Kapitel 6

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Um 18 Uhr ist meine Mutter immer noch nicht gekommen, deshalb beschloss ich sie anzurufen, denn ich wusste ja nicht einmal wann die kommen und fertig machen musste ich mich ja auch noch. Nach einer Minute sprang aber die Mailbox an. Dann kam fast sofort eine Nachricht von ihr: Rufe gleich zurück. Hoffentlich bald. Was soll ich heute Abend anziehen? Was machen wir überhaupt? Einen Spieleabend, gehen wir irgendwohin essen, zum Inder? Eine große Auswahl bot mein Kleiderschrank nicht, vor allem nicht wenn wir in ein schickes Restaurant gehen. Ich muss eindeutig shoppen gehen. Aber was hatte ich früher immer an? In Fotoalben konnte ich nicht schauen, weil die alle verbrannt sind und auf dem Handy waren kaum Bilder, vor allem keine von mir oder irgendwem anderes. Es interessiert mich einfach plötzlich wieder alles aus meinem früheren Leben. Warum wir so schnell abgereist sind. Wer meine Freunde waren. Was ich gemacht hatte. Wie wir gelebt hatten und vor allem wer mein Vater ist. Durch meine Mutter komme ich an keine Informationen und ich hatte ja auch keine Kontakte von ehemaligen Freunden. Vielleicht über das Internet? Facebook? Ich kann mich mal anmelden. Aber wenn müssen mich meine Freunde finden, denn ich kann schlecht alle Bewohner von Hawaii anschreiben. Wenn ich richtige Freunde hatte, müssten die mich doch vielleicht suchen? Ein Versuch ist es wert. Inzwischen hatte ich sogar WLAN. Also dauerte es nicht lange bis ich mir die App heruntergeladen hatte und mich angemeldet hatte. Zuerst suchte ich mich selber. Erstaunlich wie viele Samantha Walker es gibt. Walker ist aber auch ein sehr häufiger Name. Aber ich fand kein Profil, welches von mir sein könnte. Mindestens eine halbe Stunde schaute ich mir fast jedes Profil an, ohne, dass mich ein Anruf unterbrach. Frustriert warf ich das Handy auf den Boden, wobei es leider nicht kaputt ging. Immerhin werde ich an Weihnachten ein neues bekommen. Ich weiß nicht genau wie lange ich auf meinem Bett lag, aber irgendwann bin ich eingeschlafen. Erschrocken fuhr ich hoch, als das Handy mich aufweckte.

„Mama?", fragte ich verschlafen, als ich den Anruf annahm.

„Ja, warum hast du angerufen? Ich war in einer wichtigen Besprechung und konnte nicht dran gehen."

„Ach so. Wann kommst du heim?"

„In fünf Minuten fahr ich los. Warum fragst du?"

„Naja, wegen deinem Besuch. Wann kommt Michael?"

„Deswegen, ok. Es kommt nicht nur Michael, Max kommt auch mit. Sie kommen gehen halb acht."

„Und Lilli nicht? Äh... du meinst in einer halben Stunde?!" Ich sprang erschrocken auf.

„Ne, die muss ja morgen wieder in die Schule."

„Ich und Max auch! Du hättest mich wenigstens vorwarnen können, dass Max da auf die Schule geht!", motzte ich.

„Ach ihr seid ja schon groß! Ich dachte du freust dich."

„Nein! Du hast keine Ahnung!"

„Ach Sam, reg dich doch nicht auf. Genieß einfach den heutigen Abend. Ihr habt euch doch so gut verstanden. Wir gehen übrigens dann essen. Zeih dich bitte schick an. Frag Julia vielleicht ob du was von ihr ausleihen kannst, wenn du nichts findest."

„Wie soll ich den Abend genießen, wenn ich immer befürchten muss, dass mich irgendwer was fragt von Hawaii oder sonst was. Woher soll ich das wissen? Du erzählst mir ja nichts", warf ich ihr vor.

„Das wird schon alles gut gehen, notfalls erzählen wir, dass du dich an nichts erinnerst..."

„Du erzählst das niemand! Wenn, dann ich!" Ich bemühte mich, sie nicht zu laut anzuschreien.

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