Sonnenstrahlen kitzelten Heidruns Gesicht. Sie rümpfte die Nase und öffnete langsam die Augen. Sie lächelte, als sie bemerkte, dass Fischbein sie anstarrte. Seine Wangen wurden etwas rot, als er bemerkte, dass Heidrun sein Starren bemerkt hatte.
„Guten Morgen, Herr Ingermann.“ murmelte sie, noch immer etwas müde.
Fischbein grinste. „Guten Morgen, Frau Ingermann.“ Nun waren Heidruns Wangen an der Reihe, rot zu werden.
Zwei Monate waren vergangen, seit Ash aufgebrochen war, um Hicca zurück nach Berk zu bringen. Aber er war noch nicht zurückgekehrt. Fischbein und Heidrun wollten eigentlich auf seine Ankunft warten, aber ihnen ging die Geduld dann doch aus.
Daher hatten sie erst am vorigen Tag ihre Hochzeit abgehalten.
Und warum denn auch nicht? Niemand hatte etwas dagegen, nicht einmal Fischbein Mutter Inga. Im Gegenteil, wenige Wochen nachdem Fischbein wieder auf Berk war, hatte sie ihn beinahe dazu gedrängt, Heidrun zur Frau zu nehmen. Wie gesagt wollten sie eigentlich darauf warten, dass der Häuptling – also Ash – wieder aufkreuzte und sie zusammen mit Hicca und ihm feiern konnten, aber Inga machte es Fischbein beinahe unmöglich zu warten.
Nicht, dass er wirklich etwas dagegen hatte. Es war der absolut schönste Tag in seinem Leben.
Und was dann folgte war für ihn und Heidrun die schönste Nacht, die sie jemals hatten.
Beide wurden tomatenrot, als sie sich gleichzeitig an den vorigen Tag und die Nacht erinnerten. Es wurde nicht besser als sie bemerkten, dass sie noch nackt waren.
„Und, ähm…“ begann Heidrun schüchtern. „wie war ich gestern?“
„Besser als sonst.“ gab Fischbein grinsend zu.
Was beide jedoch geheim hielten war, dass sie schon vorher die eine oder andere Nacht miteinander im Geheimen verbracht hatten. Das durfte jedoch niemand erfahren, denn das könnte Heidruns Ruf sehr schaden, wenn bekannt würde, dass sie bereits vor der Hochzeit mit jemandem geschlafen hätte. So etwas war nicht gerade gerne gesehen. Es wäre zwar durch die Tatsache abgeschwächt, dass sie mit demselben Mann geschlafen hatte, den sie auch später heiratete, aber Missfallen erregen würde es trotzdem.
„Und ich?“ fragte er.
„Schlimmer als sonst.“ meinte sie und lachte. „Du hättest mich beinahe erdrückt.“
Fischbein lachte etwas peinlich berührt. „Soll das eine Anspielung auf mein Gewicht sein?“
„Ja.“ antwortete sie und kicherte.
„Pff, meine Mutter meint, ich sei nur kräftig.“
Heidrun verdrehte belustigt die Augen. „Deine Mutter meinte auch, dass du Raffnuss nehmen solltest.“
„Meinte!“ sagte Fischbein und legte ein wenig Betonung in das Wort, während er einen Finger in die Luft hob. „Vergangenheit. Jetzt konnte sie es gar nicht früh genug haben, dass du den Namen Ingermann trägst.“
„Na schön.“ sagte Heidrun und lächelte. „Meinetwegen. Ich gebs ja zu, deine Mutter hat sich ziemlich gebessert.“
„Nicht nur sie.“
„Ja, nicht nur sie.“
„Hicca würden die Augen rausfallen, wenn sie sehen würde was aus Berk geworden ist.“ meinte Fischbein und lachte.
Heidrun lachte mit. „Und ich dachte damals, das würde halb Berk tun, als Haudrauf auf Schädelbrecher angeflogen kam.“
„Jap, diese ganzen Unterkiefer am Boden waren schon eine Aussicht. Ich glaube, bei Mehltau konnte ich sogar das Frühstück sehen.“
Heidrun kicherte unkontrollierbar.
Tatsächlich war es so, dass ganz Berk geschockt war, als sie auf Drachen zurück kamen. Der einzige Unterschied war, dass manche eher negativ und andere eher positiv überrascht waren. Mehltau war dabei die lauteste Proteststimme. Er war auch der erste, der nach Ashs Verbleib fragte. Haudrauf reagierte damit, dass er die Situation erklärte, sowie Ashs Messer und seine Notiz zeigte.
