Kapitel 18

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«Frankie? Es hat geklingelt. Soll ich aufmachen?», ruft mir meine Mutter zu. Bis eben bin ich im Wohnzimmer auf dem Boden gelegen und habe mich selbst bemitleidet. Mein Handy habe ich nach dem zehnten Anruf von Mikey auf Stumm gestellt.

Ich habe nicht nur meinen festen Freund verloren, sondern nun auch noch meinen besten Freund.

Ich seufze. Wieso hat mir niemand schon eher gesagt, wie kompliziert das Leben noch wird?

«Warte!», rufe ich zurück und richte mich augenblicklich auf. Einen kurzen Moment schwankt der Raum um mich herum. Ich blinzle ein paar Mal und sprinte dann zur Haustür.

Doch meine Mutter ist schneller gewesen. Sie hat die Haustür geöffnet und macht sich gerade mit Jona bekannt. «Hallo ich bin Angelica, Frankies Mutter», stellt sie sich ihm vor. Ich verdrehe meine Augen. Das ist so typisch, dass sie es kaum erwarten kann, meine Freunde kennenzulernen.

«Jona», meint der Braunhaarige knapp und hält ihr die Hand hin. Doch sie hält nicht viel vom Händeschütteln, sondern zieht ihn direkt in eine knochenbrechende Umarmung. Ich könnte schwören, dass ich ein lautes Knacksen gehört habe.

«Mama», ermahne ich meine Mutter, «musst du immer meine Freunde vergraulen?»

Sie lacht. «Wenn du ihn nicht mit deinem Humor verjagt hast, dann brauchst du dir wegen mir keine Sorgen zu machen», erwidert sie mit hochgezogener Augenbraue. «Du brichst mir das Herz», jammere ich gekünstelt. Dann packe ich Jona am Arm und ziehe in mit mir.

«Er übernachtet heute bei uns», erzähle ich der Schwarzhaarigen noch, bevor ich mit Jona die Treppe hoch verschwinde. «In Ordnung», ruft sie. Dann ertönt das Zuschlagen der Haustüre.

Stimmt, sie hat heute noch ein Date mit ihrem «Lover». Ich verziehe mein Gesicht.

Ich werfe ihr nicht vor, dass sie mir diesen Typen noch nicht vorgestellt hat, denn dasselbe habe ich mit Michael auch nie gemacht.

Ich schubse Jona in mein Zimmer und schliesse dann die Tür. Er stolpert, fängt sich dann aber wieder. Ich setze mich auf mein Bett, während der Andere mein Zimmer erkundigt.

Hin und wieder bleibt er stehen, um sich einen Gegenstand genauer anzusehen.

Er stösst ein Pfeifen aus. «Das nenne ich eine Plattensammlung», staunt er und betrachtet mit grossen Augen das Regal an der Wand gegenüber von mir. Wegen des Gewichts der Platten, steht das Regal leicht schief. Ich musste das eine Brett mit einem Holzstück verstärken. Ich stehe auf und gehe zu ihm herüber. Vor vier Jahren habe ich mit dem Sammeln begonnen. Ich bin auf Flohmärkte gegangen, habe kleinere und grössere Plattenläden besucht, nur um jetzt eine grosse Sammlung von neuen, aber auch abgegriffenen, alten Platten mein Eigen zu nennen.

Diese Sammlung ist mein ganzer Stolz.

«Möchtest du eine hören?», frage ich, während ich versuche mein Lächeln zu verstecken. Mit leuchtenden Augen nickt Jona. Ich ziehe eine Platte hervor und präsentiere sie ihm stolz.
«Seventeen Seconds von The Cure. Eine meiner Lieblingsplatten», meine ich knapp und trete dann zu meinen Plattenspielern.

Ich besitze insgesamt vier. Drei davon befinden sich in meinem Zimmer und der vierte steht im Wohnzimmer.

«Dieser Plattenspieler ist Halbautomatisch», erkläre ich Jona, «das heisst, ich muss die Nadel selbst auf die Platte setzen, aber ich habe hier einen Knopf, damit die Nadel automatisch an ihre Ursprungsposition zurückgeht.»

Interessiert sieht sich Jona den Plattenspieler näher an. Ich lege die Platte auf den Plattenspieler, platziere die Nadel am richtigen Ort und trete dann einen Schritt zurück.

Einen Augenblick später ertönt die Musik aus den zwei grossen Musikboxen neben den Plattenspielern. Ich habe bewusst das Lied: A Forest, gewählt, da es mein Lieblingslied ist.

Jona schliesst seine Augen, während er der Musik lauscht. Seine Körperhaltung ist entspannt.

Ich lächle und setze mich dann auf den Boden. Auch ich schliesse die Augen. Bis das Lied fertig ist, verharren wir so. Jona setzt sich neben mich. «Der Plattenspieler ist so genial», schwärmt er und lehnt sich ein Stück zurück. Ich nicke bloss.
«Wie ist es mit Oliver und Michael gelaufen?», fragt er nach.

Ich zucke mit den Schultern und meine dann: «Frag lieber nicht.»

Er bohrt nicht weiter nach. Deswegen bin ich ihm dankbar.
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Am Abend habe ich dreissig neue Nachrichten von Michael und zwölf verpasste Anrufe. Auch Oliver hat mir mehrere SMS geschickt.

Ich lösche alle Nachrichten ohne sie zu lesen.

Deine Liebe. (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt