich gezogen. Dann wäre er ihr wie immer durch die Haare gefahren und hätte sie völlig verzaubert in der Stille betrachtet. Ja, ihre Haare waren einer der unzähligen Attribute, die er so sehr an ihr geliebt hatte. Wie gern würde er in die Tage zurückkehren und erneut ihre Haare durch seine großen Hände hindurch gleiten lassen wollen. Doch auch er wusste, dass es zu spät war. Deutlich zu spät.

Als kurz danach jedoch ihre ausgesprochenen Worte, wie Pfeile auf ihn zugeschossen kamen und letztlich das gewünschte Ziel auch trafen, erst da realisierte er, was sie da überhaupt von sich gegeben hatte. Ein gewaltiger Zorn packte ihn von erneutem und schien ihm jeden Augenblick den Boden unter den Füßen wegzureißen. Er spürte, wie seine Brust sich ruckartig hoch und runter bewegte, wie ihm das Atmen schwer fiel und er die Hände zu großen Fäusten ballte, damit er ja nicht in Versuchung kam einen Gegenstand zu nehmen und es durch die Gegend zu schleudern, nur um sich dann besser zu fühlen. Grob fasste er sich an seinem Hemdkragen und riss mit Gewalt gleichzeitig die obersten Knöpfe auf, ehe er mit einem schnellen Ruck aufstand. Das laute Aufkommen des Stuhles auf den Boden war das Einzige, was diese unerträgliche Stille durchbrach.

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