Kugeln

200 10 22
                                    

Meredith

Es war jetzt ein halbes Jahr her, seit der unglaublich charmante Chase Sullivan und ich ein pikantes Techtelmechtel miteinander hatten. Okay, Sarkasmus aus. In letzter Zeit hatte ich mich immer öfter gefragt, wie man Scheiße so hoch stapeln konnte. Chase hatte nämlich alles was nett an ihm war abgelegt, hatte mich wie Luft behandelt und mit Anfängerarbeit überhäuft.

Hätte ich gewusst, dass er so nachtragend war, hätte ich... Ja, was hätte ich eigentlich? Ihn ihm Schlaf erstickt? Mich aus dem Fenster gestürzt? Wahrscheinlich wäre es trotzdem so gelaufen, wie es nun mal gewesen ist.

Seufzend zog ich meinen Lippenstift nach und zwinkerte meinem Spiegelbild zu.

"Du schaffst das schon. Was soll er denn schon machen?", redete ich mir selber Mut zu und wusch mir schnell die Hände. Er hatte mich zu Überstunden verdonnert. Allerdings in seinem Büro. Ich wusste überhaupt nicht, was ich davon halten sollte.

Um ehrlich zu sein, ging mir der Arsch auf Grundeis. Ehe ich einen Rückzieher machen konnte, nahm ich den Weg zu seinem Büro auf mich und klopfte entschlossen gegen die Tür.

"Herein", brummte seine tiefe Stimme und ich biss mir auf die Lippe. Wow, er klang so unglaublich sexy. Ich musste mich wirklich zusammenreißen.

Ich stieß die Tür auf und brauchte einen Moment ehe ich ihn ausmachen konnte. Es war dunkel in dem Raum und Chase stand vor der großen Fensterfront. Er hatte die Hände in die Taschen seiner dunkelblauen Anzughose gesteckt und starrte aus dem Fenster. Ich sah, dass seine Atmung ruhig war und trat unsicher in den Raum.

"Mr. Sullivan?", fragte ich und er reagierte nicht. Langsam begann ich mich zu sorgen. "Chase?"

Er drehte sich um und schaute mich an. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck absolut nicht einordnen. Ganz und gar nicht. Vorsichtig tastete ich nach den Lichtschalter und drückte. Das Licht ging an und während ich die Augen zusammen kniff, blinzelte Chase nicht einmal.

"Setz dich", forderte er und deutete auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Wortlos gehorchte ich und legte die angeforderten Akten auf den Tisch. Ich beobachtete jeden seiner Schritte, als er sich auf seinen Stuhl setzte. "Magst du mich?", fragte er und ich zuckte zurück. Diese Frage traf mich vollkommen unerwartet.

"Willst du eine ehrliche Antwort?"

"Du weißt, wie ich zu Lügen stehe", sagte er und ich seufzte. Das wusste ich tatsächlich.

"Also gut. Nehmen wir an, ich hätte noch zwei Kugeln in meiner Pistole und wäre in einem Raum mit dir, Hitler und Bin Laden", begann ich und er runzelte die Stirn.

"Und?"

"Ich würde zweimal auf dich schießen", meinte ich und betrachtete gebannt sein attraktives Gesicht. Für einen Moment bewegte sich nicht ein Muskel, doch dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte. Tief und sympathisch. Es war so ansteckend, dass ich mit einfiel.

"Das muss ich dir lassen. Du überraschst mich immer wieder", meinte er schließlich und lächelte schief. Wer saß da vor mir und was hatte er mit Chase gemacht? Diese lustige Seite hatte ich an ihm lange nicht gesehen. Und sein Lachen löste köstliche Dinge in meinem Körper aus.

"Also, wir sollten anfangen", meinte ich und räusperte mich. Sein Blick glitt zu meinem Ausschnitt und ich seufzte. Vorsichtige legte ich ihm zwei Finger unters Kinn und hob es an. "Hier oben spielt die Musik", flüsterte ich und Chase begann zu grinsen.

"Weißt du, eigentlich habe ich keinen blassen Schimmer, was wir machen sollen", sagte er und ich verengte die Augen.

"Häh?", fragte ich. Ja, sehr geistreich. Da konnte man mal sehen, was der Typ mit mir anstellte. Ich war Jahrgangsbeste in Stanford gewesen und brachte nicht mal einen richtigen Fragesatz heraus. Bah. Chase lachte und beugte sich zu mir vor.

"Ich wollte nur etwas Zeit mit dir verbringen, Meredith", meinte er und ich schnappte nach Luft.

"Aber, du bist mein Boss", rief ich und er verdrehte doch tatsächlich die Augen.

"Gut beobachtet."

"Wir können uns nicht mal leiden!" Er seufzte laut und übertrieben und stützte sein Kinn auf seine Hände.

"Was haben wir über das Thema "Lügen" gesagt?", fragte er und schürzte die Lippen. Ich schluckte schwer und stand auf. Genau wie er eben stand ich vor dem riesigen Fenster und starrte auf die Stadt. Ich brauchte Zeit, um das zu verarbeiten. Mein armes Hirn kam damit nicht klar. "Ist es wirklich so verwunderlich, dass ich dich mag?"

"Es ist verwunderlich, dass ich dich mag", zischte ich und hörte, wie er aufstand. Kurze Zeit später spürte ich seinen Körper an meinem Rücken und bemerkte seinen heißen Atem, als er den Kopf auf meine Schulter legte. Ich zitterte plötzlich und Chase schien es zu bemerken, denn er begann leichte Küsse auf meinen Hals zu hauchen.

"Komm über das Wochenende mit zu mir. Wir können testen, ob wir es zusammen aushalten. Ganz ungezwungen", schlug er vor und ich drehte mich in seiner Umarmung um.

"Genau so ungezwungen wie letztes Mal, hmm?" Seine Augen leuchteten förmlich, als er sich zu mir runterbeugte und mich sanft küsste. Ich zerfloss förmlich an ihm. Reckte mich ihm entgegen und ließ seine Zunge meinen Mund erkunden. Seine Hände lagen schwer auf meinem Rücken und ich fuhr immer wieder durch sein seidiges Haar. Chase legte meinen Oberschenkel um seine Hüfte und drängte sich mit seinem Unterleib gegen mich. Schon bald war ich an die Wand gedrückt und kaum noch fähig zu denken. Als er allerdings seine Hand unter mein Kleid steckte, drückte ich ihn weg. "Ich lasse mich nicht von dir in deinem Büro vögeln", sagte ich entschlossen und er schaute auf mich herunter.

"Pass auf deine Wortwahl auf", knurrte er. Was war er jetzt? Mein Dad? Ich legte meine Hand an seinen Schritt und er sog scharf die Luft ein. "Fuck", brummte er und ich lächelte hinterlistig.

"Pass auf deine Wortwahl auf", flüsterte ich und er legte seine Stirn gegen meine. "Kann ich dich vielleicht in dem kleinen Bad nebenan vögeln?" Ich lachte ungläubig auf und verdrehte die Augen.

"Nein."

"Verdammt", knurrte er und küsste mich wieder. Doch diesmal hatte der Kuss etwas unschuldiges. Er war trotzdem nicht minder intensiv. Ich würde mit zu ihm kommen. Mist, ich würde mir nie verzeihen, wenn ich diese Möglichkeit nicht wenigstens ausgetestet hätte.

"Ich muss nur noch ein paar Sachen holen, ehe wir uns bei dir treffen", murmelte ich und er lächelte. Breit. Er sah wunderschön aus.

"Dann aber schnell."

Don't be so bossyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt