So merkwürdig es sich für mich auch anhörte, ich hatte nun eine Freundin.
Die erste Woche in der Schule hatte ich fast schon überlebt und ich musste zugeben, dass es eigentlich nicht schlimm gewesen war. Durch den Umstand, dass ich immer nur Privatunterricht bekommen hatte, war ich den meisten Schülern hier einiges voraus. Das einzige, das mich richtig störte, waren die Blicke. Anscheinend war hier seit dem Bürgerkrieg nichts Spannendes mehr passiert, denn ich fühlte mich, als wäre ich eine super faszinierende Attraktion, die man begaffen musste.
Gott sei Dank hatte ich Baylee. Ich hatte keine Ahnung, wieso sie sich mit mir anfreunden wollte, aber ich war ihr verflucht dankbar. Wir hatten mehrere Kurse zusammen und sie nahm mich zu ihren Freunden mit, wenn wir Mittagspause hatten.
„Bist du dabei, Harlow?", riss mich Baylees Stimme aus den Gedanken und ich schaute ertappt hoch.
„Sorry, ich war gedanklich gerade woanders", gab ich leicht betreten zu.
„Sie hat nur gefragt, ob du morgen mitkommst. Wir gehen einen Film schauen", antwortete Luis für sie.
Ich mochte Luis, er war mir von Anfang an symphatisch gewesen, seine braunen Augen strahlten eine Ruhe aus, von der ich gerne etwas abhaben würde. Auch der Umstand, dass er wie ich von Mexico stammte, wenn auch von Tijuana, liess mich gleich ein wenig wohler fühlen.
„Und, was sagst du?"
Gott, ich musste mich wirklich mehr auf das Gespräch konzentrieren.
„Klar, um welche Zeit denn?", hakte ich nach. Ich hatte noch nie mit Freunden was unternommen und war auch noch nie im Kino gewesen. Ich hoffte, dass man mir das nicht anmerkte.„Super!", meinte Baylee fröhlich und klemmte ihren Ordner unter die Achsel, „Leute, ich muss gehen, Miss Holt will noch etwas mit mir besprechen. Ist es okay, wenn ich dich um sieben Uhr abhole?"
Ich nickte.
„Schreib mir einfach die Adresse, ich muss wirklich langsam los!" Sie winkte uns zum Abschied und ich lächelte ihr zu.
Fühlte es sich so an eine Freundin zu haben?
Im Casa haben nur wenige Gleichaltrige gewohnt und keiner hat sich getraut, sich mir zu nähern.„Was hast du als nächstes?", fragte ich Luis. Sport, wie er mit hängenden Schultern antwortete, der Arme.
Ich hatte nun Kunst, ich liebte es zu malen. Den Kurs hatte ich mit Makena zusammen, meistens sass sie mit uns am Tisch, doch heute gab sie Nachhilfe. Sie war das totale Gegenteil von Baylee: ruhig und in sich zurückgezogen. Doch etwas hatte ich schon von Anfang an bemerkt.
Sie sah viel, gerade weil sie so still war, nahm sie mehr wahr, als andere. Bei ihr musste ich vorsichtig sein.Aspen hatte nach der Schule noch Football Training und er hat mir angeboten, mich danach immer mitzunehmen. Anscheinend schien er doch nicht ein solches Arschloch zu sein. Bis dahin wartete ich einfach auf ihn und hörte Musik. Es war meine Art zu heilen.
Morgen würde ich doch tatsächlich mit meinen neuen Freunden ins Kino gehen. Ich war jetzt schon nervös, dennoch wippte ich freudig mit meinen Füssen bei der Aussicht darauf.
„Also, Harlow", Aspen zog die Wörter in die Länge, „wie war deine erste Woche?"
Das interessierte ihn?Er hatte vom Duschen nach dem Training noch immer feuchte Haare, was... was wirklich gut aussah... Okay, ich werde nicht in diese Richtung weiterdenken.
„Hallo? Erde an Harlow!"
Heilige Scheisse, was war heute nur mit mir los?
„Ähm, ziemlich gut. Ich glaube, ich habe ein paar Freunde gefunden", meinte ich zögerlich.
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love haunts - hate too
Teen FictionLucinda floh von ihrem alten Leben und ihrem Zuhause in Mexico. Zu gross war die Gefahr, zu schmerzhaft die Wunden. Bei der besten Freundin ihrer Mutter in den USA hofft sie ein neues Leben unter dem Namen Harlow beginnen zu können. Doch nicht nur...