2. Ein Arzt reicht nicht

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Denise war nicht gerade beigeistert wieder in dieser Praxis zu stehen. Sie hatte überhaupt keine Zeit für solche Kleinigkeiten, aber da ihr Arzt ihr dringend geraten hatte, den Kiefer mal wieder gründlich untersuchen zu lassen, musste sie sich wohl fügen. Aber besser sie erledigte diese unangenehme Angelegenheit sofort, dann hatte sie danach wieder für eine ganze Weile ihre Ruhe.

„Guten Tag. Klein, ich habe einen Termin bei Dr. Schwindelmann."

„Guten Tag Frau Klein. Ist in Ordnung, nehmen Sie noch einen Augenblick im Wartezimmer platz. Er ist gerade noch mit einer Patientin beschäftigt."

Eine Patientin, schwirrte es Denise durch den Kopf. Mit was er die wohl beschäftigte?

Denise fing leicht an zu schmunzeln, sie musste an das Gespräch mit Monique denken vor ein paar Tagen. Diese Chirurgen! Zwei drittel der Patienten waren mit Sicherheit Frauen.

Sie schaute sich im Warteraum um. Warum fiel ihr das jetzt erst auf! Drei weitere Patienten saßen hier und kein einziges männliches Wesen war dabei.

100 %! Wahnsinns Quote!

Wenn sie dabei jetzt an Moniques Geschichte dachte, war es etwas beängstigend.

Sie überlegte angestrengt, ob sie nicht doch irgendeinen wichtigen Termin verpassen würde, wenn sie hier noch länger rumsaß und darauf wartete das nächste Arzt-Opfer zu werden. Aber ihr fiel leider nicht's Passendes ein. Zu Schade. Also versuchte sie sich so gut es ging zu beruhigen. Gott, sie kannte ihren Arzt doch schon länger. Und? War sie schon in seine himmlischen rosa Wolken, die Andere Bett nannten, gefallen? Nein, also gab es auch keinen Grund sich total kindisch und naiv-zwölfjährig zu benehmen. Was Monique passiert war, musste ja noch lange nicht auf sie zutreffen.

Was in Anbetracht der Tatsache, dass beiden vieles gemeinsam widerfuhr, natürlich absoluter Blödsinn war!

Jemand tippte ihr auf die Schulter.

Denise schaute erschrocken hoch. Die Sprechstundenhilfe.

Denise fühlte sich, als hätte sie sie bei etwas Verbotenem erwischt. War nur zu hoffen, dass die keine Gedanken lesen konnte.

„Ich habe Sie schon zweimal aufgerufen! Sie sollen endlich zu Dr. Schwindelmann reinkommen!"

Denise schaute sie ungläubig an. Meine Güte, eine leichte Gereiztheit gegenüber den weiblichen Patienten war aber schon vorhanden. Wahrscheinlich musste man sich in dieser Praxis unentwegt Konkurrentinnen stellen, was für das Arbeitsklima sicherlich nicht förderlich war. Aber auch das konnte Denise relativ egal sein, für die hoffentlich kurze Zeit, die sie hier war.

Sie ging also ganz cool, und innerlich keineswegs beruhigt, ins Sprechzimmer.

„Denise! Wie geht es dir? Deiner Akte entnehme ich, dass schon vor einer Ewigkeit ein Termin fällig gewesen wäre.", begrüßte sie Dr. Schwindelmann.

„T'schuldigung, aber zu wenig Zeit und zu viel Arbeit. Sie wissen ja wie das ist. Man hat nie Zeit für sich selbst!", na herzlichen Glückwunsch Frau Klein. Jetzt fing sie auch noch an sich vor ihm zu rechtfertigen, wie dämlich war das denn.

Stopp! Wie hatte er sie eben angesprochen? Mit Du?

Jetzt raste der Zeiger des Stimmungsbarometers eindeutig auf die Gefahrenzone zu.

Denise durchwühlte ihr Gedächtnis, aber da ließ sich verdammt noch mal nicht's finden, das darauf hindeutete, dass sie jemals Blutsbrüderschaft mit ihm getrunken hatte.

Vielleicht als sie damals in Vollnarkose lag? Um Gottes Willen, dabei ist man den Ärzten völlig ausgeliefert, wer weiß was noch alles abgelaufen war.

Der Wahnsinn trägt einen weißen KittelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt