6. Single oder nicht, das ist hier die Frage

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Auf dem Weg zur Praxis musste Denise ständig an gestern Abend denken.

Sie hätte nicht gedacht, dass Jochen die Trennung so mitnehmen würde. Es interessierte ihn noch nicht einmal, dass seine Kumpels fragten wo er blieb, weil sie doch alle verabredet waren.

Doch Denise war das egal gewesen, sie wollte die Sache endlich beenden, sonst wäre es nie was geworden und eine gemeinsame Zukunft hätte es sowieso nicht mehr zwischen ihnen gegeben.

Die Aussicht, irgendwann von der Arbeit nach Hause zu kommen und einen bierbäuchigen, vielfräßigen Ehemann begrüßen zu müssen, der auch noch Jochen hieß, war beim besten Willen keine appetitliche Vorstellung.

Ein unangenehmes Kapitel in ihrem Leben war nun endlich beendet.

Abwarten Welches nun begann!

Vertieft in ihren Gedanken, klingelte sie bei Dr. Schwindelmann, der ihr die Tür persönlich öffnete, „Guten Morgen Denise. Ich hoffe du hast gut geschlafen?"

Wenn Denise genau über diese Frage nachdachte, musste Sie zugeben, dass sie sogar hervorragend geschlafen hatte. Die Trennung von Jochen tat ihrem Gemüt unglaublich gut. Schuldgefühle? Nicht im geringsten, Jochen war schließlich wesentlich daran beteiligt, dass ihre Beziehung zum Scheitern verurteilt war.

„Guten Morgen.", antwortete sie nur. Als ob es ihn was anging wie sie geschlafen hatte. Wahrscheinlich wäre es ihm lieber gewesen, er hätte das selbst beurteilen können. Er hatte sie doch nicht etwa deswegen zu Hause angerufen?

Denise war eine sehr moderne Frau, aber wo waren die Manieren von früher hin?

Die Männer heutzutage hatten wohl keine Zeit mehr, um einer Frau - auf gut deutsch - den Hof zu machen: Blumen, Pralinen, Essenseinladungen, kennen lernen. Und dann, am zweiten Tag, da konnte man mit Sex kommen. Aber sofort war schon ziemlich zügig!

Während sie sich in der Praxis umschaute, musste sie feststellen, dass niemand da war.

Das hatte der liebe Doktor ja gut hinbekommen. Ganz alleine mit ihr in der Praxis.

„Ich bin wohl die erste Patientin? Und deine Sprechstundenhilfe kommt wohl auch ein wenig später heute?", vorsichtshalber nachfragen konnte ja nicht schaden, dachte Denise sich.

„Wie kommst du darauf? Über meine Sprechstundenhilfe kann ich nicht klagen, sie ist sehr zuverlässig. Außerdem mache ich meine Praxis doch erst um halb zehn auf, kann also außer uns noch niemand hier sein. Folgst du mir bitte in mein Zimmer!"

So wie er diese Aufforderung betonte, dachte Denise, könnte er auch direkt zu ihr sagen, mach's die schon mal gemütlich in meinem Bett, ich komme gleich.

Was blieb ihr anderes übrig. Gut, sie konnte aus der Praxis stürmen und nie wieder hierher kommen. Aber wollte Sie das überhaupt?

Also saß sie Schwindelmann in seiner Praxis mal wieder gegenüber und beobachtete wie er ihre Akte kurz studierte.

Was völlig idiotisch war, „Kennen Sie meine Krankenakte nicht langsam auswendig?", Gott, was war denn in sie gefahren, wer auch immer aus ihrem Mund gesprochen hatte, das war nicht sie selbst!

„Oh bitte, nicht Sie.", sagte er völlig überzogen, „Ich dachte, dass mit dem Du wäre geklärt und klar kenne ich deine Akte. Es sieht nur wesentlich professioneller aus, wenn ich vorher noch mal kurz reinschaue. Findest du nicht?"

Was war das denn für eine blöde Anmache, als ob Denise der professionelle Blick in die Akte interessieren würde, bekam doch sowieso niemand mit. Sie waren ja schließlich alleine!

Der Wahnsinn trägt einen weißen KittelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt