Kapitel 2 - Unerwartete Hilfe

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Solltet ihr Kapitel 1 noch immer nicht sehen können, dann schreibt mir bitte.

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Ich schaue aus dem Fenster und sehe ziemlich schicke und teuer aussehende Häuser und Villen. Das Fenster auf der anderen Seite zeigt mir eine Siedlung mit Wohnwagen. Seltsam. Es sieht fast so aus, als wäre diese Stadt in zwei Hälften geteilt. Und das "Pop's" stellt eine nicht ganz so unsichtbare Grenze dar. Allerdings ist mir direkt klar, auf welcher Seite ich nach einer Unterkunft gucken muss. Ich hatte gehofft, dass die Mieten in einer so kleinen Stadt nicht so hoch sind, aber der Blick zu meiner Linken lässt diese Hoffnung rapide schrumpfen. Vermutlich kosten schon die Wohnwagen mehr als ich mir so ohne Job derzeit leisten kann. 

"Bleibst du oder bist du auf der Durchreise?" Ich hatte gar nicht bemerkt, dass der schwarzhaarige Junge seine Sachen zusammengepackt hatte und zu mir herüber gekommen war. Irritiert schaue ich ihn an. "Bin noch nicht sicher" sage ich vorsichtig. Von Fremden angesprochen zu werden mochte ich noch nie. Obwohl von diesem Jungen scheinbar keine Gefahr ausgeht, bleibe ich auf Distanz. Distanz ist der einzige Selbstschutz den ich habe. Nie wieder werde ich jemanden näher an mich heranlassen. Nie wieder wird jemand meine inneren Schutzmauern durchbrechen. Das hatte ich mir vor drei Wochen geschworen und ich war nicht gewillt, von diesem Schwur abzuweichen. Nicht das kleinste bisschen. Hätte ich auf diesen Moment aus der Zukunft blicken können, mein zukünftiges Ich wäre in schallendes Gelächter ausgebrochen... Doch wie hätte ich ahnen können, dass mich diese wunderschönen braunen Augen mehr aus dem Konzept bringen würden, als ich es jemals gedacht hätte?

"Hör zu, ich habe zufällig die Schlüssel zu den Zimmern vom Motel nicht weit von hier. Dort kannst du erstmal bleiben wenn du willst" bietet er hilfsbereit an. "Ist es so offensichtlich, dass ich verzweifelt bin?" Ich lache frustriert auf und reibe mir mit den Händen durch das Gesicht. "Ich weiß, wie schwer das Leben sein kann. Und ich weiß, wie es ist, wenn man nicht weiß wo man die Nacht verbringen soll" sagt der Junge leise. Ich blicke auf. Seine Stimme verrät in diesem Moment mehr als er vielleicht zeigen will. Es klingt, als sei er bereits gebrochen worden. Dabei sieht er noch so jung aus. Ich beschließe, dass ich diese Geste der Freundlichkeit, so unerwartet sie auch von einem völlig Fremden kommen mag, annehmen und würdigen werde. "Du ahnst gar nicht, wie sehr ich deine Hilfsbereitschaft zu schätzen weiß". Ich stehe auf und wir verlassen beide den Imbiss. "Gute Nacht Pop und vielen Dank für das Essen" rufe ich im Herausgehen und lege ihm das Geld auf den Tresen. 

"Damit sich das Ganze jetzt vielleicht nicht mehr ganz so merkwürdig anfühlt, verrate ich dir meinen Namen" scherze ich auf dem Weg zu meinem Auto ein wenig. Belustigung spiegelt sich in seinem Gesicht wider. Scheinbar hat er Humor. Kein schlechter Anfang für den ersten Kontakt in der neuen Stadt. Pop einmal ausgenommen. "Ich bin Carla". "Jughead" sagt der Junge. "Jaja, ich kenne die Reaktionen. Meine Eltern waren vermutlich beide high als ich geboren wurde..". Okay, der Name war wirklich außergewöhnlich. Aber außergewöhnlich war aus meiner Erfahrung heraus alles andere als schlecht. Vermutlich war das Leben schon allein wegen seines Namens hart für ihn. "Menschen, die es im Leben schwer haben und trotz allem nachsichtig und großzügig zu anderen sind, haben meinen vollen Respekt". Ich sehe ihn ernst an. "Danke" ist alles, was er sagt. Jedoch liegt in diesem Wort mehr Dankbarkeit als ich für möglich gehalten habe. 

Wir fahren das kurze Stück mit meinem Auto bis zu einem in die Jahre gekommenen Haus, welches wohl das Motel sein soll. "Ich arbeite hier" erklärt Jug als er aufschließt. "Viele Leute kommen nicht her. Riverdale ist eben kein Ort, wo sich Familien für ihre Urlaubsreise einbuchen. Du kannst dir dein Zimmer aussuchen". Mit diesen Worten verschwindet er im ersten Zimmer auf der linken Seite. Ich hole meine Tasche mit ein paar Hygieneartikeln und Klamotten aus dem Auto. Drinnen nehme ich mir irgendeinen der dort hängenden Schlüssel und suche mein Zimmer. Ich nehme mir vor, Jughead morgen zumindest zum Frühstück einzuladen. Das ist das mindeste, was ich tun kann. 

Ich schließe mein Handy an der Steckdose an und gehe ins Bad. Mein Spiegelbild erschreckt mich. Ich sehe zerzaust aus. Überall stehen Haarsträhnen ab und mein Make-Up kann meine dunklen Augenringe auch nicht mehr verdecken. Kein Wunder, dass Pop und Jughead mich sofort für bedürftig gehalten haben. So weit war es mit mir gekommen, dass absolut fremde Menschen denken, ich stehe kurz vor dem Zusammenbruch. Naja, vielleicht stimmt das sogar. Ich wasche mich und ziehe mich um. Kurz bevor mir die Augen zufallen, schaue ich auf mein Handy. 3 Anrufe in Abwesenheit. 4 Nachrichten. Ich kann mir denken, von wem die sind... Ich lege das Handy weg und drehe mich um. Wenig später übermannt mich die Müdigkeit und ich sinke in einen festen und traumlosen Schlaf.

Finding myselfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt