☘Chapitre spécial № 2☘

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Do, 17. Oktober 2013

Es war Nachmittag und im Gegensatz zum trübem Wetter in Chicago an den sich Kian Jahre über gewöhnt hatte und der perfekt seine aktuelle Stimmung beschrieb, begrüßte ihn, als er nun aus dem Fenster des Taxis blickte ein glasklarer wunderschöner Himmel und kunterbunte Farben der Häuser stachen in sein Blickfeld. Wie geblendet von der starken Sonne, die schien, lehnte sich Kian in dem Polster zurück und atmete tief aus. Er spürte den Blick des Taxifahrers im Rückspiegel auf sich und er wusste auch, wie unhöflich er sich benahm, indem er ihn ignorierte. Denn die Menschen aus seiner Heimat waren sehr gesprächige und offenherzig, aber dafür hatte Kian gerade keinen nötigen Nerv aufzubringen. Demzufolge also war es während der Fahrt zu keinem weiteren Austausch mehr gekommen, als dass er das Taxi am Flughafen zu sich gewunken, der Taxifahrer die Koffer nach hinten verstaut hatte, anschließend Kian ihm die Adresse zu seinem Zielort gegeben hatte. Ab diesem Augenblick hatte er das Gespräch eingestellt und hatte nur nach draußen gestarrt an den Ort, wo seine Wurzeln herkamen und wo er sich immer wohlgefühlt hatte.

Die Hauptstadt genauer in Augenschein nehmend, war Kian recht schnell zur Einsicht gekommen, dass sich nichts wirklich an Lissabon verändert hatte. Alles war gleich. Anstatt dass sich bei dieser Erkenntnis hingegen ein befriedigendes, fast schon erleichterndes Gefühl in ihm breit macte, spürte er stattdessen, wie ihm Unbehaglicher zumute wurde und wie die strenge Falte auf seiner Stirn sich tiefer legte. Denn obwohl sich seine geliebte Heimat seit seinem letzten Besuch vor vier Jahren kaum verändert hatte, erreichte ihn das vertraute Gefühl nicht mehr. Es traf ihn nicht mitten ins Herz.

Die bunten Häuser, die lebensfrohen Farben, die überfüllten Straßen... Das Stimmengewirr überall gepaart mit der guten Laune, die das hinreißende Wetter mit sich brachte, befriedigten ihn nicht. Ein kalter Schauder lief Kian über den Rücken. Seine Gesichtszüge, die müde und ausgelaugt wirkten fielen noch weiter. Warum fand er diese kunterbunte Welt, die ihm zu Füßen lag, plötzlich so abstoßend ?

Kian hatte es versucht. Er hatte sich nach der Trennung komplett in seine Arbeit gestürzt, hatte ununterbrochen gearbeitet, um seine Gefühle zu verdrängen und um nicht durchzudrehen, aber er war zu keinem sinnvollen Ergebnis gekommen. Maya hatte wie immer zu  ihm gestanden, obwohl sie die Art und Weise wie er seine Probleme zu umgehen versuchte nicht wirklich gut fand, hatte auch sie sich Mühe gegeben ihrem Partner beizustehen. Letzten Ende war dies aber kläglich gescheitert, als Kian einige Wochen später die absolut Kontrolle über sich verlor und das Kartenhaus durch einen festen Schlag zum Einstürzen brachte. Maya, die die Sorge regelrecht erdrückte, hatte daraufhin noch radikaler darauf bestanden, dass Kian den Chef aufsuchen und sich den langen Urlaub nehmen sollte, den dieser ihm kurz nach der Scheidung bereits angeboten, Kian ihn aber strikt abgelehnt hatte.

Nachdem aber auch er das Maß seines Kontrollverlustes und die fatalen Auswirkungen ausmachen konnte, die seine Umgebung wie ein Tsunami in Beschlag nahm, hatte er aufgegeben sich selbst im Weg zu stehen und hatte kurzerhand eingewilligt wegzureisen. Etwas Abstand von seinem eigentlichen Umkreis, der immer Erinnerungen in ihm hervorrief in der sie eine enorme Rolle spielte, würde ihm vielleicht guttun. Die innere Stimme von ihm, dass dies nicht möglich war, dass er nicht vergessen, dass er keine Ruhe finden würde, schenkte er zum ersten Mal keinerlei Beachtung, denn er war es leid. Sehr leid.

Kian konnte es sich selbst nicht erklären, aber insbesondere in dieser Verlorenheit spürte er den heftigen Drang in sich aufkommen seinen Wurzeln näher denn je zu sein. Eine Reise zu seinen Eltern schied für ihn bereits von Anfang an aus, aber Lissabon, die Cottage seines vor Jahren verstorbenen Opas ... da konnte er sich von der Außenwelt abkapseln und vielleicht aber nur vielleicht wieder zu sich selbst finden. Indem er seinen Anfang, der in dieser Cottage begonnen hatte mit seinem persönlichen schmerzhaften Ende konfrontierte.

La mauvaise foi | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt