The truth is you never know

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"But if I be wrong, if I be right
Let me be here with you
If I be wrong, if I be right
Let me stay here in your arms tonight"
- Wolf Larsen "If I be Wrong"

In der nächsten Zeit versuchte ich mich nur auf mich zu konzentrieren, was ich denn überhaupt wollte. Das Gefühl, mich selber aus den Augen verloren zu haben, wurde mir immer bewusster und Raven hatte mir ein kleines bisschen die Augen geöffnet. Es war wirklich wichtig, dass ich wieder an mich dachte und was mich glücklich machen würde. Zwar war es mir noch immer wichtiger, dass Monty glücklich war, aber ich stellte mir auch die Frage, ob es ihm mit mir nicht auch so ergehen würde, wie mit Mina. Oder vielleicht sogar besser. Meine Selbstzweifel versuchte ich immer wieder zu unterdrücken, wenn sie doch mal wieder auftauchten. Was, wenn ich alles zerstören würde und wir nie wieder ein Wort wechseln würden? Was, wenn ich seine Beziehung durch meine Gefühle kaputt machen würde? War ich dann nicht ein schlechter Mensch? Müsste ich mich nicht jetzt schon schlecht fühlen, weil ich mich irgendwie zwischen die beiden gestellt hatte? War es falsch ihm so nahe gekommen zu sein? Würde ich je wieder glücklich werden, wenn ich ihn verlieren würde? Jeden Tag erschienen diese Fragen in meinem Kopf und jeden Tag kam mindestens eine dazu, doch ich versuchte sie zu verdrängen und mich nicht ewig herunter ziehen zu lassen. Raven war einfach zu überzeugend und ich einfach zu schnell beeinflussbar. Trotzdem schlief ich immer noch scheiße. 

Ich kam gerade in der Kantine an und half mit alles vorzubereiten, da in einer halben Stunde Mittagspause war und alle anderen von der Arbeit kamen und ihr Essen erwarteten. Mir war bewusst, dass ich auch Monty sehen würde, doch ich versuchte ruhig zu bleiben. Die letzten zwei Monate hatte ich mich immer hinten, zum aufräumen in der Küche, versteckt, anstatt vorne mit zu helfen, doch dieses Mal wollte ich ihn ansprechen. Er war mir wichtig und ich wollte wissen, wie es ihm ging. Vielleicht musste ich aber auch einfach nur ganz dringend seine Stimme hören, denn ich verspürte eine ziemliche Sehnsucht nach ihm. Es kam mir fast schon so vor, als würde es mit jedem Tag schlimmer werden. Nicht nur, dass ich Sehnsucht nach ihm hatte, weil ich Gefühle für ihn entwickelt hatte, sondern auch als mein bester Freund, mein Halt hier, fehlte er mir. Es fehlte mir mit ihm zu lachen, ihm von allem zu erzählen, was schon wieder zum kotzen war. Es fehlte mir, dass er einfach da war, dass er mich stützte mit seiner Anwesenheit und mir das Gefühl vermittelte mich niemals im Stich zu lassen. Vor allem aber tat es mir weh, dass unsere Kommunikation nicht mehr vorhanden war, weil diese Gefühle zwischen uns standen. Wir konnten einfach nicht mehr miteinander reden, diese Lockerheit war momentan weg und das machte mir schwer zu schaffen. Nicht mal Jaspers schlechte Witze und seine Anspielungen Raven gegenüber verminderten diese Gedanken.

Und dann erblickte ich ihn in der Schlange, genau hinter Mina, mit ihren honigblonden Haaren. Mein Puls stieg bereits und mein Blut schoss mir in Richtung Gesicht, wodurch meine Wangen heiß wurden und ich Angst hatte sie würden mich wie eine Tomate präsentieren. Mit jedem fertig bedienten Bewohner, dieses Abteils der Ark, kamen sie näher und meine Nervosität stieg. Allerdings bemerkten sie mich erst später und Mina wurde ebenfalls sichtlich nervös, auch wenn sie mir kurz ein Lächeln schenkte. Dennoch drehte sie sich sofort zu Monty um, welcher ihre Hand nahm und sie dann auf den Haaransatz küsste. Es erfüllte mich mit Wärme zu sehen, dass er immer noch so niedlich zu ihr war und sich so um seine Mitmenschen sorgte. Gleichzeitig zog es mein Herz mit in die Tiefe und ich fühlte mich wieder klein. Es kostete mich viel aufrecht zu bleiben und mir Ravens Worte immer wieder durch den Kopf gehen zu lassen, damit ich nicht wieder einknickte und mich in meinem Zimmer versteckte. Leichter wurde es auch nicht, als Mina dann an der Reihe war und, nachdem sie ihr Essen erhalten hatte, Monty schüchtern mitteilte, dass sie auf ihn am Tisch warten würde, weshalb er sie dann auch noch so lieblich ansah, als wäre sie das Geschenk Gottes. Raven würde dazu sagen, wie kitschig sie doch waren und dass daran nichts war, worauf man neidisch sein musste, doch ich wollte gerne an ihrer Stelle sein. Vielleicht nicht so extrem niedlich und süß, aber so liebevoll wollte ich auch von Monty behandelt werden. Nachdem mir die letzten beiden Monate in den Sinn kam, dass alles mit dieser Erster-Kuss-Sache zu tun haben könnte und ich mich daran zurück erinnerte wie unschuldig und zögerlich Monty doch war, wollte ich ihn gerne noch mal küssen. Die Erkenntnis, dass ich die Erste war, die seine Lippen auf diese Art und Weise berührt hatte, ließ mein Herz ein wenig flattern. Für kurze Zeit war ich sogar ziemlich sauer auf mich selber, weil wir einen solchen Fehler begangen hatten und dieser nun unsere Freundschaft auf die Kippe brachte, doch das Herz war ein Einzelkämpfer und ließ sich von niemandem etwas sagen.
Wir teilten so viele intime Dinge, die ich mit keinem anderen teilen wollte. Und es störte mich, dass er nun auch welche mit ihr teilte.

Er stand mir nun gegenüber und wirkte so unerreichbar, dass ich mich schon fast nicht traute ein Wort zu sprechen. Da war immer noch diese Tür zwischen uns, vor der ich stand und unsicher war, ob ich sie öffnen sollte. Momentan hatte ich den Türgriff in der Hand, aber drückte diesen noch nicht herunter.

„Wie geht es dir?", brachte er ganz leise hervor und sah mich einfühlsam an. Seine Stimme hatte mir so sehr gefehlt, dass ich beinahe Gänsehaut davon bekam. Und dass er sich um mich sorgte, wenn auch nur ein bisschen, machte mich glücklich.

„Nicht so gut, wie dir, nehme ich an", versuchte ich locker rüber zu bringen und lächelte etwas. Es war wirklich verdammt schwer nicht wieder einzuknicken und standhaft zu bleiben. So locker kam dies allerdings nicht bei ihm an, denn er schaute nun etwas reuevoll, was die ganze Atmosphäre ziemlich bedrückend machte.

„Wir wollten an meinem Geburtstag eine kleine Runde machen mit Karten spielen, möchtest du auch kommen?", fragte er vorsichtig und sah kurz zu Mina, die schon wartend am Tisch saß und zu uns blickte.

Sein Geburtstag war in weniger als zwei Wochen und normalerweise war es für mich selbstverständlich ihn mit Jasper zu überraschen, doch dieses Mal war ich mir nicht so sicher. Nicht, wenn Mina auch dabei war. Ich wollte zwar mit ihm reden, allerdings konnte ich nicht einfach daneben sitzen und die beiden turteln sehen und so tun, als hätte ich keine schlechte Laune. Vielleicht war es besser dieses Mal auszusetzen und ein anderes Mal mit ihm zu sprechen. Ich wusste ja auch immer noch nicht, worüber ich genau mit ihm sprechen wollte, also musste ich mir darüber auch noch Gedanken machen. Ich hatte mir vorgenommen mich erst mal nur auf mich zu konzentrieren und darauf, was mich glücklich machte. Nun, wo er vor mir stand, merkte ich, dass ich schon wieder Schwierigkeiten damit hatte, weil er mir einfach wichtiger war, als ich mir selber. Ich hatte mich überschätzt und brauchte wohl noch etwas mehr Zeit für mich alleine.

„Ich glaube das wäre nicht so gut, aber ich wünsche euch ganz viel Spaß", antwortete ich freundlich und übergab ihm sein Essen, denn die anderen Menschen wurden schon ungeduldig.

„Es wird nicht halb so viel Spaß machen, ohne dich", teilte er mir noch mit, bevor er sich dann umdrehte und zu Mina ging. Und dabei wieder ein Stück meines Herzens mit sich nahm.

Warum war Liebe eigentlich so darauf bedacht uns emotional auseinander zu nehmen? Und warum konnte sie mich nicht leiden? Alles würde so viel einfacher sein, wenn ich nicht diese Gefühle für Monty entwickelt hätte. Wir könnten alle glücklich zusammen lachen. Doch die Realität sah eben so aus, dass ich Montys Liebe spüren wollte und nicht Mina.

Beste Freunde küsst man nicht (The100 FF/Monty Green)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt