●Kida - Ski ide●
31. August 2009:
{8 Jahren zuvor}Das kleine Café, welches in einst der vielen versteckten Gassen von London verborgen lag, war Amira am liebsten. Sie liebte diesen Ort, die aromatischen Gerüche, die einzelnen Satzfetzen, die sie von den friedlich harmonischen Unterhaltungen der Gäste hier und da mitbekam und am meisten liebte sie die Ruhe, die dieser Ort ausstrahlte. Das Studium raubte ihr seit längerem einfach nur noch den letzten Nerv und obwohl sie das, was sie tat, mehr als alles andere auf dieser Welt liebte und für ein Stipendium bis in die Morgengrauen sehr hart für gearbeitet hatte, konnte sie nicht drum rum, als sich manchmal zu wünschen Block und Stift zur Seite zu legen, um sich dann einfach ins Land der Träume fallen lassen zu können. Sobald diese Gedanken aber ein ganz schlimmes Ausmaß annahmen, rief sie sich tadelnd in Erinnerung, dass sie diese Chance für ein besseres Leben ausnutzen musste. Für sich, für ihre Familie, für eine bessere Zukunft.
Sie seufzte, als sie auf ihr Block hinunterblickte und ihren Entwurf kritisch unter die Lupe nahm. Heute war einer ihrer unkreativen Tage, so schien es ihr und vorsichtig zog sie dabei mit ihrem spitzen Bleistift die Feinheiten nach, die der ganzen Zeichnung die Extranote verpassen sollten. Amira hasste es unpräzise zu sein, ganz gleich in welcher Hinsicht auch immer. Als Einzelkind in einer mittelmässigen Arbeiterfamilie aufgewachsen, hatte sie schon von klein auf immer darauf Acht gegeben bei all dem was sie tat, diszipliniert und mit voller Energie an die Sache ran zu gehen. Halbe Tätigkeiten gab es bei ihr, Amira Jaramago, nicht. Sie zog es entweder ganz durch oder gar nicht, doch sowas wie ein Zwischending existierte in ihrem Wortschatz nicht. Selbst früher in der Grundschule hatten die Kinder sie dafür ausgelacht, dass sie von vornherein wusste, was sie später machen wollte und was sie tun musste, um ihre Träume zu verwirklichen. Während die anderen Nachbarskinder draußen in ihren Vorgärten Seilchen sprangen, verkroch sich Amira in ihr Zimmer und verschlang ein Buch nach dem anderen. Wissensbegierig, traf dabei den Nagel auf den Kopf, wenn man sie mit einem Adjektiv beschreiben müsste, aber dennoch ließ sie, trotz anderer Meinungen und trotz dessen, dass einige sie nicht verstanden hatten, sich von nichts beirren. Denn letztendlich hatte sie doch noch Menschen gefunden, die sie so hinnahmen, wie sie war und darüber war Amira mehr als glücklich.
Während Amira konzentriert mit der kleinen Falte auf ihrer Stirn die wenigen Striche in ihrer Zeichnung nachzog, fielen ihr ihre nougatbraunen Haare leicht ins Gesicht. Geschickt und mit einer recht eleganten Haltung warf sie sie nach hinten. Das heimliche Einschleichen in die Ballettschule von Madame Fleure damals mit ihrer besten Freundin Tia hatten ihrer Beweglichkeit und ihrer sinnlichen Haltung eine zusätzliche Grazie verliehen. Denn ganz gleich was sie auch machte, alles wirkte so kunstvoll, so anzüglich, sodass man befürchtete sie würde jeden Moment wie eine Porzellanpuppe auseinanderfallen.
Sie blickte an sich herab, zog ihren Rock etwas weiter runter und konnte sich beim Anblick ihrer weiblichen Kurven ein dümmliches Grinsen nicht verkneifen. Sie hatte recht schöne Kurven bekommen, als es mit der Pubertät begonnen hatte und die anfänglichen Sorgen ihrer Mutter, sie würde noch an Magersucht leiden, hatten sich somit in Luft aufgelöst.
Sie schüttelte leicht den Kopf und griff nach der Tasse neben ihr. Wo waren ihre Gedanken denn schon wieder hingeschwiffen, dachte sie sich und schlürfte dann an ihrem Kaffee. Schwarzer Kaffee mit zwei Stückchen Zucker und etwas Milch, dies war die Kreation à la Amira, welche sie Tag täglich auf den Beinen hielt, wenn sie kurz davor war todmüde umzufallen.
In dem Moment, als sie die Tasse wieder auf die Theke, in der Nähe der Bar, zurückstellte, hörte sie plötzlich lautes Gelächter aus einer winzigen Ecke zu ihrer Linken und bevor sie sich davon abhalten konnte, huschte ihr Blick unbemerkt in diese Richtung.
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La mauvaise foi | ✓
Romance»Du siehst es nicht, Kian. Du hast es auch damals nie sehen wollen, wenn eine Scheibe Risse vorwies und sie kurz davor war auseinanderzufallen. Du hast die daraus resultierenden Scherben nie gesehen, die die sich überallhin verstreuten, in kleine St...