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Autor: issy9786

Werke: 5

Show me how to love

Didn't you want to marry? ~on hold~

Broken Souls

Telling the whole Story

Just the half of the Story

Leseprobe:

Ich weiß noch genau, wie wir dort oben gestanden waren und in den Himmel gesehen hatten. Unser Atem ging stoßweise, was anderes hätte mich auch gewundert, bei der Strecke, die wir eben zurückgelegt hatten. Ich weiß noch, wie du sagtest, wir wären unendlich. Weil die Unendlichkeit gar nicht in Jahren gemessen wird, sagtest du. Weil sie viel mehr an Taten gebunden ist. Ich hatte zu dir aufgesehen, in diesem Moment. Hatte gesehen, wie du unterstützend dazu genickt hattest, während du auf das Tal unter dir gesehen hattest. Dein Blick war ganz verloren gewesen, verloren, irgendwo zwischen den Wäldern und Tälern, irgendwo zwischen dem Glaube und der Hoffnung. Auch ich habe genickt. Ich weiß aber nicht, ob ich es schon damals verstanden hatte, damals,  als wir dort oben gestanden waren, Hand in Hand. Es sind diese Momente, die ich am meisten vermisse. Diese unendlichen Momente. Immer, wenn ich an sie denke, wirken sie so nah, dass ich glaube ich könnte die Hand nach dir ausstrecken, so wie ich es früher immer getan hatte. Und dann, wenn ich es tue, wie aus Reflex, ist der Schmerz wieder da, der Schmerz, der mich bereits seit Jahren begleitet. Weil du nicht da bist. Da ist nich mehr deine Hand, nach der ich mich recken kann. Nicht diene Finger, die ich mit meinen vereinen kann. Nicht deine Schulter, an die ich mich anlehnen. Da sind nicht mehr deine Lippen, die ich küssen kann. Und der Schmerz, er wird einfach nicht besser. Du bist weg. Und ich weiß nicht, was du alles mitgenommen hast, aber es ist wohl vieles gewesen. Mein Lächeln ist noch da, ja. Aber du hast ihm einen Teil genommen. Mein Herz ist zwar da, ja. Aber du hast einen Teil von ihm mit dir genommen. Ich denke nicht mehr so oft an dich. Aber einen Teil meiner Gedanken wirst du immer mit dir genommen haben. Ich habe andere Männer geliebt, ja,  aber nie so ganz. Nie so wie dich. Nie so unendlich. Meine Enkel fragen mich heute, ob ihr Opa meine große Liebe war. Wir wissen beide, dass er es nicht war, aber was soll ich blauen Kulleraugen, deren Hoffnung auf die große, wahre Liebe sie ausmachen, erzählen? Ich könnte ihnen von dir erzählen. Ja, ich denke, ich könnte es. Aber wie soll man Dinge in Worte fassen, die nicht in Worte gefasst werden wollen? Ich habe nicht mehr über dich geredet, seit Jahren nicht mehr. Aber in meinem Kopf bist du allgegenwärtig, da bist du unerreichbar. Ich kenne immer noch deinen Geruch. Ich weiß immer noch, wie deine störrischen Haare sich anfühlt hatten, die du extra für mich hattest wachsen lassen. Und ich weiß noch, wie jede deine Berührungen sich angefühlt hatte. Manchmal spüre ich auch noch den Geschmack deiner Lippen auf meinen. Dann lecke ich mir über die Lippen und er ist wieder weg, als wäre er eigentlich nie dagewesen. Ich weiß nicht, ob ich dich je in Worte fassen könnte. Ich weiß nicht, ob ich uns je in Worte fassen würde. Aber wenn ich etwas weiß, dann dass du auf mich wartest. Du wirst in mitten der Hölle auf mich warten, so, wie wir es ausgemacht hatten. Und dort wirst du das tosende Feuer überstehen, denn immerhin bist du du. Bis ich zu dir komme und wir es gemeinsam überstehen, denn für den Himmel waren wir schon immer viel zu sündig gewesen. Wenn auch nicht nach unseren Maßstäben. Wir sind sündhaft in den Augen der Anderen, hattest du immer gesagt, jedoch aber nur, weil sie es nicht wissen. Ich weiß noch, wie ich dich gefragt hatte, was es wohl wäre, dass sie nicht wissen. Wie man wirklich lebt, hattest du geantwortet. Dann hatten wir geschwiegen, während du eine weitere Zigarette angezündet hattest und den Arm um mich gelegt hattest. Du warst nicht oft so tiefsinnig, zumindest nicht nach außen. Nie hast du es gezeigt. Lieber hast du es aufgeschrieben. Ich weiß noch, wie wir einst gestritten haben. Wie ich dir vorgeworfen hatte, mich nicht wirklich zu lieben. Es nie wirklich zu zeigen. Ich hatte geweint in diesem Moment und du hast geschrien. Es hatte sich schrecklich angefühlt aber ich konnte nicht mehr, hatte genug, konnte nicht mehr. Du willst, dass ich es mehr zeige, hattest du gefragt, aber es klang mehr nach einer Aussage als nach einer Frage. Dann warst du wütend aus dem Zimmer gerannt, hattest im anderen Zimmer alle Schubladen aus der Kommode gerissen und bist mit einem Stapel Papier zurückgekommen. Lies das, hattest du mir an den Kopf geworfen. Dann warst du gegangen. Ich hatte alles gelesen. Ich habe geweint, gelesen, geweint. Es schien mir vorzukommen wie wenige Minuten, doch als ich den Kopf wieder anhob, war wieder Tag. Ich habe nie mehr an deiner Liebe gezweifelt nach diesem Tag. Nicht einmal eine Sekunde lang. Später bist du gegangen. Und ich weiß, du hast es wegen mir getan. Du hast mich auf die Stirn geküsst, wie immer, wenn du enttäuscht von mir warst. Bis in die Hölle, Baby, hattest du gesagt, flüsternd, als würde es Unglück bringen, es laut auszusprechen. Dann hast du dich umgedreht und bist gegangen. Weil du wusstest, dass es so einfacher war. Für mich. Ich weiß nicht mehr genau, wie viel später sie dich gefunden haben. Selbstmord, hatten sie gesagt. Gescheitertes Leben, Gründe nachvollziehbar, hatten sie gesagt. Doch sie wussten es nicht. Sie hatten keine Ahnung. Niemand hatte eine Ahnung. Es war kein gescheitertes Leben. Es war das Leben, das es dazu gemacht hatte. Es war zu viel gewesen. Und ich, die dir helfen konnte, es aber nicht tat,  bin auch schuld. Ich weiß, du willst nicht, dass ich das sage. Und doch ist es so. Es ist die Wahrheit. Die bittere Wahrheit. Und doch weiß ich, dass du auf mich warten wirst. In mitten der Hölle, vermutlich um den Platz den Teufels ringend.

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