●Faydee - Can't let go●
Ein lautes Poltern durchbrach die Nacht, wie ein Blitz, der sich seinen Weg durch die absolute Finsternis bannte. Kian war mit ungeschickten Schritten durch die Tür seines Hauses gestolpert und hielt sich im letzten Moment noch mit knapper Not an dem Garderobenständer fest, der unmittelbar vor der Tür aufgestellt war, bevor er das Gleichgewicht zu verlieren drohte. Sein kreidebleiches Gesicht, die geröteten Augen und die im starken Winde verwehrten Haare lagen in alle Richtungen ab. Zusätzlich zitterte er am ganzen Leibe, doch war es sich selbst nicht darüber im Klaren, da ihn in dem Augenblick nur ein Gedanke bändigte: Amira. Er wollte zu seiner Frau.
Nachdem Amira in Tränen aufgelöst und ihr Geheimnis endlich kund gebend, das Büro von Mrs. Gielow verlassen hatte, war Kian ihr nach den ersten verdauenden Sekunden des Schockes hinterhergerannt, um sie abzufangen. Er hatte so viele Fragezeichen, so viele Ausrufezeichen in seinen Kopf herumschwirren, dass er seine Wut, als auch seine Frust nur dann würde dämmen können, wenn er mit Amira gesprochen hatte. Abgesehen davon, machte er sich Sorgen um sie. Die ungestümte Angst überkam ihn, dass Amira sich etwas antun könnte, nachdem sie ihren Schmerz nun freien Lauf gelassen hatte. Immer noch vom brennenden Schmerz in der Brust benebelt, hatte Kian fast die ganze Stadt und selbst ihr eigenes Haus auf den Kopf gestellt, um seine Frau ausfindig zu machen. Denn obwohl ihm erneut immer wieder die Tränen aufkamen, aufgrund seines ungeborenen verstorbenen Kindes, welches Amira ihr verschwiegen hatte und er insgeheim deswegen eigentlich sehr wütend auf sie war, versuchte er immer noch einen klaren Gedanken beizubehalten. Sich von der blanken Wut lenken zu lassen, wäre sein Todesschuss gewesen. Ja, sein eigenes Fleisch und Blut hatte nicht wachsen können, nicht das Licht dieser Welt erblicken können, aber er hatte immer noch Amira und sie zu verlieren, konnte und wollte er nicht einfach so riskieren. Das konnte Kian nicht zulassen.
Erschöpft lehnte sich Kian, diesen Gedanken beiseite schiebend, im nächsten Moment an die geschlossene Haustür an und fuhr sich gestresst durchs Gesicht, ehe er wisperte:
»Bitte sei hier Amira... bitte sei hier.«
Die zuvor fest zusammengedrückten Augen wurden geöffnet und mit einem leitenden Ruck, stützte sich Kian mit einem Bein von der Tür ab und nahm mit einigen Schritten die Wendeltreppe zum Schlafzimmer hoch. Währenddessen schlug Kians Herz rasend vor sich hin, dass er selbst das laute Aufkommen seiner Schuhe auf den Treppen übertönte. Er konnte nicht anders, als zu hoffen, dass sie endlich nach Hause gekommen war.
Vor der offenen Schlafzimmertür endlich angekommen, schnappte Kian keuchend nach Luft und stützte sich mit den Händen an den Knien ab. Als er jedoch das leere Schlafzimmer vor sich erstreckt vorfand, welcher durch den nächtlichen Schatten verdeckt wurde, gewann die Panik schnell die Oberhand über ihn und Tränen kamen ihm erneut hoch. Er verzog Schmerz erfüllt das Gesicht.
Das ordentlich gemachte Bett, die Bettwäsche, die keine einzige Falte zierte, Amiras Frisiertisch auf der ihr wertvoller Schmuck lag, alles lag wie im vorherigen Zustand an diesem morgen vor. Unberührt.
Nichts anderes als Kians leisen Atemzüge umwarben die Umgebung und keine einzige Seele außer seiner war anwesend. Doch nachdem er das Szenario vor ihm ungläubig betrachte, fing auch seine Seele langsam an sich in Luft aufzulösen.
Kian, der nun wieder gerade stand, ließ sich kraftlos gegen den Türrahmen fallen und vergrub seine Fingernägel in das Holz ein, um sich damit den nötigen Halt zu verschaffen. Seine, in nur wenigen Sekunden, hervorgetretenen weißen Fingerknöchel waren ein Indiz für den körperlichen Schmerz, den er im Moment erlitt, doch waren ihm diese mehr als herzlich willkommen, denn dadurch erhoffte er sich, wenigstens seinen seelischen Schmerz für einen kurzen Augenblick überbrücken zu können, was ihm, wie er jedoch schnell bemerkte, nicht wirklich gelang.
DU LIEST GERADE
La mauvaise foi | ✓
Romance»Du siehst es nicht, Kian. Du hast es auch damals nie sehen wollen, wenn eine Scheibe Risse vorwies und sie kurz davor war auseinanderzufallen. Du hast die daraus resultierenden Scherben nie gesehen, die die sich überallhin verstreuten, in kleine St...