Memories

Kapitel 5

Es dauerte etwas, bis ich den Mehrzweckraum gefunden hatte, aber es war noch kaum jemand da. Aber da ich nicht wusste, wohin ich sonst gehen sollte setzte ich mich auf die Treppe und schaute auf mein Handy. Ich hatte eine SMS von meiner Mutter. Hey Haukea (weißer Schnee)! Ich wünsche dir noch einen schönen Start in das Schuljahr! Aloha oe (Gruß)! Oh Gott wie peinlich! Schnell steckte ich mein Handy weg. So langsam füllt sich der Gang. Und zischen den viele unbekannten Gesichtern erkannte ich plötzlich einen Jungen. Niemand anderes wie Max. Schnell schaute ich weg, damit er mich nicht erkennt. Fuck, ich hatte ihn ja ganz vergessen! Warum bin ich ausgerechnet auf seiner Schule. Wie wahrscheinlich ist das denn? Und dann ist der auch noch in meiner Jahrgangsstufe! Sicher ist er sauer weil ich ihm nicht geschrieben habe, aber ich hatte ja noch kein WLAN... Hoffentlich bemerkt er mich gar nicht, oder erkennt mich nicht mehr. Um 8 Uhr kam dann der Lehrer und alle strömten und den großen Raum. Ich setzte mich in die letzte Reihe, damit mich nicht jeder sofort bemerkte. Irgendwann setzte sich eine Gruppe Jungs neben mich. Reflexartig ließ ich meine Haare in mein Gesicht fallen, da ich befürchtete, dass Max dort saß. Als mich niemand ansprach entspannte ich mich wieder.

„Herzlich Willkommen im neuen Schuljahr!", begrüßte uns unser Oberstufenkoordinator, „Besonders begrüße ich diejenigen, die neu ans Camerloher gekommen sind. Unsere Austauschschüler aus Argentinien und Frankreich, alle, die aus dem Ausland wieder zurückgekehrt sind oder von dort kommen", dabei schaute er direkt in meine Richtung und gut die Hälfte drehte sich nach mir um. Zum Glück sah ich Max nicht. Aber dafür Julia, die neben ihrem Freund saß und mich abwertend musterte. „Und vor allem begrüße ich die Schüler und Schülerinnen aus dem nahen Ausland, den Josef-Hofmilller-Gymnasium." Jeder lachte. Dann fuhr er mit ganz viel unwichtigen Zeug fort, wobei ich aber kaum zuhörte, da er mir gestern genau dasselbe gesagt hatte. In der Pause lief ich auf dem Gelände herum und erkundete meine neue Schule. Die war eindeutig größer, als ich erwartete hatte.

„Na, hast du dich verlaufen?" Bei dem Klang von Max Stimme zuckte ich leicht zusammen, drehte mich aber schnell zu ihm um.

„Hi."

„Ich wusste gar nicht, dass du hier auf die Schule gehst? Bist du vom JoHo?" Was war denn bitte ein JoHo? 

„Äh nein. Warum fragst du?", fragte ich leicht genervt, keine Ahnung warum. Es tat mir auch irgendwie Leid.

„Ähm nur so, ich hab dich hier ja noch nicht gesehen. Warum hast du noch nicht geantwortet?", wechselte er sofort das Thema.

„Ich hatte paar Probleme mit dem WLAN, das funktionierte irgendwie nicht...Ist bisschen kompliziert irgendwie", versuchte ich ihm zu erklären.

„Ach so, wir werden uns jetzt auf jeden Fall öfter begegnen. Jetzt sollten wir wieder zurückgehen, der Neumann reagiert allergisch, wenn jemand zu spät kommt." Zusammen gingen wir zurück. Max saß erstaunlicherweise nur eine Reihe vor mir. Eigentlich hätte ich ihn doch vorher sehen müssen. Aber von hinten sehen sich viele Jungs sehr ähnlich. Bevor er zu seinem Platz ging, sagte er noch: „Bis heute Abend!" Was meinte er damit? Ich hatte heute nicht vor mich mit ihm zu treffen und er hatte das eindeutig nicht erfreut gesagt. Aber er hatte sich schon umgedreht, als ich nachfragen konnte. Spätestens heute Abend werde ich das wissen. Wehe meine Mutter hat was damit zu tun! Herr Neumann redete den Rest des Vormittags und wir bekamen noch unseren Stundenplan. Die Abkürzung lang, ließ mich darauf schließen, dass ich genau wir Mia Herr Langer in Mathe habe. Vielleicht kann mir Mia nachher mehr zu den anderen Lehrern sagen. Von den Stunden ging es einigermaßen. Ich hoffe, dass Max Richter – ja, ich hab aufgepasst wie er heißt, als er aufgerufen wurde wegen den Stundenplänen, und ich hatte ja Zeit, da Walker leider ziemlich einer der letzten Namen war – und Julia keinen Kurs mit mir hat. Irgendwann schaute ich auf mein Handy, weil der Monolog von dem Lehrer nicht sehr spannend ist. Wieder hatte mir meine Mutter eine SMS geschrieben: Hey Haukea! Es tut mir leid, ich kann euch nicht abholen, es dauert in der Arbeit leider länger als gedacht. Lydia kann auch nicht, sie hat Reitunterricht. Du fährst bestimmt mit Julia und Mia. Heute Abend gehen wir übrigens mit jemand essen. Aloha oe! Vorhin ist es mir gar nicht aufgefallen, dass sie auf Hawaiianisch geschrieben hatte. Ich hatte zwar dort die Hälfte meines Lebens gelebt, doch konnte ich wirklich hawaiianisch? Im Krankenhaus hatten alle Englisch geredet, aber wenn ich das verstehe oder auch wie am Samstag so „gut" reiten kann, heißt das dann, dass ich vieles was ich mal gelernt habe jetzt auch noch bisschen kann, obwohl ich mich nicht daran erinnern kann? Hoffentlich! So habe ich wenigstens noch eine kleine Chance das Abitur zu schaffen. Moment, was für ein jemand? Jetzt musste ich nur noch eins und eins zusammen zählen. Toll, ein Abend mit Max! Das schlimmste ist, dass die mich was Fragen werden wegen der Schule und meiner Herkunft. Wir wird er reagieren, dass ich aus Hawaii komme? Ich hatte ihn ja am Flughafen angelogen. So wie ich meine Mutter kenne, redet sie sicher darüber! Fuck! Den Rest von der Vollversammlung überlegte ich mir wie ich den Abend überleben kann und kam zu dem Schluss, dass Max richtig sauer wird und nichts mehr mit mir machen will! Aber verdient hätte ich es ja... Nach der Versammlung konnte ich sofort meine Bücher abholen und musste dann sogar noch auf Mia warten. Ich setzte mich auf eine Bank und schrieb meiner Mutter zurück: Hallo Mama, kein Problem, bis später! Wenn sie kommt muss ich eindeutig mir ihr reden.

„Hey, Sam" Julia kam zu mir.

„Hi" Ich war leicht verwirrt, warum sie plötzlich was mit mir macht. Sie setzte sich sogar zu mir auf die Bank.

„Wie ist dein Stundenplan so?", fragte sie.

„Von den Lehrern hab ich zwar keine Ahnung, aber sonst ganz ok, würde ich sagen. Und deiner?" Vielleicht hatte ich mich ja doch in ihr getäuscht.

„Meine Lehrer sind echt scheiße. Darf ich deinen sehen?" Ich gab ihr meinen Stundenplan und sie verglich beide, „Wir haben paar Kurse zusammen! Naja, gibt schlimmeres... Aber deine Lehrer sind echt noch schlimmer wie meine... Viel Spaß mit denen."

„Na toll..."

„Woher kennst du eigentlich Max?"

„Wir haben uns am Flughafen getroffen. Sein Vater kannte meine Mutter irgendwoher. Warum fragst du?"

„Nur so... ich hab euch halt gesehen!", zickte sie mich etwas an, aber das war ich ja schon gewohnt von ihr. Dann herrschte schweigen zwischen uns, bis Mia kam. Sie fragte uns natürlich sofort nach unseren Lehrern und Stundenplan, als wir zu der Bushaltestelle gingen.