Ab dem Zeitpunkt waren dann die meisten von der Geschichte überzeugt und reagierten abermals geschockt, als Valka ihren Helm abnahm und sich wieder dem Zuhause zeigte, das sie 18 Jahre zuvor verlassen hatte. Der Augenblick in dem alle lachen mussten war der, als Mehltau wieder herum zu meckern begann und Muffel sich auf ihn fallen ließ und direkt einschlief. Man hatte seine Beschwerden trotzdem noch bis in die Nacht gehört.
Als die Situation geklärt war, hatte man begonnen, mehr willige Berkianer zum Drachennest zu bringen und ihnen dort einen Drachen zu beschaffen. Unter anderem den durch Rotzbacke inspirierten Kotzbacke, der ab sofort auf einem Nadder ritt. Ebenfalls zu einem Reiter wurde Sigrid Hofferson, die ein Rumpelhorn bekam. Das fand sie persönlich besonders praktisch, denn so würde ihr Sohn ihrer Standpauke bestimmt nicht entkommen können, da der Rumpelhorn ein Drache der Aufspürer-Klasse war. Gothi hingegen freundete sich mit einer ganzen Familie von Schrecklichen Schrecken an. Aus dem Nest helfen musste ihr daher jemand anderes, denn Schrecken taugten definitiv nicht zum Transport von Personen.
Danach fanden sich immer mehr Berkianer, die das Drachenreiten lernen wollten. Daher hielt es Valka für unnötig, immer zwischen dem Drachennest und Berk als Aufenthaltsort zu wechseln, sondern verbrachte die Zeit im Drachennest damit, neue Reiter auszubilden. Haudrauf gefiel das zwar nicht, denn er wollte mehr Zeit mit seiner Frau verbringen, die er 18 Jahre so sehr vermisst hatte, aber er blieb dennoch auf Berk um seine Pflicht als stellvertretendes Oberhaupt zu erfüllen. Durch das trotzdem anhaltende Misstrauen der Drachen weigerten sie sich, nach Berk zu den nun ehemaligen Drachentötern zu ziehen. Jeder, der also auf einem reiten wollte, musste also erst in das Nest und den jeweiligen Drachen, auf dem er reiten wollte, selbst überzeugen.
Seitdem hatte sich nicht nur die Bevölkerung von Berk, sondern auch Berk selbst verändert. Die Vorratskammern waren stets überfüllt, sodass mehr als genug Fisch und Wild vorhanden war als die Wikinger vertragen konnten. Auch Holz und Erz wurde viel schneller abgebaut und Grobian kam mit dem Schmieden von Waffen und dem Erstellen von Sätteln, deren Pläne er aus Hicca Schmiede mitgenommen hatte, kaum hinterher. Valka verriet ihm sogar das Rezept für Gronckel-Eisen, sodass einige Dorfbewohner ihm immer mal einen Gronckel und einen Nadder ausleihen mussten, wenn sie etwas haben wollten.
Für die Drachen wurde auch ein riesiger Hangar gebaut, denn man konnte die Drachen nicht im Dorf schlafen lassen und im Wald konnten schnell mal Unfälle mit Holz und Feuer vorkommen. Nur manche Berkianer hatten einen Unterschlupf für einen Drachen direkt am Haus, so wie Fischbein, Rotzbacke und die Zwillinge mitsamt ihren Familien, sofern sie noch bei ihnen lebten. Für Fischbein war das nun nicht mehr der Fall, da er nun mit Heidrun ein eigenes Haus bewohnte. Natürlich konnte auch Haudrauf einen Drachen beherbergen, sein Haus war ja schon so groß genug. Für Ash machte man den Platz für Drachen besonders groß, da im besten Fall auch Hicca wiederkommen und ihren Nachtschatten mitsamt ihrem Skrill mitbringen würde. Dann müsste das Haus ganze drei Drachen beherbergen.
Es wurde natürlich nicht außer Acht gelassen, dass andere Wikingerstämme von ihrem Frieden mit den Drachen erfahren könnten, deshalb baute man ein extragroßes-
„GUTEN MORGEN, BERK!“
…Signalhorn. Dadurch konnte man leider meilenweit jeden Ruf hören, der hineinging.
