Kapitel 11

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Die letzte Woche verlief eigentlich sehr ruhig. Fast schon zu ruhig. Zu Hause habe ich mich viel mit schulischen Dingen beschäftig. Irgendwie musste ich den Stoff aus dem Unterricht nachholen und verstehen. Ich verbrachte ja während der Schulstunden die Zeit lieber mit Reden und Nachdenken als zuzuhören. Jeden Nachmittag verfluchte ich mein Verhalten, als ich mich für den kommenden Tag vorbereitete. Jeden Nachmittag schwor ich mir am nächsten Tag in jeder einzelnen Stunde aufzupassen und mitzuarbeiten. Jeden Morgen halte ich mich natürlich nicht daran. Ich könnte dadurch einfach so viel Zeit und Nerven sparen. Aber es fiel mir am Morgen auch schwerer mich zu konzentrieren, das wahrscheinlich daran liegt, dass ich jeden Abend viel zu lange mit Kenny und Ryan schreibe. Oft ist es schon weit nach Mitternacht, wenn ich mein Handy weglege. 5 Stunden Schlaf waren eindeutig zu wenig für mich. Abends und morgens waren aber leider nur die einzigen Zeiten, in denen ich mit meinen Freunden kommunizieren kann. Ich musste diese Zeit dich eigentlich nutzen. Wirklich neues habe ich bis jetzt jedoch nicht erfahren. Ich habe zwar nach meiner Mutter gefragt, da sie bei unserem ersten Gespräch angedeutet hatten, dass da irgendetwas nicht stimmt. Aber eine Antwort habe ich leider nicht bekommen. So leicht werde ich da aber nicht locker lassen. Früher oder später werden sie es mir bestimmt sagen, oder ich werde es anderweitig irgendwie erfahren. Dringend ist es ja nicht wirklich.

„Sam? Du bist dran!" Meine Mutter riss mich damit aus meinen Gedanken und drückte mir eine schwere Kugel entgegen. Wir waren zusammen mit Michael, Max und Lilli beim Bowlen. Familienzusammenführung Nummer 2. Ich wurde heute Morgen schon unsanft aus meinem Traum gerissen. An einem Samstag! Zuerst dachte ich der Drache aus meinem Traum – warum auch immer ich von einem blauen Drachen geträumt habe – springt auf meinem Bett herum. Dann, als ich langsam klarer wurde erkannte ich das kleine Mädchen vom Flughafen. Lilli. Ich wusste nicht ob mir der Drache vielleicht doch lieber gewesen wäre. Was hatte sie bitte in meinem Zimmer zu suchen! Vor allem um diese Uhrzeit. Wie spät war es denn eigentlich? Es fühlte sich an, als wäre es mitten in der Nacht! An einem Samstag schläft doch um diese Uhrzeit noch jeder normale Mensch! Als Lilli immer noch nicht aufhörte schmiss ich ihr eins meiner Kissen entgegen, doch ich verfehlte sie meilenweit. Genervt drehte ich mich um, als ich von der Tür ein Lachen hörte. Es war ein männliches. Sofort saß ich senkrecht in meinem Bett und starrte den lachenden Max mit großen Augen an. Was zur Hölle machte er in meinem Zimmer! Er lehnte lachend im Türrahmen und musterte mich. Ich schaute an mir herunter. Shit... Ich war alles andere als vorteilhaft angezogen. Das schwarze oversize T-Shirt ist an meiner rechten Schulter heruntergerutscht und natürlich trug ich auch keinen BH, zum Glück zeichneten sich meine Brüste nur leicht ab. Das war aber schon schlimm genug! Peinlich berührt zupfte ich es zurecht. „Was macht ihr hier?", fragte ich schließlich, als immer noch niemand Anstalten machte diesen Überfall und den Raub meines Schlafes irgendwie zu rechtfertigen.

„Hast du es etwa vergessen? Unsere Eltern hatten die Idee mal einen super schönen Tag mit uns alles zu verbringen. Du scheinst dich ja genauso darauf zu freuen wie ich! Nur ich habe es geschafft wenigstens pünktlich aufzustehen. Aber für diesen Anblick hat sich das auf jeden Fall schon mal gelohnt!", grinste Max immer noch. Es dauerte etwas bis es mir dämmerte. Gestern Abend hat es mir meine Mutter gesagt. Familienzusammenführung Nummer 2!

„Oh Shit!", fluchte ich und sprang aus dem Bett. Dabei bedachte ich nicht, dass Max und Lilli jetzt auf noch einen Blick auf meine Hose und Beine erhaschen konnten. Ich errötete leicht, als ich mich zu meinem Kleiderschrank drehte. „Habt ihr nichts Besseres zu tun als mich hier zu beobachten?"

„Nein haben wir nicht! Aber du bist echt amüsant! Du hättest deinen Blick sehen sollen!", kam es von der Tür. Ich schaute ihn genervt an, ich versuchte es zumindest. Aber sein Lachen bewies mir, dass ich ihn noch weiter belustige. Ich verdrehte meine Augen und wandte mich wieder meinem Schrank zu. Diese Situation ist einfach mehr wie peinlich. „Ach komm schon Sam. Zieh den Stock aus dem Arsch und lach darüber. Bei Felix bist du doch auch entspannter. Ich habe schon viele Mädchen so gesehen. Da kann mich echt nichts mehr schocken! Außerdem haben wir damit gerechnet, dass du schon wach bist. Deine Mutter hat uns hochgeschickt, weil du immer noch nicht gekommen bist, obwohl sie dich vor einer halben Stunde geweckt hatte! Woher sollten wir wissen, dass du noch schläfst." Während er sich vor mir rechtfertigte, kam er weiter in mein Zimmer rein und schaute sich um. Ich zog mir die erst besten Kleidungsstücke heraus und war sie alle auf das Bett. Zum Glück habe ich gestern Abend schon geduscht. Dafür hätte ich jetzt keine Zeit mehr. Lilli hatte sich irgendwann leise aus meinem Zimmer geschlichen, ich bemerkte es erst jetzt. Im Gegensatz zu ihr machte ihr Bruder keine Anstalten auch nur daran zu denken mein Zimmer zu verlassen. Was fällt ihm eigentlich ein? Klar, er konnte nichts für diese Situation, aber er könnte mich doch jetzt auch kurz alleine lassen. Als ich nichts sagte, führte er seinen Monolog einfach fort, „Warum bist du um diese Uhrzeit noch so fertig? Wie lang warst du gestern bitte wach?" Nun stand er nur noch wenige Schritte von mir entfernt. Komischerweise klag das jetzt plötzlich total fürsorglich.

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