Kapitel 3

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«Ach komm schon du lügst», beschuldigt Oli mich. Ich schüttle meinen Kopf und schaufle mir einen weiteren Löffel Müsli in den Mund. Es ist der Morgen nach meiner Nachhilfestunde und ich sitze mit Oliver bei mir Zuhause. Eigentlich ist es noch viel zu früh, um Frühstück zu essen, doch das interessiert uns beide sonderlich wenig. Oliver blickt zufrieden auf die Lasagne vor ihm, dann meint er: «Du willst mir also sagen, das Michael Hofmann, aka zu cool für alle, mit dir rumgemacht hat?»

«Genau», antworte ich mit einem Grinsen. Ungläubig schüttelt Oli seinen Kopf. «Beweise es, sonst ist es niemals geschehen», fordert er mich auf, ehe er einen Bissen seiner Lasagne zu sich nimmt. Was für Beweise? Ich bezweifle mal, dass Michael für ein Foto hingehalten hätte. Vor allem, wie hätte ich ihn fragen sollen?

Ach Michael, Oliver will unbedingt einen Beweis haben, dass das gestern wirklich passiert ist.

Ich kann mir genau vorstellen, wie ich das zu Michael sage. Nicht...

«Ich habe keine...», fange ich an, doch werde von meinem vibrierenden Smartphone unterbrochen. Verwirrt greife ich nach ihm. Zwölf Nachrichten aus einem Chat zeigt mir Whatsapp an.

Verwundert sehe ich zu Oli hinüber, der gerade damit beschäftigt ist, sich seinen Mund zu verbrennen. Ausser Oli schreibe ich mit niemandem per Whatsapp...

Ich entsperre mein Handy und öffne die App.

Als ich erkenne von wem die Nachrichten sind, erstarre ich. «Oliver...», beginne ich drohend.

Der Angesprochene verschluckt sich erstmal an seinem Essen. «Was?», bringt er schliesslich heraus und blickt überall hin nur nicht zu mir. «Hast du Cassandra meine Nummer gegeben?!», meine Stimme klingt dabei gefährlich ruhig.

Oliver rückt mit dem Stuhl ein Stück von mir weg. «Vielleicht...», gibt er dann zu.

«Ich habe dir doch gesagt, dass ich ihrem blöden Orden nicht beitreten will! Da kann ich noch so unhetero sein», schimpfe ich los. Ich streiche mir eine Haarsträhne hinters Ohr. «Genau genommen gibt es das Wort unhetero nicht», klärt mich mein bester Freund auf.

Doch das ist mir im Moment herzlich egal. «Das ist nicht der Punkt», brause ich, «nur, weil du dir denkst, dass es eine gute Sache ist, musst du mich nicht noch mit reinziehen.»

«Denk mal realistisch Frankie, du bist Pansexuell und ich bin Asexuell. Wäre es nicht gut, wenn wir uns mit ein paar Gleichgesinnten anfreunden?», argumentiert Oliver, während er aufsteht. Er platziert seinen Teller in der Spüle und setzt sich dann wieder neben mich. «Nicht wenn Cassandra dabei ist», murre ich.

«Ach komm schon Frankie, dass wird bestimmt lustig. Vielleicht macht Michael ja auch mit», versucht mich der Andere zu ködern. Dafür erntet er von mir einen Klaps auf den Hinterkopf.

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Ich quetsche meine Inline Skates zwischen die Schulbücher in meinen Spind. Dann streiche ich mir die Haare zurück. Früher oder später schneide ich mir eine Kurzhaarfrisur.

Ich nehme meine Französischbücher aus dem Spind und drehe mich dann um. Sofort schreie ich auf. Nicht weil ich etwas Grusliges gesehen habe, oder ich mich in irgendeiner Weise erschreckt habe. Nein, ich schreie, weil Cassandra vor mir steht.

Eine sehr verständliche Reaktion.

Die Siebzehnjährige schaut mich unschuldig durch ihre grauen Augen an. Ihre Haare fallen ihr offen auf die Schultern. Seit neustem sind sie hellblau gefärbt. Passend dazu trägt sie ein violettes Shirt mit der Aufschrift: Dead but cute. Fachpersonen würden die Farbe ihres T-Shirts als fliederfarben bezeichnen, da ich aber nicht zugeben möchte, dass ich mich auskenne, bleibt es für mich violett.

Deine Liebe. (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt