Kapitel 12 - Whyte Wyrm

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Eine Woche später

Heute fühle ich mich gut. Ich fühle mich sexy. Ich ziehe meine schwarze, enge Hose mit Löchern an, darüber meine schwarze, ärmellose Weste, welche sich perfekt um meine Hüften schmiegt und kleine Speckröllchen verschwinden lässt. Ich lege deutlich mehr Make-Up auf als sonst; Smokey-Eyes, dunkle Umrandung um das ganze Auge und jede Menge Wimperntusche. Meine Haare lasse ich offen. Sie sind ungefähr auf der Höhe meiner Brüste und gefallen mir offen am Besten. Ich schnappe mir meine kleine Tasche, ziehe meine Chucks an und verlasse das Haus. Da ich vorhabe zu trinken, lege ich die 20 Minuten zu Fuß zurück. 

Ich betrete die Bar. Der Geruch nach Bier steigt mir sofort entgegen. Der Bass wummert und ich vernehme harte Rockmusik. Ich fühle mich wohl. Das hier kommt sehr nah an die Konzerthallen heran, die ich in den letzten Jahren betreten und so sehr vermisst habe. Ich wende mich zur Bar, setze mich auf einen Barhocker und lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. 

Der Raum ist recht dunkel. Ich sehe zwei Billardtische und eine Sitzecke mit drei Sofas, welche doch recht gemütlich aussehen. Weiter nach hinten kann ich von meinem Platz aus nicht gucken. Auch führt eine Treppe nach oben, welche weitere Räume offenbaren könnte. Das Publikum ist überwiegend in schwarz und leder gekleidet. Endlich falle ich mal nicht weiter auf. Auf dem Rücken einiger kann ich ein Symbol erkennen. Ein 'S' mit zwei Schlangenköpfen. 'South Side Serpents' steht dort. Vermutlich eine Gang. Hoffentlich die einzige, denn auf einen Bandenkrieg in dieser kleinen Stadt habe ich nun wirklich keine Lust. Ich bestelle mir ein Bier und lehne mich zurück. Von meinem Platz aus, kann ich sehr viel von der Bar sehen und habe die Wand im Rücken. Den einzigen, den ich hier nicht sehe, ist FP. Ein bisschen enttäuscht lasse ich den Blick weiter schweifen.

2 Stunden später

Ich sitze auf dem Sofa, mein 5. Getränk in der Hand. Oder das 6.? Ich habe den Überblick verloren, sollte aber gleich dringend auf Wasser umsteigen. Neben mir sitzt einer der Serpents und quatscht mich voll. Nicht, dass mir seine Aufmerksamkeit nicht schmeicheln würde, aber so ganz mein Typ Mann ist er nicht. Auf dem anderen Sofa sitzt ein weiterer Serpent, der so jung aussieht, dass er mit Sicherheit nicht hier sein sollte. Er schaut ständig nervös durch den Raum und fühlt sich sichtlich unwohl. Dennoch genieße ich die Atmosphäre. Caleb, so heißt der Typ neben mir, ist echt witzig und ich habe in letzter Zeit nicht häufig gelacht. Grinsend wende ich das Gesicht zu ihm.


FP's POV

Heute war ein langer, mieser Tag. Der Deal lief beschissen und den Serpents ist eine Menge Geld durch die Lappen gegangen. Ich brauche unbedingt ein wenig Entspannung. Ich lasse die Tür zu meiner Bar auffliegen und gehe geradewegs auf die Bar zu. Der Barkeeper sieht mich und stellt mir umgehend ein Bier hin. Als ich den ersten Schluck nehme, fange ich ganz langsam an, mich zu entspannen. Ich will mich gerade auf den Weg zum Billardtisch machen um Matt die lang überfällige Revanche zu geben als... Fuck. Ich erblicke sie. Ich muss zweimal hinschauen um auch sicher zu sein, dass ich es mir nicht nur einbilde, weil ich es mir wünsche.  

Ich starre sie an. Sie sieht so anders aus. Dunkles Make-Up umrahmt ihre wundervollen großen blauen Augen und ihr Outfit ist einfach nur heiß. Meine Augen verengen sich zu Schlitzen; Caleb sitzt neben ihr und gräbt sie ganz offensichtlich an. Gerade lacht sie über etwas, was er gesagt hat. Ihr ganzes Gesicht hellt sich dabei auf. Sie ist so wunderschön. Ein leises Ziehen geht durch meine Brust. Ich will, dass sie mich anlacht und nicht ihn. Schon gar nicht ihn.

Mit großen Schritten gehe ich auf das Sofa zu und bleibe genau vor ihr stehen. "So Jungs, genug gespielt", sage ich mit eindringlicher Stimme. Dabei ruht mein Blick auf Carla. 

Carla's POV

Ich blicke auf. Vor mir steht FP und sieht einfach umwerfend attraktiv aus. Mein angetrunkenes Ich kann den Blick nicht abwenden und lässt ihn ganz ungeniert über seinen ganzen Körper gleiten. "Hi", sage ich und proste ihm zu. FP entgeht mein Blick nicht und er beugt sich zu mir runter, wobei er beide Hände links und rechts neben meinem Kopf auf der Lehne abstützt. "Dich hätte ich hier nun wirklich nicht erwartet", sagt er und schaut mir dabei auf die Lippen. "Und schon gar nicht in diesem Aufzug." Sein Blick wandert weiter abwärts; genau in meinen Ausschnitt. Mir wird heiß und ich bin mir sicher, dass ich rot anlaufe. Mit Sicherheit ist mir das morgen unvorstellbar peinlich, aber gerade hier und jetzt mit Alkohol im Blut, sauge ich seine Aufmerksamkeit auf. "Warum hast du Caleb vergrault?", frage ich gespielt verärgert. "Er schuldet mir noch einen Drink." "Baby, du kannst jeden Drink von mir haben den du willst", schnurrt FP mit dunkler Stimme. "Hmmm", überlege ich laut. "Ich nehme es ganz so, wie du es gerne magst", schnurre ich zurück. Die Doppeldeutigkeit meiner Aussage entgeht ihm nicht und er beißt sich kurz auf die Lippe bevor er sich erhebt. "Da lasse ich mich doch nicht zweimal bitten", erwidert er mit einem Grinsen und wendet sich zur Bar.

Das gibt mir einen Moment zum Verschnaufen. Ist es auf einmal 10 Grad wärmer hier drin geworden? Warte... Habe ich gerade einen weiteren Drink bestellt? Ich werfen den Kopf zurück auf die Lehne. Das wird gar nicht gut enden. Ich trinke sehr selten und habe eigentlich bereits jetzt schon genug. Ich darf nicht die Kontrolle verlieren. Alles, nur das nicht. 

FP kommt mit zwei Drinks in den Händen wieder und stellt einen vor mich, der definitiv mehr Prozent hat als das lausige Bier, was ich bisher getrunken habe. Ich frage allerdings nicht, was drin ist. FP setzt sich direkt neben mich. So nah, dass unsere Schultern sich beinahe berühren. Ooookay, gaanz ruhig bleiben und weiter atmen spreche ich mir Mut zu. Ich greife meinen Drink und nippe daran. Jap, viel Alkohol. Schmeckt nach Wodka. 

"Also... Carla," beginnt er "was führt dich in dieses Etablissement?" "Ich hatte Sehnsucht nach guter Musik und Konzertatmosphäre", gestehe ich. Und nach dir  füge ich in Gedanken hinzu. FP sieht mich erstaunt an. "Du... du magst diese Musik wirklich? Ich dachte, du hast das nur gesagt, um mich zu beeindrucken." Ich lache und sehe ihn amüsiert an. "Never judge a book by its cover", sage ich und stoße ihn leicht mit der Schulter an. Etwas in seinem Blick verändert sich. Aber es ist so schnell verschwunden, dass ich es auf den Alkohol in mir schiebe. Er schaut mich an. "Dieses Buch hier hat aber ein wirklich hübsches Cover." Ich lächle ihn an und er lächelt zurück. 

In diesem Moment entscheide ich, dass ich heute nicht weiter nachdenken sondern einfach nur genießen will. Nur diesen einen Abend lang. Was kann schon groß passieren? Ich schütte meinen Drink runter und drehe meinen Körper zu ihm.

Finding myselfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt