Kapitel 14

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Ich betrete das Schlafzimmer meiner Mutter. Die Wände sind in einem schlichten weiss gestrichen. Die einzigen Farbtupfer sind die blaue Bettwäsche und die violetten Vorhänge. «Mama?», frage ich leise. Meine Mutter putzt gerade die Fenster. Sie hält in der Bewegung inne und dreht sich zu mir um. «Was ist, Schatz?», fragt sie mich mit einem Lächeln. Ich sehe zu Boden. Mikey...

Was soll ich nur tun?

«Kann ich dich etwas fragen?», will ich wissen, während ich mich auf ihr Bett setze. «Natürlich», erwidert sie und setzt sich neben mich. «Damals mit Dad...», beginne ich vorsichtig, «wann wusstest du, dass es vorbei ist?»

Sie starrt mich mit traurigen Augen an. «Weisst du, dein Vater und ich, wir sind nie wirklich gut miteinander ausgekommen. Anfangs schon, aber dann mit der Zeit haben wir uns auseinandergelebt. Spätestens als ich ihn mit einer anderen Frau erwischt habe, wusste ich, dass es vorbei ist», erklärt sie mir mit ruhiger Stimme. Ich kann ihr Bedauern, aber auch ihre Wut heraushören.

Mit einer anderen Frau...

Ich zucke zusammen. Ist es nicht genauso wie bei mir und Mikey?

«Wieso fragst du?», meint meine Mutter verwundert.

«Nur so», sage ich hastig und stehe auf. Dann verlasse ich ihr Zimmer.

Ich muss mit Mikey Schluss machen.

Heute noch!

Ich ertrage es nicht mehr.

--

Ich sitze auf dem Boden des Badezimmers. Hier bin ich immer, wenn mich etwas beschäftigt. Ich finde den Anblick der blauen Fliesen so beruhigend. Immer wieder wähle ich Mikeys Nummer, aber nie kann ich mich dazu durchdringen ihn anzurufen.

Mein Finger stoppt immer Millimeter über dem grünen Symbol.

Ich fahre mir mit der rechten Hand durch die Haare und seufze auf. Wieso schaffe ich es nicht ihn einfach anzurufen? Warum fällt mir das so schwer? Ich kann einfach nicht glauben, dass er mich betrogen hat...

Eine Träne rollt mir die Wange hinab und fällt auf das Display meines Smartphones. Wir waren doch so glücklich...

Oder war nur ich glücklich? Habe ich ihn jemals gefragt, wie es ihm geht? Ich glaube nicht.

Ich lasse mein Handy fallen und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Mit einem Knall landet das Smartphone auf den kalten Fliesen. In diesem Moment ist mir alles egal. Mir ist egal, dass das Display meines Handys wahrscheinlich kaputt ist. Mir ist egal, dass mein Vater mich hasst. Mir ist egal, dass Mikey mich betrogen hat.

Meine Hände beginnen zu zittern. Ich nehme ein paar schnelle Atemzüge. Trotzdem fühlt es sich an als bekäme ich keine Luft.

Ich stehe ruckartig auf. Schwarze Punkte tanzen am Rande meines Blickfelds. Mir ist schwindlig. Ich stütze mich am Waschbecken ab, damit ich nicht umkippe. Immer noch zitternd werfe ich einen Blick in den Spiegel. Meine Augen sind gerötet. Ich bin bleicher als ein vierzehnjähriger Gamer.

Wann habe ich das letzte Mal Haare gewaschen? Letzte Woche?

Mein Handy klingelt. Ich schrecke auf.

Mein Blick fällt auf das am Boden liegende Smartphone. Nach ein paar Sekunden raffe ich mich dazu auf, ranzugehen. Auf dem Display sind zwei grosse Risse zu sehen. Es kümmert mich nicht.

Ohne nachzusehen, wer am anderen Ende ist, nehme ich ab.

«Hallo?», frage ich. Mitten im Wort bricht meine Stimme ab. Ich räuspere mich und versuche es erneut.

«Frank...», grüsst mich eine Stimme am anderen Ende.

Jona.

«Jona?», frage ich verwirrt.

«Kommst du mit in den Park?», fragt er mich direkt. Wobei es mehr nach einer Aufforderung und nicht nach einer Frage klingt.

«Klar», antworte ich hastig. Etwas Ablenkung tut mir bestimmt gut.

«Toll. Ich hole dich in einer halben Stunde ab», meint er und legt dann auf. Zitternd lege ich mein Smartphone auf den Rand des Waschbeckens. Dann vergrabe ich wieder mein Gesicht in meinen Händen.


Deine Liebe. (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt