"TÖTET IHN!" schrie Scipius und im nächsten Augenblick kamen dutzende Prätorianer aus unzähligen Bodenluken an die Oberfläche. Auch Hicca erkannte die Gefahr für Damokles, der sich wieder seinen Schild schnappte.
"Wir müssen ihm helfen." rief sie Ash und den beiden Frauen zu. Sie standen alle auf und liefen schnell zu Damokles, bevor er vollständig umzingelt werden konnte. Die Prätorianer waren zwar überrascht, doch hielten sich mit dem Einkreisen trotzdem keinen Moment zurück. Sie stellten sich um die kleine Gruppe, die Schilde vor sich haltend und eine undurchdringliche Mauer bildend.
Scipius lachte höhnisch. "Das war dein Plan, Damokles?!" rief er und lachte nur noch lauter. "Du dachtest, du könntest hier einfach reinspazieren, den Legaten und mich töten und wieder rausgehen als wäre nichts geschehen?" Er hörte auf zu lachen und funkelten den schwarzen Zenturio wütend an. "Du kannst mich nicht töten. Ich bin ein Gott!" rief er noch lauter und breitete die Arme aus.
"Oh Mann..." rief Hicca und verdrehte genervt die Augen. "Erst ist er ein Vatermörder und nun auch noch größenwahnsinnig. Der Kerl wird mir immer unsympathischer."
Scipius warf der Gruppe einen hasserfüllten Blick zu. "Wie auch immer. Für euren Hochmut bezahlt ihr jetzt mit euren Leben. Euer Plan ist fehlgeschlagen und nun werdet ihr sterben. Irgendwelche letzten Worte?"
Die Prätorianer rückten einige Schritte näher an sie heran, mit den Schilden die Mauer beibehaltend. Auf einmal begann jemand amüsiert zu lachen. Hicca drehte sich genau wie alle anderen zu Damokles um und sah ihn verwundert an. Wie konnte er in einer solchen Situation nur lachen?
"DENKST DU ICH SCHERZE?!" schrie Scipius zornig und Damokles Amüsement schlug in ein dunkles Lachen um.
"Dachtest du wirklich, ich hätte daran nicht gedacht? Dass ich einfach mordend und ohne einen Plan hier hereinspaziert kommen? Du bist nicht der einzige hier, der Verstärkung auf Lager hat."
Scipius kniff wütend die Augen zusammen. "Was denkst du treibst du da für ein Spiel? Auch die Nachtigall wird dir nicht helfen können."
Damokles grinste. "Wer sagt, dass ich hier von der Nachtigall rede?" fragte er. Das ließ den jungen Kaiser dann doch sprachlos werden.
Bevor er jedoch zu einer schnippischen Bemerkung ansetzen konnte, vibrierte der Boden unter ihnen. Erst nur ganz leicht, dann immer stärker.
"ERDBEBEN!" schrie ein Prätorianer und Damokles lachte.
"Oh nein, viel besser. Darf ich euch einen Freund vorstellen: Vindictus." rief er und im nächsten Moment kam der Brüllende Tod unter einem halben Dutzend Prätorianer hervorgeschossen und zerfetzte sie augenblicklich.
Das Publikum, das vorher noch in Spannung die Konfrontation des Kaisers beobachtet hatte, floh nun schreiend in Scharen aus dem Kolosseum.
Hicca stand nur erstaunt da und konnte sich kaum rühren, genau wie Ash und die beiden Frauen, die Vindictus erst fasziniert, und dann Damokles verwundert ansahen.
Die Prätorianer schrien in Panik vor der furchterregenden Kreatur und versuchten sich selbst in Sicherheit zu bringen, was aber nicht gerade vielen gelang.
"WAS TUT IHR DA, IHR FEIGLINGE?! TÖTET DIE BESTIE!" schrie Scipius. Die Angst in seiner Stimme war deutlich hörbar und er versuchte kurz darauf mit seiner Leibwache zu fliehen. Er wollte unbedingt von der Tribüne runter.
Währenddessen kam jedoch ein zweiter Drache aus dem riesigen Loch im Boden des Kolosseums geschossen. "Sturmpfeil!" rief Ash erfreut und winkte ihr zu. Sie krächzte fröhlich zurück, nahm aber trotzdem Kurs auf den Kaiser.
"Das war also ihr Name." meinte Damokles und lachte leise.
Sturmpfeil landete direkt vor dem Kaiser und fauchte wild, was ihn zurückschrecken und sich hinter seinem Dutzend Leibwächter versteckte.
"Beschützt euren Kaiser und tötet dieses Vieh!" befahl er ängstlich und einer seiner Männer trat mit einem Pilum nach vorn, das er sofort auf den Nadder warf.
Sturmpfeil riss nur ihren Kopf zur Seite und blockte den Wurfspeer mit ihren Kopfstacheln. Dann lachte sie den Römer aus, wofür sie einen geschockten Blick von den Männern erhielt. Gelangweilt schoss sie dem Werfer einen Stachel in den Fuß und warf den schreienden Mann dann mit ihrem Schwanz die Tribüne hinunter in seinen Tod.
Kampfeslustig krächzte sie die übrigens elf Prätorianer an und flatterte kurz mit ihren Flügeln.
Damokles sah zu dem blauen Drachen, wie sie einige Schilde verbrannte, Waffen schmolz und Stacheln schoss, als er auf einmal ein sanftes Stupsen gegen seinen Rücken spürte.
Verwirrt drehte er sich um und sah sich auf einmal auf einer Höhe mit den blutroten Augen von Vindictus, der ihn sanft anknurrte. Ein wenig erschrocken machte Damokles einen kleinen Schritt zurück, fühlte sofort darauf jedoch eine Hand auf deiner Schulter.
"Keine Angst haben. Er beginnt dir zu vertrauen." sagte Hicca leise und er nickte langsam. "Schließ die Augen. Tu genau das was ich dir sage." Er gehorchte. "Sehr gut. Jetzt streck ihm deine Hand entgegen." Er zögerte und wollte zu Widerworten ansetzen, doch ihm wurde das Wort abgeschnitten. "Tu es. Du darfst keine Angst haben. Sonst denkt er, du vertraust ihm nicht."
Er atmete noch einmal tief durch und hob dann selbstsicher seine Hand. Vindictus beschnüffelte sie kurz und lehnte dann langsam seine Schnauze in die Hand hinein.
"Gut gemacht." lobte Hicca. "Du kannst deine Augen wieder öffnen."
Er tat es und sah in die freundlichen Augen des Drachen.
"Hast du ihm schon einen Namen gegeben?"
"Das habe ich. Nicht wahr, Vindictus?" fragte er und lächelte.
Der Brüllende Tod knurrte zufrieden, löste sich dann von der Handfläche des schwarzen Zenturios und nickte mit dem Kopf seitlich nach hinten.
Damokles zog verwundert eine Augenbraue hoch und Hicca lachte kurz. "Er will, dass du auf seinen Rücken steigst."
Überrascht drehte er sich zu ihr um. "Meinst du das wirklich?"
Er spürte wie seine Schulter wieder angestupst wurde und sah wie Hicca kicherte. "Ich bin mir ziemlich sicher." meinte sie schmunzelnd. Dann legte sie wieder eine Hand auf seine Schulter. "Übe deine Rache, Damokles. Dann werden wir deine Familie in Sicherheit bringen, in Ordnung?"
Er nickte und stieg schnell auf Vindictus auf. "Warum habe ich nur das Gefühl, dass du mir etwas verschweigst?" fragte Ash, der sich zu Hicca gesellte.
Sie grinste ihn an als sie sich umdrehte. "Vielleicht weil ich genau das auch tue."
Er lachte, legte einen Arm um ihre Schultern und sah dann mit ihr in Richtung der Kaisertribüne zu Damokles und den beiden Drachen.
Sturmpfeil hatte mittlerweile alle Prätorianer entweder verbrannt, abgeschossen oder die Tribüne heruntergeworfen. Den Kaiser drängte sie gerade an den Rand der Tribüne, bis er nur noch die flache Mauer hinter sich hatte und sich daran ängstlich festkrallte.
Als sie den Brüllenden Tod sah, hob Sturmpfeil krächzend ab um ihm den Rest zu überlassen. Der Kaiser drehte sich um und starrte direkt Vindictus und den auf ihm sitzenden Damokles an, wie sie in einiger Entfernung von ihm schwebten.
"KOMMT DOCH HER! ICH HABE KEINE ANGST VOR EUCH!" brüllte Scipius die beiden an.
Alles was er damit jedoch erreichte war, den weißen Drachen zu langweilen. Er stieß ein ohrenbetäubendes Brüllen zurück und Scipius kauerte sich fast wieder zusammen.
"Das Spiel ist aus, Scipius!" rief Damokles. "Du bist besiegt. Ergibt dich deinem Schicksal wenigstens wie ein Mann, wenn du es nicht schon als Kaiser kannst."
"WIE KANNST DU ES WAGEN?!" schrie er zurück. "DU KANNST MICH NICHT BESIEGEN. NIEMAND KANN DAS. ICH BIN DER MÄCHTIGSTE MANN DER WELT!"
Vindictus rollte genervt und gelangweilt mit den Augen, was allerdings nicht zu sehen war, denn sie hatten keine Pupillen, und baute in seinem Inneren einen großen Feuerball auf. Wenn dieser Mensch noch weiter so langweilig blieb, würde er ihn töten.
"ICH BIN EIN KAISER. ICH KANN NICHT STERBEN. ICH BIN EIN GOTT! ICH-"
Die ganze Tribüne explodierte und mit ihr wurde auch der Kaiser zerfetzt. Ein riesiges Loch stand nun an der Stelle, wo einst die ganze Tribüne war.
Geschockt sah Damokles seinen Drachen an, doch Vindictus grinste nur diabolisch und er begann zu Hicca und den anderen zurückzufliegen.
Sie landeten und er sprang sofort ab. Bevor jemand etwas sagen konnte, schnitt er das Wort ab. "Ich bin euch wohl eine Erklärung schuldig, aber das muss jetzt warten. Die Explosion hat wahrscheinlich jeden in Rom stationierten Legionär aufgeschreckt. Sie werden bald hier aufkreuzen und bis dahin müssen wir verschwunden sein. Zu Fuß können wir nicht von hier weg, also müssen wir auf die Drachen."
sagte er.
Hicca nickte. "Alles klar. Ich reite mit Ash auf Sturmpfeil. Ihr drei geht auf Rotauge." sagte sie und schwang sich auf den Sattel des Nadders, gefolgt von Ash, der sich vor sie setzte, damit sie sich an seinen Schultern festhalten konnte.
Der Brüllende Tod knurrte nur gereizt. "Ich nehme an, mit Rotauge meinst du Vindictus?" schlug er vor.
Sie schlug sich gegen die Stirn. "Richtig. Entschuldige, Vindictus. Ist eine alte Angewohnheit." sagte sie und kicherte.
"Denkt ihr wirklich das ist sicher?" fragte Amelie zögerlich.
"Solange ihr mir vertraut, ja." meinte Damokles schulterzuckend.
"Und wieso sollten wir das tun?" fragte Fulvia skeptisch.
"Vielleicht weil ich euch gerade das Leben gerettet habe." kam es sarkastisch von Damokles. "Im Ernst, steigt auf. Wir werden euch nicht fallen lassen, dessen könnt ihr euch beide sicher sein."
Also stiegen die beiden Frauen nach einigem Ringen mit sich selbst auf und hielten sich an den Stacheln des Brüllenden Todes fest. Als sie abhoben, kniffen sie die Augen fest zusammen, klammerten sich noch fester um die Stacheln und unterdrückten laute Angstschreie.
"Wohin sollen wir fliegen?" rief Hicca hinüber.
Damokles überlegte einen Moment. "Nach Nordwesten in die Alpen. Das ist ein Gebirge, schwer zugänglich für Truppenverbände. Kalt, aber sicher. Dort werden wir fürs erste bleiben können. Dann besprechen wir wie es weiter geht." sagte er schließlich.
"Seid ihr wahnsinnig?!" rief Fulvia hinter ihm. "Wir haben nichts, um uns warm zu halten. Wir werden jämmerlich erfrieren."
"Werden wir nicht." rief Hicca über den Wind hinweg zurück. "Die Drachen werden uns warm halten können." Dann rief sie wieder hinüber zu Damokles: "Wie lange wird es dauern?"
"Zu Fuß vielleicht einige Wochen. Würde man die Strecke auf einem Schiff zurücklegen können, dann vielleicht zwei bis drei Tage." antwortete er.
"Gut, dann werden wir wohl bis in den späten Nachmittag fliegen." schlussfolgerte sie.
Eine Weile flogen sie schweigend. Amelie und Fulvia lockerten mittlerweile ihre Griffe, waren aber trotzdem etwas ängstlich wegen der Möglichkeit herunterzufallen.
Schließlich räusperte sich Ash und drehte seinen Kopf zu Hicca um, was ihre Aufmerksamkeit erregte. "Also, wir sind jetzt raus aus dem Kolosseum. Verrätst du mir jetzt, was du mir die ganze Zeit verheimlichst?" fragte er.
Sie drückte lächelnd seine Schulter. "Jetzt nicht. Aber ich sage es dir wenn wir gelandet sind."
"Ach komm schon." maulte er. "Nur einen kleinen Hinweis? Bitte?" bettelte er und sah sie mit großen Hundeaugen an.
Sie lachte und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. "Keine Chance, Hofferson." sagte sie grinsend.
"Wie du willst, Hofferson." meinte er schulterzuckend und grinste ebenfalls. Dann drehte er sich wieder umund hörte hinter sich nur ein amüsiertes Schnauben, bevor er spürte wie Hicca ihre Arme fester um ihn schlang und sich an ihn schmiegte.
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Die Nachtigall von Berk
NezařaditelnéHicca wurde als Gegner für den Riesenhaften Alptraum ausgewählt. Daher versucht sie unauffällig mit Ohnezahn abzuhauen. Durch Ash fliegt sie jedoch auf und flieht mit einigen Komplikationen, die nicht unvergessen bleiben. Drei Jahre später kommt ein...