Auf der Lichtung herrschte seltsamerweise eine gespenstische Stille. Der Halbmond schien auf das blutüberströmte Gras. Alle Augen in den Distrikten und im Kapitol waren nun schon die ganze Zeit über auf uns gerichtet, auf den nahenden Kampf, der versprach blutig zu werden.
Ich ging auf die Gestalt zu, die vor mir am Boden kauerte. Wütend ballte ich die Fäuste, als ich erkannte, um wen es sich handelte. Nadine sah flehentlich zu mir auf. Ihr linkes Handgelenk war merkwürdig verdreht, und ihre Kleidung hatte Blutflecken. „Eva, hilf mir! Bitte! Flash hat mich gezwungen, bei den Karrieros mitzumachen! Ich wollte Leon nichts tun, wirklich, das schwöre ich! Hilf mir, dann sag ich dir, wo er ist!" Ich blickte auf sie herab, wollte schon zustimmen, und ihr helfen, doch dann fiel mir ein, wie sie nach den Karrieros gerufen hatte, als wir fliehen wollten. Sie hatte es, wie die restlichen Karrieros, immer nur darauf abgesehen, Schwache, wie mich und Leon in ihren Augen, zu töten. Sie war verwundet, doch ich schuldetet ihr nichts. Ich sah sie kalt an. „Wieso sollte ich das tun? Denkst du ernsthaft, ich glaube dir, wenn du sagst, du weißt, wo Leon ist?" „Aber ich weiß es!", kreischte sie hysterisch. Ihre Augen funkelten. „Er ist tot!" „Nein.", flüsterte ich. Das konnte nicht sein. „Mona hat ihn umgebracht, ich habe es gesehen!" Mona hatte zwar damit gedroht, doch es klang so, als wäre das bloß eine Methode, mich aufzuhalten. „Nein!", rief ich lauter und packte sie hart am Arm. „Wo ist er? Wo ist Emilia? Rede!" Ich war so wütend, auf sie, auf die Karrieros, auf das Kapitol, wegen dem wir alle hier waren und kämpfen oder sterben mussten. Nadine biss die Zähne zusammen und schwieg. Ich ließ sie los, da ich wusste, so verletzt wie sie war, würde sie nicht fliehen können, und rannte zu unserem Lager. Sollte sie doch sterben.
Wenn Leon oder Emilia noch Kraft hätten, würden sie hierher kommen, das wusste ich. Ich sah wild um mich, und erhaschte einen Blick auf einen Tribut, der zwischen zwei Büschen kauerte. „Leon.", sagte ich erleichtert. Noch nie war ich so froh gewesen, ihn zu sehen. Er hob den Kopf und seine Miene erhellte sich, als ich auf ihn zulief. Doch in der nächsten Sekunde spiegelte sich Entsetzen in seinen Augen wieder. „Eva, dreh dich...." Weiter kam er nicht. Etwas scharfes berührte meine Wunde an der Schulter, der Schnitt, den ich immer so gut verarztete hatte, damit er sich nicht entzündete, klaffte auf und schmerzte höllisch. Eine kraftvolle Hand packte mich hart und riss mich zu Boden. Es war Alex, dessen Miene sich in eine hungrige, nach Mord gierende Fratze verwandelt hatte. „Stirb! Stirb!", rief er wie von Sinnen und als ich seinen Speer sah, den er aus seinem Gürtel zog, schoss mir die Angst in den Körper. Ich trat, schlug, biss und kratzte nach meinem Gegner, doch er war doppelt so stark und mehr als einen Kopf größer als ich. Er drückte mich zu Boden und ich sah auf die Messerspitze, die langsam immer näher kam. Ich fühlte, wie er darauf brannte, sich Flash zu beweisen, indem er mich vor Leon's Augen tötete. Ich schloss die Augen und hörte zitternd auf, mich zu wehren. Es würde Alex' Blutgier nur noch mehr nützen. Plötzlich taumelte Alex einige Schrotte nach hinten und wich Leon aus, der sich an ihn herangepirscht hatte.
Zum ersten Mal sah ich Leon richtig kämpfen. Anders als im Training, wo alles nur Spielerei war. Sein Blick zeigte die Entschlossenheit, mit der er mir immer wieder versprochen hatte, uns hier raus zu bringen. Er verpasste Alex nur leichte Wunden, doch schaffte es, beinahe jeden Angriff abzuwehren. Er drehte sich, sprang, als die Waffenspitze auf seine Beine zielte, und duckte sich, als die Metallklinge auf seinen Hals zu schnellte. Er verpasste seinem Gegner einen Schlag ins Gesicht, aber Alex wischte sich über die frisch blutende Nase und hob sein Schwert zum Angriff. Es fuhr durch die Luft und sauste auf Leon nieder. Er schrie auf, rappelte sich jedoch hoch und stellte Alexander ein Bein, sodass sein Gegner mit dem Rücken auf den Boden fiel. Genau diesen Trick hatte er auch beim Training angewendet. Alex fiel nach hinten, und Leon hielt ihn dort unten fest. Mein Pfeil zitterte in meinen Armen, doch ich kam nicht dazu, abzuschießen. Eine Kanone ertönte, die Bilder der Gefallenen erschienen. Nadine war tot, vermutlich war sie von Flash umgebracht worden, da sie es nicht geschafft hatte, mich auf ihre Seite zu ziehen. Ich kannte Flash nun gut genug, um zu wissen, dass er Rache an allem wollte, das seinen Plan zu gewinnen, störte.
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Endless Hope ~ Die 36. Arenaspiele
FanfictionAls die 14-jährige Eva für die alljährlichen Spiele, die jedes Jahr in Panem von dem dort herrschenden Kapitol befehligt werden, ausgelost wird, ist ihr klar, dass sie nicht den Hauch einer Chance hat, in der Arena zu überleben. Oder etwa doch? Geme...