Mehrere Kilometer entfernt, in einem makellos wirkenden, hell erleuchteten Raum stand ein großer, elegant gekleideter Mann und sah nachdenklich aus seinem Fenster in die majestätische, prächtige Stadt. Doch seine Augen schweiften nicht über die hochragenden Hochhäuser, dessen Spitzen sich in den Wolken wiederfanden, ihn beschäftigten ganz andere Dinge.
Ich fuhr mir durch die schwarzen Haare und seufzte. Die Spiele dauerten schon viel zu lange. Immer wieder hatte ich versucht mit den Spielmachern zu reden, zu handeln, sie zu überzeugen, doch obwohl mein Einfluss in Panem groß war, verfolgten die Spielmacher nur ihre Befehle. Und Präsident Blake hatte nur darüber gelacht, als ich ihm den Vorschlag unterbreitete, die Spiele jetzt schon zu beenden. Grimmig erinnerte ich mich daran, wie der hohe Präsident vor sich hin gejauchzt und mir Rotwein aus einer Flasche angeboten hatte, der meinen überanstrengten Hirnzellen eine Pause gönnen sollten. Doch ich konnte nicht wirklich darüber lachen. Klar, für Blake waren die jährlichen Wettkämpfe ein wahres Spiel, ein Spektakel im Fernsehen, in dem es um Sieg und Verlust ging. Doch der einzig wahre Sieger dabei war er, und das wusste Blake. Er würde auch nicht aufhören, die Spiele zu veranstalten, er hatte Spaß dabei, also würde er die Arenaspiele in den kommenden Jahren noch brutaler, noch härter und noch tödlicher zuschlagen.
Plötzlich öffnete sich die Tür hinter mir und ein kleiner Kopf sah in mein Arbeitszimmer. „Sir, könnten Sie vielleicht kurz in den Kontrolltraum kommen?", fragte mich eine leise, respektvolle Stimme. Die Stimme gehörte dem Avox-Mädchen Cleo, dass Eva und Leon vor dem Beginn der Spiele versorgt hatte. Ich nickte und lächelte sie an. „Sicher. Worum geht's denn?" „Der Präsident wünscht mit Ihnen zu sprechen. Sofort." Sie verschwand wieder und ich ging durch die Tür in den Kontrollraum, wo die Spielmacher rund um die Uhr arbeiteten. Jeder nickte mir grüßend zu, was ich stumm erwiderte und mich umsah. Ich konnte unverkennbar etwas Ratlosigkeit auf ihren Gesichtern sehen, vermischt mit gieriger Vorfreude. Offenbar hatte sie wieder die perfekte Gelegenheit für einen spektakulären Tod geboten, und jetzt feilten sie an den Ideen, sie auszunutzen.
Jeder von ihnen hatte ein Bild an seinem Schirm. Ein kurzer Blick darauf genügte, und schon wusste ich, dass Gefahr drohte. „Jack. Gut, dass Sie da sind." Ich drehte mich um und erkannte Präsident Blake, der eben gekommen war. Die Ausgangsquelle der Gefahr, wie Eva jetzt sagen würde.
„Sie wollten mich sprechen?", fragte ich. Im Gegensatz zu den anderen Mentoren hatte ich eine sehr gute Verbindung zu Blake, wir waren keinesfalls Freunde, aber er sah mich auf einem erhöhten Platz unter ihm. Immer wieder hatte ich es geschafft, meine Tribute -oder zumindest einen von ihnen- den Sieg näher zu bringen, da ich mir in meinem Job Redegewandtheit und Geschick zugelegt hatte, sodass der Präsident oft zweimal überlegte, bis er Tribute wirklich tötete.
In meinen Spielen, in denen ich Sieger wurde, hatte er uns persönlich Tipps in der Arena zugespielt. Einige waren lebensrettend, andere einfach nur eine geöffnete Falle. Ich entschied mich ein einziges Mal, seinen Rat, nicht in die Schlucht zu springen, nicht zu befolgen. Seine Worte waren, wenn ich dies täte, wäre es schade um so einen guten Tributen. Ich setzte also alles aufs Spiel und sprang in die gähnende, schwarze Öffnung der Schlucht. Gleich darauf war eine so gewaltige Druckwelle da gewesen, die alle Tribute im Umkreis, die über mir waren, in Fetzten gerissen hatte.
Bei meiner Siegesfeier gratulierte mir der Präsident mit einem anerkennenden Blick und den Worten, dass ich genau gewusst hatte, wie sein kleines Spielchen funktionierte. Ich lachte zustimmend, um die Erinnerung auszublenden, welche Todesangst ich in diesem Moment ausgestanden hatte.
Er nickte und bot mir einen Platz auf einem der weißen blitzblanken Sessel an, die im Raum standen. „Nun, können Sie sich denken, über was ich mit Ihnen reden möchte?" Ich nickte wortlos. „Ihre zwei Tribute sind mir schon bei der Eröffnungsfeier ins Auge gestochen. Ihre Stylistinnen haben wirklich ganze Arbeit geleistet, und Sie natürlich auch, Jack. Als Mentor haben sie mich nicht enttäuscht. Leon und Eva sind ausgezeichnete Tribute, die sich ihre Punktezahlen wahrlich verdient haben." Das ungute Gefühl in mir wurde immer stärker und drückte meinen Magen enger zusammen.
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Endless Hope ~ Die 36. Arenaspiele
FanfictionAls die 14-jährige Eva für die alljährlichen Spiele, die jedes Jahr in Panem von dem dort herrschenden Kapitol befehligt werden, ausgelost wird, ist ihr klar, dass sie nicht den Hauch einer Chance hat, in der Arena zu überleben. Oder etwa doch? Geme...