Twenty

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Wir hatten danach nicht mehr gesprochen, weshalb ich nun so schlau wie am Anfang war.
Ethan hatte sich ins Bett gelegt und geschlafen, während ich auf der Bettkante saß und ihm zu gesehen hatte.
Noch nie hatte mich das Schicksal einer anderen Person so sehr mitgenommen, wie das von Ethan.

Als von unten Geräusche erklangen, schloss ich schnell seine Zimmertür und tapste leise die Treppe hinunter.
„Jones wird noch sein blaues Wunder erleben, sollte er sich nicht bald aus unserem Gebiet zurück ziehen!"
Das war definitiv Dash, also waren sicherlich alle hier.
Ich überlegte mir Devil zu schnappen und eine Runde zu drehen, doch da kam mir wieder Ethan in den Sinn und ich beschloss ein Wörtchen mit Cole zu sprechen.
Als ich das Wohnzimmer betrat war es jedoch nicht Cole der meinen Blick auffing, sondern Dash.
Sofort zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen und ich senkte den Blick.
Die Wochen in denen ich ihn immer nur mal flüchtig sah waren der reinste Horror und auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, verstärkten sich meine Gefühle für ihn nur.
Ich verstand es nicht, denn wir hatten bis auf dieser einen Nacht kaum etwas mit einander zu tun gehabt. Ich fand ihn eigentlich immer nervig, vor allem nachdem er mich so im Stich gelassen hatte, wollte ich ihn nicht mehr sehen.
Mein beknacktes Herz jedoch wollte ihn umarmen und endlich wissen, ob seine Lippen noch immer so gut schmeckten.
Leicht schüttelte ich den Kopf, um die Gedanken los zu werden und ging zu Cole in die Küche.
Zwar waren alle hier, doch ich sprach ihn direkt an, da ich mich einfach nicht zurückhalten konnte.
„Was hast du getan?!", fragte ich und spürte wie die Wut langsam wieder in mir aufkochte.
Er schnaubte nur und sah mich ebenfalls wütend an. „Hat er es die erzählt?"
„Ähm, also nicht direkt, nur dass du-"
„Wenn du nicht weißt um was es geht, dann sei einfach leise! Er soll erst mal wieder normal werden, bevor er sich in meine Nähe wagt!"
Fassungslos folgte ich ihm ins Wohnzimmer wo uns alle aus großen Augen ansahen.
„Wo ist er überhaupt?", fragte der schwarzhaarige Zwilling, als er sich auf die Couch setzte.
„Oben. Du hast ihn scheinbar sehr verletzt. Weißt du überhaupt wie sich das anfühlt, wenn eine Person, die du dein ganzes Leben lang schon kennst dich wegstößt und verachtet, wegen was auch immer?!", schrie ich und zitterte vor Wut.
Mit verzerrten Gesicht sprang er auf und baute sich angespannt vor mir auf.
„Ja, weiß ich. Denn du hast das mit uns gemacht!" Erschrocken trat ich einen Schritt zurück und ließ die vor Wut geballten Fäuste sinken.
„Fang jetzt nicht damit an, wir haben darüber geredet und alles hat sich gelegt. Aber Ethan ist dein Bruder, verdammt!"
Im Augenwinkel sah ich wie die anderen Jungs aufstanden und gingen, nur einer blieb.

Dash Maunier P.o.v

Langsam stand ich auf und legte meine Hände auf ihre Oberarme.
Sie zuckte kurz, ignorierte mich danach jedoch und lieferte sich weiter ein Blickduell mit Cole.
Ich musste mich zusammenreißen sie nicht fest an mich zu pressen und zu küssen.
Das Kribbeln unter meinen Händen, als ich ihre Haut berührte, brachte mich schon genug durcheinander.
Ich wollte sie, doch ich fürchtete mich vor ihrer Reaktion, wenn ich sie darauf ansprechen würde. Etwas verband uns und in diesem Jahr hatte ich Qualen durchlebt, weil sie nicht neben mir im Bett lag, wenn ich einschlief.
Ich hatte sie schon einmal verloren, an diesen Bastard Tristan.
Noch einmal sollte dies nicht passieren.
Dafür musste ich sie jedoch erst mal gewinnen und verstehen was in ihr vorging.
Was ihr geschehen war und was davon noch eine Rolle in ihrem Leben spielte.
Denn sie so verletzlich zu sehen, wie vor einigen Monaten, würde ich nicht wieder verkraften.
Ihre gebrochene Stimme hing mir noch immer wie ein Echo im Ohr und ich könnte mich jedesmal schlagen, wenn ich daran dachte wie ich sie allein gelassen hatte.

Ich hörte nicht was die beiden sich weiter an den Kopf warfen, alles was ich spürte war ihre weiche Haut unter meinen Fingern.
Unbewusst zog ich sie näher zu mir, umarmte sie von hinten und vergrub meinen Kopf in ihrer Halsbeuge.
Sie roch so gut.
Noch dazu war sie das schönste Mädchen was ich je gesehen hatte, ich brauchte sie einfach.
Wie ein Verdurstender zog ich alles von ihr in mich auf und spürte wie sie sich beruhigte.
Mit meinen Händen streichelte ich ihre Arme auf und ab, erzeugte eine Gänsehaut bei ihr und versuchte diesen Moment einzufangen.
„Dash", flüsterte sie und drehte sich in meinen Armen um.
„Nicht, bitte..."
Cole war in die Küche gegangen um sich zu beruhigen und ließ uns beide somit allein.
„Freya, es tut mir alles so leid. Ich wollte dir nie weh tun. Gib mir eine Chance", flehte ich und legte meine Hände um ihr schönes Gesicht.
Tränen traten in ihre Augen und mein Herz zog sich zusammen.
„Ich muss jetzt erst mal für meinen Bruder da sein. Dash ich..."
Sie brach ab und atmete tief durch.
Sanft legten sich ihre Hände über meine und nahmen sie von ihren geröteten Wangen.
Sie klammerte sich an meinen Händen fest und schien mit sich selbst zu ringen.
„Es ist viel passiert, doch ich hatte genug Zeit um es zu verarbeiten und mir ist klar geworden, dass ich das was kommen wird nicht alleine schaffen kann. Doch du musst mir noch ein wenig mehr Zeit geben. Ich kann mich nicht von jetzt auf gleich auf dich einstellen."
Ihre Wort gaben mir Hoffnung, weshalb ich nickte und sie in eine Umarmung zog.
Ich würde alles tun, um sie glücklich zu machen, denn niemals wieder wollte ich der Grund für ihre Tränen sein.
„Ich werde immer auf dich warten und immer für dich da sein. Vergib mir bitte meine Fehler", bat ich sie und lächelte schwach.
Sie erwiderte es zum Glück und sah dann hinter mich.
„Ich werde jetzt nochmal zu Ethan gehen. Und du solltest dich in nächster Zeit nicht hier blicken lassen!"
Ihre Stimme war eisig und ihr Blick tödlich.
„Um was geht es eigentlich?", fragte nun ich und erregte die Aufmerksamkeit von beiden.
„Darum, dass Cole ein Arschloch ist!", fauchte Freya und ich musste mir ein Grinsen unterdrücken, da sie einfach zu niedlich aussah.
„Du verstehst das nicht! Wie würdest du reagieren wenn das dein eigener Bruder zu dir sagen würde!"
„Was denn?!", schrie sie frustriert und sah ihn verzweifelt an.
„Das ich schwul bin."
Unsere Köpfe schossen zu der Person auf der Treppe, die wie ein Häufchen Elend aussah.
Ohne etwas zu sagen drehte Freya sich wieder um und knallte Cole eine.
Das Klatschen war laut, sehr laut und seine Haut begann sofort sich zu verfärben.
„Hau ab", sagte sie beunruhigend ruhig und deutete auf die Haustür.
Er wollte etwas sagen, doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen.
„Hau gefälligst ab, ich kann dein Gesicht nicht ertragen!"
Ihre Lautstärke war gestiegen und sie zitterte vor Wut.
Cole schüttelte nur den Kopf und ging tatsächlich.
„Ethan", hörte ich ihre engelsgleiche Stimme kurz darauf und sah wie sie ihn in die Arme schloss. Während sie auf ihn einredete und versuchte seine Tränen zu stoppen, begann ich die Situation nach und nach zu begreifen.
Mir war natürlich in den letzten Wochen aufgefallen, dass Ethan andere Interessen hatte, doch nie hatte ich ihn darauf angesprochen.
Für mich war das okay und fertig.
Dass sein Zwillingsbruder so darauf reagierte hätte ich nicht erwartet und ließ auch mich wütend werden.
Ein Cousin von mir war ebenfalls schwul und ich konnte mich noch daran erinnern als er sich geoutet hatte.
Natürlich gab es Anfangs Stress, meine Tante hatte sich Enkelkinder gewünscht und mein Onkel sich geschämt.
Doch er stand zu dem was er war, weshalb ich großen Respekt vor ihm hatte.
Ich hasste Leute die reagierten wie Cole, wobei ich es bei ihm eher auf den Schock schob.
Damals war ich auch überrascht.
Fühlte mich unwohl bei ihm in der Nähe, obwohl er mein Cousin war.
Doch ich lernte damit umzugehen und er war ja kein anderer Mensch, nur weil er schwul war.
Die Szene wie er vor meinem Onkel stand würde ich nie vergessen.
Wie kannst du mir ins Gesicht sehen und sagen ich wäre anders?"
Diese Frage machte meinen Onkel sprachlos und seit dem hatte er nie wieder etwas gesagt.

Ethan musste jetzt stark sein und ich würde ihm helfen, wobei er den eigentlichen Kampf mit seinem Gewissen alleine schaffen musste.
Ich trat auf die beiden zu, die sich aus der Umarmung gelöst hatten und legte meine Hand auf seine Schulter.
„Schäm dich niemals, Bro. Und das mit Cole wird schon wieder, er weiß nur nicht mit der Situation umzugehen", meinte ich und sah ihn ernst an. „Versprich mir dich nicht runter machen zu lassen!" Er wischte sich die Tränen weg, straffte die Schultern und nickte.

Badboy's girlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt