Kapitel 2 - Draco

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Draco war überrascht, sie hier zu sehen. Die berühmte Hermine Granger, beste Freundin von Potter, der vor zwei Monaten den Dunklen Lord besiegt hatte und kurz darauf nach Deutschland gezogen war.

Und jetzt, ausgerechnet jetzt stand niemand geringerer als Hermine Granger, das Mädchen, das er einst Schlammblut nannte, vor ihm. Niemals hätte er gedacht, sie wieder zu sehen.
Er wollte sie eigentlich auch gar nicht sehen, aber angesichts der misslichen Lage, in der er steckte, hatte er gar keine andere Wahl, als nun doch hier zu bleiben.
Wie war er überhaupt hier her gekommen? Noch während er sich darüber wunderte, drehte sich Hermine Granger um und lief schnellen Schrittes davon.

Eigentlich bettelte er nicht, doch diesmal schien er über seinen Schatten springen zu müssen.
"Granger, warte!" rief er und rannte ihr hinter her.
Wütend fuhr sie herum. Sie schien ziemlich geladen zu sein. Ob sie wohl immer noch mit dem Wiesel zusammen war?
Draco schüttelte den Kopf. Was interessierte ihn das?

"Gib mir einen Grund, die zuzuhören, Malfoy! Einen Grund!" Mit den Händen fuchtelte sie in der Luft herum, als wolle sie böse Geister vertreiben.
"Ich weiß, ich habe es nicht verdient, aber..." Er schüttelte den Kopf. Es war nicht seine Art, sich zu rechtfertigen und er würde jetzt bestimmt nicht damit anfangen.
"Aber?" fragte sie. Nervös spielte er mit seinen Händen. Es war verdammt schwierig, über seinen Schatten zu springen und dabei er selbst zu bleiben.
"Ich habe gerade echt keine Geduld, Malfoy. Rück mit der Sprache raus, oder ich bin weg." Schon wollte sie sich umdrehen, da rief Draco: "Okay, okay, warte." Nach einigem zögern fügte er noch hinzu: "Bitte." Und er hasste sich dafür. Wäre sein Vater hier, er würde ihn einmal links und rechts batschen und ihm seinen Zauberstab wegnehmen. Draco zog die ganze Malfoysche Würde in den Dreck mit diesem einfachen 'Bitte'.

Hermine schnaubte. "Malfoy. Erstens ist mir kalt, zweitens habe ich wirklich keine Lust, hier weiter rumzustehen und Däumchen zu drehen."
Draco hob abwährend die Hände: "Ich brauche eine Bleibe. Nur für ein paar Tage."
"Und warum kommst du damit ausgerechnet zu mir?" Es war ja klar gewesen, dass sie ein Drama daraus machen musste.
"Ich... weiß nicht genau..." Und das wusste er wirklich nicht. Auf einmal kam er sich absolut blöd vor. Hier zu sein, wie auch immer er hier her gekommen war, war nicht die Lösung. Er wollte schon gehen, da hellte sich Hermines Gesicht auf.

Unwillkürlich fragte er sich, was in ihrem hübschen Kopf wohl vorging. Hübscher Kopf? Ehrlich Malfoy, reiß dich zusammen, schalt sich Draco gedanklich.
"Du kannst gerne bei uns wohnen" sagte sie mit einer eiskalten Stimme, die Draco frösteln ließ.
"Bei uns? Du bist also immer noch mit dem Wiesel zusammen?" fragte er.
Augenblicklich verdunkelte sich ihre Miene wieder und mit ihr schien die Welt ein Stück dunkler zu werden. Nicht, dass ihm das aufgefallen wäre. Außerdem war es schon dämmrig. Er schüttelte den Kopf und sah sie wieder an.
"Ja, Wiesel trifft es ganz gut" sagte sie mit einer Mutlosigkeit in der Stimme, die er nicht von Hermine Granger kannte. Sein Interesse war geweckt.
Was war nur los mit ihm? Es schien, als hätte er sich plötzlich nicht mehr unter Kontrolle.

Er hatte nie Interesse an ihr gehabt, sie vielleicht ein bisschen für die Treue zu ihren Freunden bewundert. Und dafür hatte er auch seine Gründe. Granger war eine Muggelgeborene Zauberin. Dracos Familie legte großen Wert auf die Reinhaltung der Blutlinie, da war es verständlich, dass er das übernommen hatte.
Und dennoch, irgendetwas hatte sich in ihm verändert, seit der Dunkle Lord besiegt worden war. Die Angst um sein Leben war verschwunden und mit ihr auch die ständige Unzufriedenheit, die er zur Genüge an Potter, Weasley und Granger ausgelassen hatte.
Es zählte jedoch nicht mehr, auf welcher Seite man stand und hinzu kam, dass eben Potter nicht mehr da war.

"Warum sagst du das?" fragte er also. Sein plötzliches Interesse an ihr schien sie ebenso aus der Bahn zu werfen wie ihn. Kurz überlegte sie, dann antwortete sie: "Ist egal. Du kannst bei uns wohnen, das sollte alles sein, was dich interessiert. Und jetzt komm mit, ich will nicht länger frieren."

Ihre Ausssage war wie Gift für ihn, denn er hatte in diesem kurzen Gespräch tatsächlich wirkliches Interesse an ihr entwickelt.
Still und in sich gekehrt folgte er ihr zurück zu dem kleinen Reihenhaus, aus dem sie vor nicht weniger als zwanzig Minuten noch fliehen wollte.

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