Fischbein und Heidrun verdrehten genervt die Augen. Das ging schon jeden Morgen so.
„Die Zwillinge…“ murmelten sie und schlugen sich beide niedergeschlagen eine Hand gegen die Stirn.
„HIER SIND TAFFNUSS-“ begann der männliche Zwilling.
„RAFFNUSS-“ setzte sein Gegenstück fort.
„UND HÜHNCHEN!“
„GA-GAAACK!“
„Was hat dieser Idiot nur mit seinem Hühnchen?“ stöhnte Heidrun und zog sich die Felldecke wieder über den Kopf.
Hinter diesem Huhn, dass von Taffnuss immer liebevoll „Hühnchen“ nannte, steckte auch eine kleinere Geschichte. Da Raffnuss nämlich immer öfter etwas mit Kotzbacke unternahm, ging Taffnuss meistens allein durch Berks Straßen. Während er also vor sich hin ging, hörte er wie gewohnt Mehltau sich über die Drachen beschweren, wie sie sein Kohlfeld pflügten. Warum er sich deshalb beschwerte, verstand niemand. Mehltau schien nicht verstanden zu haben, dass es gut für das Pflanzenwachstum war, den Boden vorher erst zu pflügen oder umzugraben. Und selbst wenn man es ihm erklärte, dann hörte er nicht zu.
Vor Frust über die Ignoranz des alten Mannes, der nicht die Fähigkeit sich zu andern besaß, stapfte Taffnuss also weiter und murrte die ganze Zeit vor sich hin. Als er dann einmal anhielt und sich umdrehte, bemerkte er, dass ihm ein Huhn folgte und ihn neugierig ansah. Und da Taffnuss niemanden sonst zum Reden hatte, schüttete er sein ganzes Herz dem Huhn gegenüber aus. Es stellte sich heraus, dass das Huhn ein erstaunlich guter Zuhörer war, denn es blickte ihn nur stumm an und wenn er eine Pause zwischen den Sätzen machte, dann gackerte es einen Kommentar.
Zumindest nahm es Taffnuss so wahr.
Seitdem sah man ihn fast die ganze Zeit nur noch mit diesem Huhn herumhängen. Manche schlugen sich nur bei dem Anblick die Hand vor die Stirn, andere bemitleideten ihn, weil er einfach keine vernünftige menschliche Gesellschaft bekam, und wieder andere zuckten nur mit den Schultern und meinten, es wäre so besser, als wenn er wieder Yaks umwerfen oder generell allen das Leben schwer machen würde.
Aber manchmal, wenn die irre Art seiner Schwester zurückkehrte, machten sie allen gleich dafür das Leben doppelt schwer. Wie zum Beispiel mit ihrem Signalhorn-Weckruf am Morgen.
„HEUTE WIRD MAL WIEDER EIN LAUSIGES WETTERCHEN MIT WENIGEN MÖGLICHKEITEN FÜR STREICHEN!“
„DU SAGST ES, SCHWESTERHERZ. ICH DENKE, WIR…“
„Ich halte das nicht mehr aus!“ rief Heidrun. „Kann jemand diese Schafsköpfe mal zum Schweigen bringen?“
„Ignoriere sie einfach.“ brummte Fischbein.
„Leichter gesagt als getan.“ sagte sie und seufzte. „Ich werde mich jetzt zumindest anziehen und mit Windfang ein wenig spazieren gehen. Kommst du mit?“
„Aber klar doch.“
Wenig später waren sie in ihre alltägliche Kleidung – oder in Heidruns Fall eher Rüstung – geschlüpft und gingen nach draußen, wo sie von freundlichen und warmen, aber teils auch etwas säuerlichen Blicken empfangen wurden. Letzteres lag jedoch nicht an dem frisch verheirateten Paar, sondern viel mehr an Zwillingen und dem verrückten Geflügel, die teils vergebens zu ignoriert versucht wurden.
Überall, wo sie vorbei gingen, erhielten sie Glückwünsche und freundliche Grüße.
„Hey, ihr zwei! Kommt mal her, ich hab was für euch!“ rief die Stimme des einbeinigen und einarmigen Schmieds an ihre Ohren. Lächelnd gingen sie zu ihm.
„Guten Morgen, Grobian.“ begrüßten sie ihn.
