Am Dienstag weckte mich Mozart, indem er über mein Gesicht leckte. Keine Ahnung wie er in mein Zimmer kam, aber ihm trau ich alles zu, sogar, dass er die Türen öffnen konnte. „Mozart hör auf!", lachte ich. Der Berner Sennenhund sah einfach viel zu süß aus, als dass man lange auf ihn sauer sein konnte. Aber er hörte zum Glück auf. „Danke, jetzt muss ich erst recht duschen!", beschwerte ich mich bei dem Hund, musste aber sofort anfangen zu lachen. Schnell suchte ich die hellblaue Jeans und ein lockeres schwarzes T-Shirt aus dem Schrank und ging damit in das Bad nebenan. Ich zögerte kurz, als ich mich in Spiegel sah. Es war genauso, wie wenn ich einer Fremden in die Augen starren würde. Nur dass ich die Fremde bin. Die Narben übersäten die ganze rechte Seite von meinem Oberkörper. Dieser Unfall hat nicht nur mein Aussehen verändert, sondern mein ganzes Leben. Man hat mir gesagt, dass unser ganzes Haus abgebrannt ist und ich gerade noch rechtzeitig daraus gerettet wurde. Seit dem kann ich mich an nichts aus meiner Vergangenheit erinnern. Ich weiß nicht, wer ich war, wer meine Freunde waren. Den Kontakt zu Freunden hatte mit meine Mutter indirekt verboten, aber wie sollte ich den denn jetzt noch herstellen, wenn sie mir deren Nummern nicht gibt? Vielleicht ist das auch gut. Vielleicht war ich gar nicht glücklich gewesen. Meine Mutter erzählt mir so gut wie nichts. Das ganze überlegen bringt nichts, ich werde die Wahrheit über mich bestimmt nie herausfinden. Jetzt musste ich erst einmal den Tag herum bekommen. Ich war eindeutig aufgeregt, aber gleichzeitig auch total motiviert. Nach 10 Minuten war ich fertig und ging in die Küche, wo mich Lydia und meine Mutter schon erwarteten.
„Na, Sonnenschein, gut geschlafen?", begrüßte mich meine Mutter.
„Ja" Wie konnte man so früh, so gut drauf sein?
„Was willst du essen? Müsli, oder Brot, oder Kuchen", bot mir Lydia an.
„Ähm... nein danke", lehnte ich ab, denn ich esse eigentlich in letzter Zeit nie etwas zum Frühstück, dann sah ich aber ein paar Äpfel, „Kann ich vielleicht einen Apfel haben?"
„Du musst doch was gescheites essen", sagte Lydia besorgt.
„Sie isst nie was in der Früh. Das passt schon", lachte meine Mutter. Das war in der letzten Woche echt selten, dass sie um diese Uhrzeit so gut gelaunt war.
„Wenn du meinst. Und für die Schule? Käse, Schinken, Salami? Apfel oder Birne?"
„Käse und Apfel bitte. Ich kann mir das auch selber machen", sagte ich, während ich in den Apfel biss.
„Nein, nein mach du dich in Ruhe fertig ich mach das schon." Wenn sie das unbedingt machen wollte, hielt ich sie nicht davon ab. Ich blieb noch kurz sitzen, dann ging ich wieder nach oben und machte mich fertig. Zum Glück waren meine Cousinen einen Stock weiter unten, sonst wäre das ziemlich eng geworden. Um 7uhr war ich dann komplett fertig. Mit meinem Rucksack und einer beigen Strickjacke bewaffnet ging ich wieder herunter. Natürlich war noch niemand anderes fertig. Ich steckte noch die Brotzeitdose, die Lydia für mich gemacht hatte, und eine Flasche Wasser in meinen Rucksack. Dann wartete ich in der Küche bis endlich jeder bereit war. Um halb acht fuhren wir dann mir Lydias Auto. Mit jedem Kilometer, mit dem wir näher an die Schule kamen wurde ich aufgeregter. Gestern waren meine Mutter und ich schon dort und haben die letzten Formalien geklärt. Der erste Eindruck war ganz ok gewesen, aber es wird um einiges anders sein heute. Zum Glück ist heute erst einmal eine Vollversammlung, wo wir noch einmal alles Wichtige für die Oberstufe gesagt bekommen. 11. Klasse. Ich bin echt schon wirklich alt. Hoffentlich find ich bald irgendwen, damit ich nicht immer allein und planlos rum stehe. Auf Julia kann ich mich da sicher nicht verlassen. Abwarten. Vielleicht ergibt sich ja noch etwas. Hoffentlich. Nach ungefähr 10 Minuten Fahrt, waren wir schon da. Leider, denn jetzt wurde ich noch aufgeregter. Ich will mit allen Mitteln verhindern, dass irgendjemand mitbekommt, dass ich mich an nichts aus meiner Vergangenheit erinnern kann. Die letzten Tage hatte das so einigermaßen geklappt. Wie soll ich mich mit irgendwem anfreunden, wenn ich keine Ahnung hab wer ich bin? Samantha Walker, 16, ursprünglich aus den USA, jetzt so ein keines Kaff, wo ich den Namen eh schon wieder vergessen hab und früher hab ich Fußball und Geige gespielt und ich hab geritten, ging ich in Gedanken alle Informationen über mich durch, die mir meine Mutter verraten hatte. Hoffentlich geht alles gut! Julia ging sofort, ohne auf mich zu warten, zu dem Schulgebäude. Ich hatte auch ehrlich gesagt nichts anderes erwartet. Immerhin wartete Mia auf mich. „Schon aufgeregt?", fragte sie mich gleich.
„Sieht man mir das so an?"
„Ja! Irgendwie schon... Das brauchst du aber nicht, die meisten Lehrer sind echt richtig cool und ich glaub die anderen in eurem Jahrgang sind auch echt nett. Zumindest so wie ich das immer mitbekomme. Und einige Jungs sind echt heiß!", schwärmte sie.
„Naja... wenigstens etwas."
„Bist du immer so pessimistisch? Wie haben das deine Freunde nur mit dir ausgehalten", lachte sie, als wir das Hauptgebäude betraten.
„Keine Ahnung. Wo muss ich eigentlich nachher hin, wenn ich die Bücher holen muss?"
„Einfach die Treppe nach unten in den Keller... Boa ernsthaft?! Den Langer?!", meckerte Mia, als sie auf die Klassenliste, die im Gebäude aushing, schaute.
„Ich dachte alle Lehrer sind nett?", erinnerte ich sie.
„Ich hab gesagt die meisten, nicht alle", lachte sie wieder.
„Hey Mia!" 3 jüngere Mädchen in Mias Alter kamen auf uns zu. Ich vermutete das waren ihre Freundinnen.
„Ich geh dann mal, bis später!", verabschiedete ich mich von ihr und schaute aufeinen Plan, wo dieser Mehrzweckraum ist.
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Memories
Teen FictionEs ist schon komisch, man schaut in den Spiegel und ein wildfremdes Mädchen starrt dich an. So geht es mir. Ich kann mich an nichts erinnern was in der Vergangenheit war. An nichts! Ich wünsche mir so sehr, mehr über mich und mein Leben und meine F...