Die Garage empfing Fynn und mich wieder mit Hitze, dem leichten Geruch nach Alkohol und dieser guten Stimmung, die schon den ganzen Abend herrschte. Man konnte eindeutig sehen und hören, dass ein paar schon recht dicht sind und sich schwer taten gerade zu gehen oder deutlich zu sprechen. Aber ich habe auch nichts anderes erwartet, es war halt eine Party. Am Büfett trennten sich unsere Wege. Während Fynn sich zu den ‚Fußballern' gesellte, ließ ich mich neben Olivia in unser Sofa fallen.
„Was war das denn gerade?" Olivia schaute mich erwartungsvoll an, dabei zog sie ihre Augenbrauen hoch. Es sah einfach nur lustig aus. Vor allem wiederholte sie diese Bewegung oft und schnell hintereinander.
„Was meinst du?", fragte ich und musste dabei ein lautes Auflachen unterdrücken, weil es einfach so dämlich aussah. Zu meiner Überraschung gelang es mir ausnahmsweise mal. Sie hörte mitten in der Bewegung auf und ihre Stirn legte sich in Falten. Dabei vergrößerten sich ihre Augen gefühlt um das doppelte. Ihr Blick verwandelte sich von aufgeregter Erzwartung zu absolutem Erstaunen. „Was? Ich hab keine Ahnung worauf du hinaus willst...", fragte ich erneut und war total verwirrt. Was erkannte ich denn schon wieder nicht? Das ist so typisch für mich. Blind für das Offensichtliche.
„Wir müssen eindeutig reden...", sagte Olivia und schaute mich ernst an. Ihre Blicke sagten einfach immer mehr als Wörter es jemals ausdrücken könnten. Das habe ich bereits in der Schule oft bemerkt, doch jetzt in dieser Situation war es ziemlich auffällig. Sie nahm meinen Arm und zog mich ohne ein weiteres Wort durch die Garage. Widerrede war in diesem Fall zwecklos, das konnte man ebenfalls aus ihrem Blick ablesen. Wieder ging ich nach draußen in den Garten, doch sie zog mich weiter in die Richtung des Hauses. Sie öffnete eine Tür – eigentlich war es eher ein großes, bodentiefes Fenster –, auf der ein Zettel klebte: „WC" mit einem Pfeil.
„Musst du auch?", fragte sie, nachdem wir durch das Wohnzimmer und einen Gang gegangen waren. Das Haus war modern eingerichtet und recht geräumig. Genauer habe ich es leider nicht betrachtet. Das konnte ich auch gar nicht, denn Olivia hetzte zielstrebig zur Toilette. Es interessierte mich nämlich schon irgendwie wie Felix denn so wohnt. Das finde ich aber bei vielen Personen, nicht nur bei Felix!
„Nein?" Ich war leicht verwirrt. Warum behauptet sie, dass wir reden müssen, und dann schleppt sie mich einfach nur mit auf Toilette? Aber wenn sie meinte. Dann stimmt es ja doch, dass Mädchen nie alleine gehen wollen.
„Sehr gut, ich muss nämlich dringend. Bis gleich!", sagte sie ganz offen und verschwand hinter einer Tür. Während ich auf sie wartete, schaute ich mich etwas im Flur um. An der Wand im Treppenhaus hingen sehr viele Bilder. Familienbilder. Sie zeigten Aufnahmen aus verschiedenen Reisen, vermute ich. Auf einem erkannte ich den Eiffelturm und auf einem anderen das Kolosseum. Oft konnte man auch die Familie am Strand sehen. Doch das interessanteste war für mich Felix, ich gebe es ja zu. Die anderen Personen hatte ich ja noch nie gesehen. Die Bilder zeigten ihn in verschiedenen Altersstufen. Auf dem aus Paris, grinste mich noch ein kleiner Junge an, der neben seinen Eltern, einem größeren Mädchen und einem ebenfalls größeren Jungen stand. Er hatte sich äußerlich kaum verändert. Naja, bis auf seine Größe halt. Er hatte immer noch dasselbe Grinsen, das ich irgendwie an ihm mochte. Auf dem Bild aus Rom grinste er ebenfalls, doch dort war er nicht mehr der Kleinste, sondern fast der Größte. Nur der andere Junge, der wahrscheinlich sein Bruder ist, war wenige Zentimeter größer. Das Mädchen, ich vermute es ist seine ältere Schwester, war jetzt fast zwei Köpfe kleiner. Den Vater hatten beide Jungs zu dem Zeitpunkt schon überholt. Beide sahen echt gut aus... Und die ganze Familie sieht auch richtig sympathisch aus. Wie alt wohl seine Geschwister waren? Lebten sie überhaupt noch in diesem Haus? Leider war Felix auf vielen Bildern nicht zu sehen, aber wahrscheinlich hatte er dort die Bilder gemacht. Er hatte mir schon erzählt, dass er gerne fotografiert und deswegen auch das Profilfach Fotographie gewählt hat. Die Bilder sahen auf jeden Fall gut aus.
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Memories
Teen FictionEs ist schon komisch, man schaut in den Spiegel und ein wildfremdes Mädchen starrt dich an. So geht es mir. Ich kann mich an nichts erinnern was in der Vergangenheit war. An nichts! Ich wünsche mir so sehr, mehr über mich und mein Leben und meine F...