10. Traditionen muss man pflegen

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Es würde wohl ein sehr ruhiger Abend im Mirabelle werden. Was Monique nur Recht sein konnte, sie schaffte es ja nicht mal die richtige Konzentration bei ihrer eigentliche Arbeit aufzubringen, wie sollte sie es da im Mirabelle schaffen. Monique musste jetzt damit klar kommen, dass die Geschichte mit Hallamm keine wirkliche Zukunft hatte. Aber das war leichter gesagt, als getan, wie sie im nachinein feststellen musste.

Sie zündete sich erst einmal eine Zigarette an. Die Gäste waren soweit alle versorgt und mit sich selbst, dem Essen und dem Trinken beschäftigt.

„Was ist los mit dir? Ich sehe doch, dass es dir nicht gut geht." Monique wusste gar nicht, dass sie ein so offenes Buch war. Aber Bobby merkte ohnehin immer alles. Er hatte für so was ein Gespür.

„Ach Bobby, Männer. Man kann nicht mit ihnen, aber auch nicht ohne sie. Ich muss erst mal so'ne ganz verfahrene Geschichte verarbeiten. Aber das wird schon wieder, mach dir mal keine Sorgen."

Bobby nickte ihr aufmunternd zu, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und ließ sie lieber alleine. Weitere Fragen zu stellen half Monique auch nicht weiter, dass wusste er aus eigener Erfahrung. Schließlich hatte er schon ein paar Jährchen auf dem Buckel und das Leben verlief nun mal nicht immer Positiv. Beim einen mehr, beim anderen weniger. Da Monique aber wie seine Tochter war, die er nie hatte, tat es ihm schon weh, sie so leiden zu sehen.

„Na meine Süße, nix los hier?" Denise hatte mal wieder Langeweile. Sie gab Monique einen Begrüßungskuss auf die Wange und bestellte sich direkt was zu Trinken, „Machst du mir bitte ein schönes kühles Bier fertig, damit du das Arbeiten hier nicht verlernst."

„Ich danke dir für deine Unterstützung! Wenn du nicht gekommen wärst, wäre ich vor Langeweile gestorben heute Abend."

„Das dachte ich mir, deswegen bin ich ja auch hier.", antwortete Denise frech.

„Gar nicht mit Simon verabredet?", obwohl Monique zugeben musste, dass sie froh war, dass Denise kam.

„Leider nicht. Er ist auf so'ner komischen Ärztetagung. Ich weiß nicht mehr genau was es war, aber Simon sitzt im Vorstand bei irgendeinem Pharmaunternehmen.", Denise versuchte sich krampfhaft bei einem Schluck Bier daran zu erinnern, „Ich komm nicht drauf. Simon hat es mal beiläufig erzählt, aber ich muss in dem Moment wohl mit was anderem beschäftigt gewesen sein."

„Ach ja? Welches seiner Körperteile hatte Dich abgelenkt?", Monique war schon klar, was Denise damit meinte. Aber sie hatte ja Recht, was interessierte sie schon irgendein Pharmaunternehmen, wenn sie gerade mit Simon kuscheln konnte.

Denise schupste Monique leicht wegen ihrer Antwort an, musste aber lachen, weil Monique natürlich goldrichtig lag.

„Ist es für dich eigentlich nur eine nette Abwechslung oder hast du vor mehr daraus zu machen?", Monique gleich wieder mit ihrer Beziehungskiste.

„Um Himmels Willen, Süße. Ich hab Ihn doch eigentlich gerade erst kennen gelernt. Ganz langsam mit den jungen Pferden."

„Du meinst, du hast Ihn gerade erst kennen gelernt, wenn man die Jahre, die du vorher schon in Behandlung bei Ihm warst, einfach weglässt?", Monique schien ja richtig gut drauf zu sein.

„Na wir sind heute aber gut gelaunt! Ich wusste doch da privat noch gar nicht's von Ihm."

Monique nahm ihre Freundin in den Arm und tröstet sie, „War doch nur ein Scherz!"

Da Denise auch schon anfing zu grinsen, war dieser auch direkt vergessen.

Monique ließ sie für einen Augenblick alleine. Ab und zu musste sie ja wenigstens so tun, als würde sie hier arbeiten und ein paar Gäste wollten jetzt gerne ihr Geld loswerden.

Bobby leistete derweilen Denise ein wenig Gesellschaft.

Als Monique fertig abkassiert hatte, guckte Bobby sie beide an und hatte eine grandiose Idee, „Was haltet Ihr zwei davon, wenn ich euch noch was zu trinken ausgeben und ihr dann den Rest des Abend zum quatschen nutzt?"

Denise und Monique schauten sich verdutzt an, sie verstanden kein Wort.

„Ich will damit sagen, dass du für heute genug gearbeitet hast!", Bobby schaute Monique an, die hellauf begeistert war. Sie umarmte Bobby dankbar.

„Dann gibt mir mal die Karte. Ich möchte mir meinen Drink aussuchen!" schrie Denise lachend dazwischen. Typisch, kaum kriegte sie was umsonst zu trinken bei Bobby, schöpfte sie auch gleich aus den Vollen. Aber eigentlich konnte Sie sich nicht beklagen, sie zahlte sowieso nie, wenn sie im Mirabelle war. Das war ein nettes Privileg, wenn man die beste Freundin einer seiner Mitarbeiterinnen war und außerdem die zweite Ziehtochter.

Bobby nahm die beiden in seine Arme. Er war wirklich sehr dankbar, dass sie in sein Leben getreten waren. Nach dem Tod seiner Frau, hatte er außer dem Mirabelle nicht's mehr was ihm sonst noch Freude am Leben gab.

„Dafür trinkt ihr jetzt aber auf mich.", das ließ Bobby sich nicht nehmen, „Ich bin ein dummer Chef. Da gebe ich meiner besten Kraft einfach so frei und muss jetzt selbst ackern."

Monique und Denise wussten, dass das nur ein Scherz von ihm war. Er hatte es gern getan, dass war ihnen klar.

Denise kam auch direkt auf die nächste tolle Idee.

„Hast du Lust mit zu mir zu kommen? Dann können wir mal wieder so richtig bis morgens durchquatschen."

„Und morgen früh zu spät zur Arbeit kommen!", führte Monique ihren Satz zu Ende, „Aber ich find die Idee trotzdem gut. Lass uns abhauen."

Sie verabschieden sich von Bobby, der spaßeshalber mal so tat, als würde er umkommen, wenn sie jetzt gingen. Aber zwecks Unterhaltungsrausch mussten Denise und Monique jetzt dringend los.

Unterwegs besorgten sie sich noch ein wenig Knabberzeug und was richtig kalorienreiches zu Trinken. Cola, was sonst!

Sie machten es sich in Schlafsachen und Kuscheldecken so richtig in Denise Wohnzimmer gemütlich und quatschten bis in den frühen Morgen rein. Diese Tradition wurde zu Berufschulzeiten sehr häufig gepflegt. Aber da war das Leben noch einfacher, der Stress war sowohl im beruflichen und privaten Bereich noch nicht so riesig.

Aber auch das gehörte nun mal zum Leben dazu.

Der Wahnsinn trägt einen weißen KittelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt