Sein Daumen strich über seinen Arm, eine kaum merkliche Berührung, und doch war sie da. Diese 5 Sekunden beschrieben diese seltsame Beziehung zwischen ihnen sehr gut. Es war bloß eine kleine Berührung, doch eine Berührung, die ein normaler Freund ni...
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noah
Es war halb zwei in der früh und ich war noch immer wach. Meine Gedanken flogen immer wieder um das eine Thema, während ich in der Dunkelheit an die Decke starrte.
Ich hörte Simons regelmäßiges Atmen in der Stille. In meinen Ohren wirkte es ohrenbetäubend.
Vertrauen.
Früher hatte ich nie über die Bedeutung dieses Wortes nachgedacht und jetzt fragte ich mich, ob ich jemals wieder vertrauen konnte. Max hatte mich komplett verarscht, was ich einfach nicht begreifen konnte. Wieso würde er so etwas tun?
Ich seufzte und rieb mir über meine müden Augen. Langsam setzte ich mich auf, schob die Decke weg und stand auf. Ich stieg über Simon hinweg und verließ mein Zimmer, um auf die Toilette zu gehen. Im Bad starrte ich kurz mein Spiegelbild an, ehe ich mich auf die Toilette setzte. Nachdem ich mir die Hände gewaschen hatte, betrachtete ich wieder mein Spiegelbild. Was war in den letzten Wochen mit mir passiert? Ich hatte das Gefühl komplett durchzudrehen.
Meine Wutanfälle waren, bis auf den einen auf der Kursfahrt, auf ein Minimum gesunken. Stattdessen fühlte ich mich ständig so, als würde jeder an mir zerren und dabei immer mehr Stücke von mir abreißen.
Ich schüttelte langsam den Kopf, klatschte mir Wasser ins Gesicht, um dadurch vielleicht einen freien Kopf zu bekommen und verließ dann wieder das Badezimmer.
Zurück in meinem Zimmer stieg ich über die Matratze und den schlafenden Simon. Ich setzte mich auf mein Bett und sah zu Simon. Dieser lag auf dem Rücken, weil sein verletzter Arm ihm keine bequemere Position anbot.
So viel hatte er auf sich genommen und ich schaffte es trotzdem nicht, meine Gedanken zu vergessen. Ich seufzte leise und ließ meinen Blick erneut über Simon wandern.
"Warum bist du wach?", fragte Simon plötzlich leise und setzte sich langsam auf. Ich sah ihm nur stumm dabei zu und wusste keine Antwort.
"Alles okay?"
"Nein."
Es breitete sich wieder Stille aus, so als ob keiner von uns etwas gesagt hätte. Wir sahen uns gegenseitig in die Augen und wägten ab, was der andere vielleicht denken könnte.
Ich stand auf, hockte mich neben Simon und legte beide Arme um ihn. Er roch so gut, dass ich mein Gesicht an seinem Nacken rieb. Simon hob seinen gesunden Arm und strich mir über die Haare. Dann drehte er leicht seinen Kopf und küsste die Stelle hinter meinem Ohr. Ich bekam eine Gänsehaut.
Ich setzte mich rittlings auf seine Oberschenkel und umarmte ihn fester.
"Hey pass auf mit meinem Arm...", murmelte er, machte jedoch keine Anstalten mich wegzudrücken. Stattdessen lehnte ich mich etwas zurück und sah ihm in die Augen. Sein Atem traf mein Gesicht. Mein Blick fiel auf seine Lippen und hob sich dann zurück zu seinen Augen.
Langsam lehnte ich mich nach vorne und unsere Lippen trafen sich zum Kuss. Ein einfaches berühren der Lippen, mehr war es nicht. Erneut strich Simon mir durch meine Haare und legte dann seine Hand an meine Wange. Ich tat das gleiche und fuhr durch seine Locken, ehe ich beide Hände um sein Gesicht legte.
Er küsste meine Lippen mehrere Male, lehnte sich dann zurück und legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab. So saßen wir eine Weile, eng umschlungen und den anderen haltend. Irgendwann legte Simon sich hin und zog mich an sich. Mein Kopf lag auf seiner Brust und seine Finger strichen immer wieder über meinen Rücken. Ich bekam erneut eine Gänsehaut. Keiner von uns beiden sagte ein Wort.
