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Anscheinend hatte Makena recht gehabt. Denn seit diesem Mittag fühlte ich immer wieder die Blicke von Chase auf mir. Er sah ganz gut aus, war gross, schlank und doch muskulös und hatte ein absolut hinreissendes Lächeln mit zwei niedlichen Grübchen. Wahrscheinlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dass ich seine Aufmerksamkeit zu fesseln vermochte - wenn man denn soweit gehen wollte.

„Du solltest seine Blicke erwidern, Harlow!"

„Mhm", machte ich abwesend.

„Nicht 'Mhm'! Dir ist schon klar, dass er zu den heissesten Typen der Schule gehört? Gleich nach Aspen."

„Ich weiss nicht, was du mit ihm hast, so toll ist er doch nicht", schnaubte ich genervt.

„Süsse. Du lebst mit ihm zusammen. Hast du ihn dir überhaupt verdammt nochmal angesehen? Oder bist du einfach blind?", den letzten Teil schrie sie beinahe.

Ich hielt meinen Zeigefinger hoch: „Erstens, schrei hier nicht so herum. Zweitens, ich bin nicht blind, ich habe einfach kein Interesse. Und drittens...", mir fiel nichts mehr ein, „keine Ahnung..."

Ihre Haare flogen nach vorne, als sie sich ruckartig zu mir beugte.
„Oh mein Gott, jetzt kapier ich's! Du hast jemand in Mexico, darum bist du blind gegenüber allen Prachtexemplaren!"

Ich verdrehte die Augen, während sich Luis dramatisch an die Brust fasste: „Was für eine Erleichterung. Und ich fragte mich schon, wieso du noch nicht völlig in mich verknallt bist!"

Ich lachte. Die schüchterene Makena knuffte ihn gegen die Schulter und ich sah, wie sie leicht errötete. Interessant.

„Lass sie doch. Es kann nicht jeder so Jungsversessen sein wie du", murmelte Makena und biss in einen Apfel.

Ich grinste, während sich Baylee empörte.

„Aber ganz im ernst. Gibt es jemanden in Mexico?", fragte Baylee schliesslich ruhiger, nachdem sie mit ihrem Gezetter aufgehört hatte.

Mein Lächeln erstarb sofort. Ich wollte sie nicht anlügen, konnte ihnen aber auch nicht die Wahrheit sagen.

„Nicht direkt", zögerte ich leise, aufmerksam hörten sie mir zu, „er hat sich schon vorher von mir getrennt. Ich bin einfach noch nicht...", ich beendete den Satz nicht, denn plötzlich hatte ich einen Kloss im Hals.

„Noch nicht über ihn hinweg. Ich versteh schon, Süsse."

Kurz blieb es still, bevor mich Luis fragte: „Gibt es noch eine Chance, dass ihr zusammen kommen könnt?"

Traurig schüttelte ich den Kopf.

„Dann musst du jetzt nach vorne schauen", meinte Baylee aufmunternd, „und am besten geht das mit einem Typen. Mit einem richtig heissen."

„Baylee!", jammerte ich lachend. Sie war einfach unmöglich. Unschuldig klimperte sie mit den Wimpern.

Englisch entwickelte sich zu meinem Lieblingsfach. Unser alte Lehrer hatte etwas von einer Comicfigur mit seiner Glatze und dem weissen Schnäuzchen, doch die runde Brille war das Tüpfelchen auf dem i. Ich hatte dieses Fach mit Aspen zusammen, er schien es jedoch deutlich weniger zu geniessen als ich, denn er war immer entweder an seinem Handy oder redete - wenigstens gedämpft - mit Makayla,
der Schulschlampe. Sie schien, abgesehen von ihrer wirklich unschönen Angwohnheit mit jedem zu schlafen, der laufen konnte, eigentlich ganz nett zu sein. Tut mir leid, dass ich allen dieses typische Klischee gerade zerstört hatte. Zumindest war sie immer nett zu mir gewesen und ich hatte nie gesehen, wie sie jemanden runtermachte. Seltsam, sogar ich hatte immer gedacht, dass Schulschlampen einen hässlichen Charackter haben würden.

love haunts - hate tooWo Geschichten leben. Entdecke jetzt