Sechzehn

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Als ich aufwache liege ich wieder im Hotelbett. Ruckartig setze ich mich auf und blicke mich suchend nach Wincent um.

"Wincent?", frage ich, als ich ihn nicht finde.

"Guten morgen Babe.", sagt er, und lehnt sich lässig gegen den Türrahmen des Badezimmers, welches sich rechts neben dem Bett befindet.

"Wie lange habe ich geschlafen?"

"15 Stunden und 34 Minuten."

"Woher weißt du das so genau?"

"Ich weiß, wann du eingeschlafen bist und ich weiß, wann du wach geworden bist Baby."

"Ich hatte einen schrecklichen Alptraum."

"Möchtest du ihn mir erzählen?"

Ich nicke und beginne zu erzählen.

"Meine Mutter hat bei mir angerufen. Sie brauchte Hilfe. Wir sind mit Marco zusammen zu ihr gefahren. Mein Vater hat auf meine Mutter eingeschlagen. Marco hat ihn überweltigt. Ich habe mit allen Mitteln versucht meine Mutter wach zu bekommen, aber sie hat nicht mehr geatmet. Dann kam die Polizei und der Krankenwagen und du hast mich wieder ins Auto getragen und mir was vorgesungen. Dann war der Traum aus."

Warum sieht mich Wincent  jetzt so bemitleidend an? Ja der Traum war schlimm, aber er war doch nicht real.

"Was ist denn los?"

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Wie soll ich Greta das denn jetzt erklären? Das war kein Traum. Das ist wirklich passiert. Ihre Mutter ist verstorben und ihr Vater wieder hinter Gittern. Wie zum Teufel soll man jemandem erklären, dass seine Mutter tot ist. Vom eigenen Vater getötet. Wie?!

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Wincent kommt auf mich zu, setzt sich an die Bettkante und sieht mir tief in die Augen.

"Greta, du musst jetzt stark sein.", gibt er mit sanfter Stimme zurück.

Was? Warum?

"Warum?"

"Das- Das- Das war kein-", Wincent holt noch einmal tief Luft und bringt seinen Satz zuende, "Das war kein Traum."

Er kneift seinen Augen für einige Augenblicke zusammen, bis er sie schließlich wieder öffnet und mir in die Augen blickt.

Wie meint er das? Ist das wirklich alles so passiert? Ist meine Mutter tot?

"Verarscht du mich?"

"Nein Greta, das könnte ich nie."

Also hatte ich keinen Traum. Meine Mutter ist tot. Mein brutaler Vater wieder im Knast. Und ich, ich bin alleine.

"Du bist nicht alleine."

Kann er jetzt auch noch Gedanken lesen?

"Woher-"

"Du hast deine Gedanken laut ausgesprochen."

"Kannst du mich bitte alleine lassen? Ich muss das alles erst einmal verarbeiten. Bitte."

Er nickt mir zu, zieht sich an und verlässt mit dem Satz "Wenn etwas ist ruf mich bitte einfach an.", das Zimmer.

Ich gehe ins Bad. Hoffe, dass ich durch die Dusche einen klaren Kopf bekomme, doch dass das nichts wird hätte ich mir auch denken können.

Ich schlüpfe wieder in meinen Pulli und verkrieche mich unter der Bettdecke. Dort lasse ich meinen Gefühlen freien Lauf und weine, schluchze und schrei in das Kopfkissen.

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Nach drei Stunden greife ich nach meinem Handy, wähle Rubys Kontakt aus und rufe sie an.

"Greta. Bin ich froh.", ihre Stimme ist herzlich wie immer.

"Ruby.", ich beginne wieder zu weinen.

"Wo bist du? Geht es dir gut?"

"Ich bin in einem Hotel. Nein. Kannst du kommen? Ich brauche dich."

"Klar. Schick mir die Adresse ich fahre sofort los."

"Danke du bist die Beste."

"Bis gleich meine Süße."

"Bis gleich."

Wir beenden das Telefonat. Ich schicke ihr schnell die Adresse des Hotels und schreibe ihr meine Zimmernummer dazu.

Außerdem schreibe ich Wincent noch eine Nachricht.

>Hey💓 Ich habe Ruby angerufen, sie kommt mich besuchen. Kommst du bitte wieder zu mir. Ich liebe dich. Lg Greta <

>Bin gleich da Baby.💕<

...

💙💚

Eure Ami👄

Betonherz | Wincent Weiss💘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt