03 - Madox' Sicht

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Ein gleichmässiges Piepsen war das Erste, das er wahrnahm.
Piep.
Piep.
Piep.
Piep.
Er wollte seine Augen öffnen, doch seine Lider schienen wie mit Zement befestigt zu sein, denn sie bewegten sich nicht. Er konnte sich überhaupt nicht bewegen.

Alles war so schwer.

So unglaublich schwer.

Leise Stimmen bewegten sich durch seinen Kopf, aber er konnte sie nicht fassen. Dann wurde alles schwarz und er wurde wieder in die Tiefe gesogen.

Das nächste Mal, als er zu sich kam, hörte er die Stimmen klarer: „Er könnte jeden Moment aufwachen. Er ist stabil, wir müssen zwar seine Lungen weiterhin beobachten, aber er ist über dem Berg."

„Vielen Dank Doktor, wenn es etwas Neues gibt, werde ich das als erstes erfahren, verstanden?" Diese Stimme kannte er. Angestrengt versuchte er sich genauer zu erinnern.

Javier.

Sein engster Vertrauter.

Der Arzt murmelte noch etwas, dann hörte er, wie jemand näher trat. Wieder versuchte er die Augen zu öffnen, doch es gelang ihm nicht.

„Verdammt, Madox, wach auf. Wir brauchen dich hier." Javier war nun ganz nah.
Kurz bevor er in die Bewusstlosigkeit abdriftete, kam ihm plötzlich noch ein Name in den Sinn: Lucinda.

Wo war seine Lucita?

Endlich konnte er die Augen aufschlagen. Licht blendete ihn und es dauerte einige Augenblicke, bis er erste Umrisse erkennen konnte. Mehrere Geräte, die blinkten und piepten, standen in einem weissen Raum, das war alles, was er sehen konnte.

Es war niemand im Zimmer und sofort gingen seine Gedanken wieder zu Luci, wie er sie immer liebevoll nannte. Wieso war sie nicht bei ihm?

Er musste sie sehen.

Sie berühren.

Sie spüren.

Er hatte sie schon so lange nicht mehr gesehen, gehört und berührt.
War sie wütend auf ihn?
Ging es ihr gut?
Er konnte sich nicht daran erinnern, hier ihre Stinme gehört zu haben und Madox fragte sich, wieso sie ihn nicht besucht hatte. Auch wenn sie noch so wütend auf ihn gewesen wäre, so wie er seine Luci kannte, wäre sie ihn trotzdem besuchen kommen. Sorgen machten sich in ihm breit. Hoffentlich ging es ihr gut.

„Madox", ertönte es von der Tür. Er versuchte seinen Kopf zu drehen, doch es schmerzte zu sehr und er gab es auf.

Javier trat an sein Krankenbett, sein Gesicht erschien in Madox' Blickfeld, die Wangen eingesunken, die Augen tief in den Höhlen. Seine Augenbrauen waren besorgt zusammen gezogen und seine Lippen waren zu einem dünnen Strich zusammengepresst. Er sah furchtbar aus.
Aber Madox selber sah wahrscheinlich noch schlimmer aus.

„Du bist wach." Mehr sagte Javier nicht, er schaute ihn nur an, dann zogen sich seine Mundwinkel nach oben: „Verdammt Kleiner, ich habe mir beinahe in die Hosen gemacht, als ich dich gesehen habe... Du siehst scheisse aus."

Madox räusperte sich, schluckte und versuchte etwas zu sagen. Es kam jedoch nur ein heiseres Krächzen heraus.
Er versuchte es noch einmal: „Du... Du auch", er verstummte, es schmerzte zu reden.

Schliesslich fragte er Javier die Frage, die ihn schon innerlich auffrass: „Lucinda? Wo ist meine Luci? Wieso ist sie mich nie besuchen gekommen?"
Er musste sich mehrfach räuspern, da seine Stimme nicht richtig funktionierte.
Die Mundwinkel von Javier sanken herab. Sein Gesicht verdunkelte sich und er sah plötzlich unglaublich müde und erschöpft aus.

Er seufzte leise: „Du brauchst viel Ruhe, Madox. Schlaf, komm wieder zu Kräften."

Er bewegte sich aus Madox' Blickfeld, rüttelte an etwas. Madox wollte etwas sagen, ihm befehlen zu erzählen, wo Lucinda war, sie herzuschicken, doch er spürte, wie er wieder ermattete und die Dunkelheit ihn hinabzog. Sein letzter Gedanke war wieder die Sorge um Lucinda.

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