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Wie bereits erwähnt, mochte ich seinen Unterricht sehr. Das einzige Problem war nur, dass es mir so vorkam, als wäre ich völlig unsichtbar für ihn. Natürlich wusste er, wer ich war. Ein ganz normaler Schüler - aber das war auch schon alles. Das war mir aber irgendwie nicht genug. Denn andere aus der Klasse kamen bei ihm komischerweise viel besser an. Sie schäkerten mit ihm, führten kurze Konversationen mit ihm nach der Stunde und verstanden sich generell ausgezeichnet mit ihm. Ich war transparent - jedenfalls so gut wie, denn das Einzige, was für ihn zählte, waren meine Leistungen.

In der Tat fühlte ich mich regelrecht hin und her gerissen. Auf der einen Seite kam ich mir sehr komisch vor... So zu reagieren, sah mir nicht ähnlich und war äußerst verstörend. Auf der anderen Seite konnte ich nicht damit aufhören. Die Mitschüler, die sich gut mit ihm verstanden, wurden mir total unsympathisch. Natürlich war das nicht gerechtfertigt, aber ich konnte meine Emotionen in diesem Punkt überhaupt nicht kontrollieren.

Und auf einmal ging es mir bei fast allem so. Plötzlich fühlte ich mich unbeliebt. Ich hatte nur zwei Freunde, war das wirklich okay? Meine Geschwister hatten so viele mehr. Auf der Toilette erhaschte ich ein Gespräch zwischen zwei meiner Mitschüler. Sie redeten über Christina und mich. "Findest du es nicht auch eigenartig, dass Emma mit den beiden befreundet ist? Sie ist richtig lustig, aber die zwei arge Spaßbremsen." Das stimmte.

"Schon... Ist aber wahrscheinlich ihre Sache, oder?" Das stimmte auch.

"Na ja, wie du meinst. Trotzdem könnte ich mit denen nie was anfangen. Chris ist die ganze Zeit nur auf ihr blödes Lernen konzentriert. Irgendwann wird sie bemerken, dass sie ihre Jugend damit verbracht hat, unnötiges Zeug auswendig zu lernen."

"Aber sowas von..."

"Und Olivia? Eigentlich habe ich keine Ahnung, was ihr Problem ist..."

"Ja, oder? Sie ist einfach nur komisch."

"Langeweile pur", mit diesen Worten rauschten sie ab. Seufzend öffnete ich die Tür der Toilette. Ich war also langweilig und weiter nichts. Das waren alles nicht nette Sachen gewesen, aber ich wusste, dass es nur Tratsch war und nichts Ernstes. Sowas kam vor, auch bei uns dreien. Trotzdem nagte es an mir. Chris hatte wenigstens etwas, das sie definierte. Doch ich? Ich war schüchtern und langweilig. Wow. Bravo, Olivia. Du hast es echt zu etwas gebracht.

Ich schüttelte den Kopf. Sowas durfte mich nicht runterbringen.

Die Blauen Augen meines LehrersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt