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So trug ich immer die Hefte für ihn und tauschte mit ihm Informationen über E-Mail aus. Leider hieß das auch, dass ich mich mehr mit Bloomsfield unterhalten musste. Die Gespräche zwischen Lancaster und mir blieben jedoch aus. Wir waren in den Alltagsstress verfallen. Schließlich war es Oktober und es wurde immer kälter. Bald würde November sein.

An einem besonders kalten Oktoberabend hatte ich endlich den Schultag geschafft. Sport waren meine letzten Stunden gewesen und noch dazu sehr spät. Es war schon halb sechs. Ich zog meinen Schal enger an mich, denn es nieselte leicht. Ich hatte noch kurz mit Em und Chris auf ihren Bus gewartet und nun wusste ich nicht ganz, was ich machen sollte. Um diese Zeit fuhren fast keine Busse mehr zu mir nachhause. Deswegen würde ich entweder 40 Minuten warten oder zu Fuß gehen müssen. Ich wog die Möglichkeiten ab. Erkältung oder Erkältung? Nach dem Sport war man ja bekanntlich immer schön verschwitzt.

Plötzlich sah ich Lancaster aus dem Lehrereingang kommen. Er spannte einen dunkelgrünen Regenschirm auf und eilte den kleinen Hügel hinab zu den Parkplätzen. Dann war er schon in einem Auto verschwunden. Ich seufzte.

Doch dann geschah etwas Wunderbares. Das Gefährt blieb vor mir stehen und er ließ die Scheibe herab. "Olivia?", rief er aus dem Auto. "Ja?", erwiderte ich. "Worauf wartest du? Auf deine Eltern?"

"Nein, auf bessere Zeiten", murmelte ich.

"Was?"

"Nichts, nichts... Ich warte auf einen Bus... Oder ich gehe nachhause, ich weiß es noch nicht."

"Wo wohnst du leicht?"

"Etwas außerhalb der Stadt, aber in nur einer halben Stunde zu Fuß zu erreichen", erklärte ich verlegen.

Er schien zu überlegen. "Gut, ich könnte dich mitnehmen", meinte er langsam. "Wirklich?", ich freute mich viel zu sehr, doch dann kamen mir böse Gedanken. "Sie verschleppen mich doch nicht?" "Sehe ich so aus?", konterte er. "Na ja... Sie sind mir im Prinzip unbekannt", begründete ich meine Ängste. "Na gut, ich habe eine Idee. Du könntest dir irgendwo meinen Namen raufschreiben?" "Das bringt nicht viel, falls Sie mich zerstückeln oder für immer in Ihrem Keller behalten", lachte ich und öffnete die Autotür.

"Du hast bizarre Gedanken." "Wie Sie meinen...", ich schnallte mich an. Es roch nach Zigaretten im Auto. "Sie rauchen?", fragte ich, als wir losfuhren, auch, wenn es mir bereits klar war. "Na ja... ja", seufzte er. Darauf sagte ich nichts, sondern erklärte nur, wie er zu meinem Haus kam.

Als wir davor stehen blieben, schien er nervös:"Du solltest das lieber keinem sagen, dass ich dich nachhause gebracht habe. Das könnte uns ernsthafte Probleme bereiten. Du weißt, dass ich mich nur um deine Gesundheit gesorgt habe? Die anderen würden es nicht gut aufnehmen und alle würden bald Schlange stehen. ZUrzeit habe ich aber leider keine Zeit, ein Taxi-Unternehmen zu gründen." Ich nickte und bedankte mich, bevor ich aus dem Auto stieg.

Die Blauen Augen meines LehrersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt