Sam POV
Nein! Nein! Nein!!! Scheiße! Das konnte nicht wahr sein. Das durfte einfach nicht wahr sein! Was machten Max und Felix vor meiner Tür? Was machten sie in meinem Haus? Was wollten sie von mir? Warum waren sie hier? Sie durften mich nicht sehen. Nicht so. Das konnte einfach nicht sein. Hatte ich jetzt schon Halluzinationen? Nein, meinen Verstand hatte ich noch nicht verloren. Vor meiner Tür standen wirklich Max und Felix! Da war ich mir sicher. Aber wie konnte meine Mutter die beiden nur zu meinem Zimmer lassen? Heute Morgen hatte sie nur erzählt, dass Michael gegen Nachmittag vorbeischauen wird. Ich hatte es nur mit einem Nicken zur Kenntnis genommen, mehr nicht. Aber es war nie die Rede von Max, geschweige denn Felix. Jetzt standen beide einfach vor meiner Tür. Scheiße nein! Wieso tat mir das meine Mutter nur an? Sie hätte mich vorwarnen müssen. Wenigstens hätte sie die beiden zu mir begleiten müssen. Dann hätte ich meine Wut bei meiner Mutter rauslassen können, und ich hätte die Tür nicht vor meinen Freunden zugeschlagen. Wie konnte ich das nur tun? Es waren meine Freunde! Ich ging schnell zu meinem Fenster und schaute hinaus. Der schwarze Audi von Michael stand in der Einfahrt. Sie waren wirklich da. Sollte ich mich freuen, dass ich nicht verrückt werde? Nein. Scheiße! Sie waren da. Vielleicht wäre es in dem Fall doch besser gewesen, den Verstand zu verlieren? Scheiße! Was sollte ich tun? So wie ich sie kenne werden sie nicht gehen, ohne mit mir zu reden. Reden war genau das, was ich nicht möchte. Ich wollte einfach nur allein sein. Ich konnte ihnen nicht die Wahrheit sagen. Ich konnte es einfach nicht. Ich habe Angst. Pure Angst. Angst meine Freunde zu verlieren, sie zumindest zu verletzen. Ich habe einfach nur Angst. Warum konnte ich ihnen nicht einfach egal sein? Sie kannten mich doch überhaupt nicht! Ich war doch noch fast eine Fremde für sie. Scheiße! Was sollte ich nur machen? Verzweifelt stützte ich mich auf das Fensterbrett und vergrub meinen Kopf in die Hände. Da kamen sie auch schon wieder. Die Tränen. Ich werde es Max und Felix erklären müssen. Sie werden Fragen stellen. Und dann wird alles vorbei sein. Unsere Freundschaft wird zerstört. Ich kann es ihnen nicht sagen. Ich kann es nicht. Jeder wird denken ich bin ein Freak. Und das mit Felix? Das wird dann auch vorbei sein, noch bevor da irgendwas angefangen hat! Scheiße!
„Sam. Du kannst nicht einfach über zwei Wochen fehlen. Mich die ganze Zeit mit dem Langer allein lassen. Unsere ganzen Nachrichten ignorieren und uns jetzt die Tür vor der Nase zuschlagen. Das geht nicht! Weißt du eigentlich wie viele Sorgen wir uns alle gemacht haben? Du hättest wenigstens mal eine Nachricht schreiben können...", Felix hielt kurz inne, „Sag mal, weinst du, Sam?". Er hatte die Tür aufgerissen und kam auf mich zu, während er das sagte. Seine Stimme klang fast schon wütend. Das wollte ich doch nicht! Egal was ich mache, ich mache es falsch. Er hatte recht. Wenigstens eine Nachricht hätte gereicht. Eine einzige Nachricht hätte gereicht. Ich war einfach so sehr mit mir selbst beschäftigt, dass ich alles andere vergaß. Ich habe meine Freunde vergessen! Scheiße. Felix stand jetzt kurz hinter mir. Ich hörte auch, dass Max ebenfalls auf mich zu kam. Schnell wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, atmete einmal tief durch und drehte mich dann zu ihnen um. Ich versuchte sie anzulächeln, aber ich erzielte eher das Gegenteil. Es kamen mir wieder Tränen, die ich mit aller Macht versuchte zurückzuhalten.
„Sam?", fragte Felix jetzt sehr verunsichert. Dabei kam er einen Schritt näher, doch ich wich ungewollt zurück und drückte mich gegen das Fensterbrett.