Es fühlte sich so richtig an, so normal. Und doch, Zweifel ob ich das Richtige tat, quälten mich. Bis jetzt hatten Simon und ich nur scheiße erlebt und bis auf mein erstes Mal, waren nur wenige Augenblicke schön gewesen.
Ich hob meinen Kopf etwas an und sah Simon in die Augen. Er lächelte schwach. Meinen Kopf legte ich auf seinem ausgestreckten Arm ab und lag nun neben ihm, gepresst an seinen warmen Körper. Simon musterte mein Gesicht und runzelte die Stirn.
"Was ist?", fragte ich und durchbrach damit die ohrenbetäubende Stille.
"Ich frage mich, wann die schönen Zeiten kommen."
"Das ist kitschig, aber okay."
Simon verdrehte nur die Augen und fuhr fort.
"Noah, ich meine es ernst. Ich möchte die schönen Zeiten mit dir erleben und nicht andauernd verprügelt werden oder Angst haben mich für meine Gefühle rechtfertigen zu müssen. Ich liebe dich. Und das meine ich ernst, doch ich bin ein Feigling. Mein Vater schafft es jedes Mal meinen Willen zu brechen, meine Sexualität doch nicht auszuleben. Es war das gleiche in meiner Heimatstadt. Ich war nicht mal in meinen ehemals besten Freund verliebt, doch er hat es mir unterstellt und mich schlussendlich zum Umzug gezwungen."
Simon schloss kurz die Augen und seufzte. "Ich war immer unsicher, ob ich überhaupt was für Jungen empfand, doch da ich Mädchen nie interessant fand, bin ich einfach davon ausgegangen. Doch als ich dich das erste Mal sah in der Schule, du standest mit Max und Leslie vor dem Gebäude, da war ich mir sicher. Ich hatte gehofft in deine Klasse zu kommen und vielleicht hatte es das Schicksal ja dieses Mal gut mit mir gemeint. Was ich sagen will, ist, dass ich dein Vertrauen, trotz meines Fehlers, verdient habe. Du bist der erste Mensch, für den ich mein Leben aufgeben würde, nur um nicht von dir getrennt zu werden." Simon schluckte hart und drückte mich, wenn möglich, noch fester an sich.
"Bitte verzeih' mir." Er flüsterte die Worte nur und doch hörte ich sie klar und deutlich neben meinem Ohr. "Ich will mit dir zusammen sein und es der ganzen Welt zeigen. Bitte verzeih' mir."
Ich schwieg. Ich war verunsichert.
Vertrauen. Dieses Wort, dieses hässliche, und doch wichtige Wort, hallte in meinem Kopf hin und her.
Simon küsste meine Schläfe und wartete auf eine Antwort. Ich berührte mit meinen Lippen seinen Hals und strich über seine Haut. Ein tiefes Seufzen entfuhr meinem Mund und ich wischte mir mit der Hand über das Gesicht. Ich hörte, wie schnell Simons Herz schlug. Wie ein kleiner Schlagzeuger machte es Krach.
Ich lehnte mich auf meine Ellenbogen und sah nach unten in Simons braune Augen. Diese Augen, umrandet mit dichten Wimpern, waren der Grund gewesen, wieso er mir nicht aus meinem Kopf gegangen ist. Jedes Mal, wenn er mich damit ansah, legte er alles offen. Sie ließen mich jedes Mal bis auf seine Seele schauen.
Ich legte meine rechte Hand an seine Wange, lehnte mich nach unten und küsste ihn. Sanft und ohne Drang. Simon erwiderte meinen Kuss sofort und seufzte leise. Seine Lippen waren so schön weich, dass ich glatt süchtig werden könnte. Er zog mit deinen Zähnen leicht an meiner Unterlippe, was mich zum Lachen brachte. Simon lachte ebenfalls und küsste meinen Mundwinkel. Kurz holten wir Luft, dann pressten wir unsere Lippen erneut aufeinander. Ich steckte meine ganze Liebe hinein und hoffte, Simon würde es bemerken.
"Ich verzeihe dir, okay?" Simon nickte und drückte mich fest an sich. "Danke."
"Lass und jetzt schlafen, ja?", murmelte Simon in mein Ohr. Ich nickte und kuschelte mich an seine Seite.
Es dauerte eine kleine Weile, doch irgendwann fielen meine Augen von ganz alleine zu und ich fiel in einen traumlosen Schlaf.