„Sollen wir wieder gehen? Sorry, dass wir dich einfach so überfallen... wir haben uns nur solche Sorgen gemacht. Wir wussten ja nicht was los ist. Es tut uns leid." Auch Max wirkte sehr eingeschüchtert. Ich glaubte, sie hatten mit allem gerechnet, nur nicht damit. Ich atmete einmal tief durch und sammelte mich. Dann ging ich an ihnen vorbei, schloss die Tür und setzte mich auf mein Bett. Meine folgenden Worte überraschten selbst mich sehr: „Nein. Bleibt. Ich kann mich nicht ewig verstecken. Und ihr habt ja Recht. Ich hätte mich melden sollen. Entschuldigt euch nicht. Ich bin diejenige, die sich entschuldigen muss. Es tut mir leid." Mir fiel es schwer sie anzuschauen, deswegen beobachtete ich meine nervösen Finger, die an meiner Bettdecke herumspielten. Das Zittern fiel mir schon gar nicht mehr auf. In den letzten Tagen hatte ich mich schon zu sehr daran gewöhnt. Max setzte sich mir gegenüber und legte beruhigend seine Hand auf meine. Ich blickte auf und sofort stiegen mir Tränen in die Augen. Das erste Mal habe ich das Gefühl, dass ich nicht allein bin. Neben der ganzen Trauer, Verzweiflung und Panik taucht ein kleiner Tropfen Hoffnung auf. Die Hoffnung, dass alles wieder gut wird, egal ob ich mich erinnern kann oder nicht. Ich bin nicht allein. Dieses Gefühl überrollte mich wie eine Welle. Max öffnete seine Arme und lächelte mich an. Dankend umarmte ich ihn und sofort liefen die Tränen meine Wangen herunter. Ich bin nicht allein. Es überraschte mich, dass ausgerechnet Max die Person war, die mir dieses Gefühl gab. Eigentlich war er ein Fremder. Wir kannten uns nur so eine kurze Zeit und trotzdem war er mir schon so wichtig. Anscheinend war das auch umgekehrt so. Am Anfang mochte ich ihn nicht mal wirklich und jetzt gibt er mir Sicherheit. Ich bin nicht allein. Egal was kommt, Max wird mich nicht allein lassen. Felix auch nicht. Er hatte sich Sorgen um mich gemacht. Eigentlich war das ziemlich süß, genauso wie sein kleiner Wutausbruch. Aber hatte ich ihn verletzt? Ich hoffte es nicht. Felix ist mir so wichtig. Ich verharrte eine gefühlte Ewigkeit in Max' Armen. Dabei strich er mit der Hand meinen Rücken. Es tat einfach gut, dass er da war und dass er einfach nicht losließ. Ich bin nicht allein. So langsam beruhigte ich mich wieder und löste mich von Max. Schnell wischte ich mir die letzten Tränen aus den Augen. Ich bemerkte eine kleine nasse Stelle auf der Schulter von Max. Oh nein... wie peinlich... Vielleicht bemerkte er es nicht. Hoffentlich. Ich lächelte Max an. Dieses Mal schaffte ich es sogar, und es fühlte sich echt an. Ich hoffe er deutet es als ein Danke. Dann schaute ich zu Felix. Er stand am Fenster und schaute hinaus, dabei stützte er sich auf dem Fensterbrett ab. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen. Ich ging zu ihm und stellte mich neben ihn. „Sorry." Das war das einzige, was ich gerade herausbrachte. Ich traute mich auch nicht ihn anzuschauen, deswegen starrte ich hinaus in den Hof. Trotzdem bemerkte ich, dass Felix mich anschaute. Vorsichtig legte er seinen Arm um mich, zog mich aber nicht weiter zu sich. Diesen Schritt ging aber ich. Ich lehnte mich an ihn. Wenige Sekunden später lag ich ganz in seinen Armen. Er roch so unglaublich gut... ich legte meinen Kopf an seinen Oberkörper. „Es tut mir so leid", flüsterte ich leise, „Es tut mir leid!" Es tut so gut. Dieser Moment soll nie enden. Erst jetzt wurde mir bewusst wie sehr ich Felix vermisst hatte. Er ist mir so wichtig. Wichtiger als ein normaler Freund. In seiner Umarmung fühle ich mich geborgen und unendlich sicher. Ich will ihn nicht mehr loslassen. Auch er machte keine Anstalten diese Umarmung so schnell zu beenden. Seine Hand streichelte über meinen Rücken. Mit der anderen fuhr er mir durch meine Haare. „Sam, egal was ist wir sind für dich da. Immer", sagte er leise zu mir, sodass nur ich es hören konnte. Langsam schaute ich zu seinem Gesicht hinauf. Dabei musste ich mich jedoch etwas von ihm lösen. Zum Glück hielt er mich immer noch fest. Sofort vermisste ich seine Wärme und Nähe. Einen kurzen Augenblick blieb mein Blick an seinen Lippen hängen. Wäre das eine Liebesschnulze, würden wir uns jetzt küssen, schoss es mir durch den Kopf. Aber das ist kein Film. Das ist das Leben. Wie konnte ich jetzt auch nur an einen Kuss denken? Ich bin kein gefühlsgesteuertes Mädchen. Jetzt war nicht der richtige Augenblick für solche Gedanken. Sofort glitt mein Blick weiter hinauf zu seinen wunderschönen grünen Augen. Warum musste er nur so gut aussehen? Das ist doch gemein! Ich lächelte ihn an. „Danke", flüsterte ich zu ihm.
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Memories
Teen FictionEs ist schon komisch, man schaut in den Spiegel und ein wildfremdes Mädchen starrt dich an. So geht es mir. Ich kann mich an nichts erinnern was in der Vergangenheit war. An nichts! Ich wünsche mir so sehr, mehr über mich und mein Leben und meine F...