„Morgen, ihr Turteltäubchen.“ sagte er grinsend. „Na, gut geschlafen?“
Heidrun räusperte sich verlegen. „Könnte man so sagen…“
Fischbein konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Ash und Hicca wissen wirklich nicht, was sie da verpasst haben.“ meinte Fischbein und erhielt einen sanften Stoß in die Rippen von Heidrun, deren Gesicht immer roter wurde.
Grobians Stimmung sank merklich. „Ach ja, die beiden…“ murmelte er und seufzte.
„Keine Sorge, Grobian. Ich bin sicher, sie werden wohlbehalten wieder hier ankommen.“ Versicherte ihm Fischbein.
„Etwas anderes will ich auch gar nicht.“ entgegnete der Schmied und seufzte. „Ich vermisse sie.“ Dann straffte er sich wieder. „Egal, gestern war eure Hochzeit und ich habe ein Geschenk für euch vorbereitet.“ sagte er bereits in Vorfreude auf die Gesichter des Paares und wühlte ein wenig in seiner Schmiede herum.
„Aha! Da haben wir sie ja!“ rief er plötzlich und die frisch Getrauten versuchten neugierig, einen besseren Blick zu erhaschen. Er ging wieder zu ihnen und hielt etwas hinter seinem Rücken. „Die Braut zuerst, bitte.“ sagte er grinsend und Heidrun trat vor.
Er nahm seine Hand wieder hinter seinem Rücken hervor und hielt ihr eine ausklappbare Doppelaxt hin. Erstaunt nahm sie die Waffe entgegen und betrachtete sie eingehend.
„Für dich, Heidrun, habe ich eine Axt aus feinstem Gronckel-Eisen und nach dem Vorbild deiner alten Axt geschmiedet. Schärfer als jede Drachenklaue und gleichzeitig so leicht und handlich wie ein Stöckchen.“
Fast schon ehrfürchtig untersuchte sie ihre neue Axt, bis sie sie wie ihre alte herumschwang und sie so ausklappte. Sie staunte nicht schlecht, als das komplett reibungslos ablief, nicht so wie mit ihrer alten Axt. Dort war die Stelle die das Ausklappen ermöglichte manchmal ein wenig rostig, sodass es hin und wieder ein wenig zickte. Mehr als nur zufrieden heftete sie die Axt an ihren Rücken.
„Und das Beste daran: Sie rostet nicht und solange du nichts vergleichbar Hartes findest und darauf einschlägst wie ein tollwütiges Yak, wird die Klinge auch in drei Jahren noch nicht stumpf. Dafür stehe ich mit meiner guten Hand gerade.“
„Vielen Dank, Grobian. Das ist ein Meisterwerk. Und behalte besser deine Hand, die brauche ich nicht.“ bedankte sich Heidrun lächelnd.
Er winkte bescheiden ab. „Ist doch nicht der Rede wert. Hicca hätte wahrscheinlich noch etwas eingebaut, dass die Axt in Flammen gehüllt wird oder sonst noch irgendwelche lustigen Spielereien von ihr.“ Dann seufzte er erneut. „Naja, zumindest habe ich für dich auch noch etwas, Fischbein.“ sagte er und reichte ihm einen für die meisten Leute fast schon überdimensionierten Hammer.
Fischbein nahm ihn in beide Hände und vollführte mit beiden Händen einen fast schon atemberaubend schnellen Schlag, wenn man bedachte, dass der Hammer vom Stielende bis zum Kopf gemessen Fischbein bis zur Brust ging.
„Ebenfalls aus bestem Gronckel-Eisen geschmiedet. Und extra für dich habe ich ihn etwas größer ausfallen lassen. Einige würden wahrscheinlich schon beim bloßen Heben ihre Schwierigkeiten haben, aber bei dir mache ich mir da keine Sorgen. Eigentlich die perfekte Waffe, denn sie wird weder rostig, noch muss man sie irgendwann schärfen.“
Fischbein war schwer beeindruckt, doch schüttelte den Kopf. „Grobian, das ist zu viel. Dieses Geschenk ist fast schon zu großartig. Ich kann das nicht annehmen.“
Der Schmied winkte ab. „Tu mir den Gefallen und nimm es. Ist ja nicht so, dass Gronckel-Eisen noch Mangelware ist. Mittlerweile haben wir es ja in Massen. Und ich glaube, sollten wir von Menschen angegriffen werden, die den Frieden mit den Drachen noch nicht wahrgenommen haben und uns für eine Bedrohung halten, dann brauchen wir definitiv jemanden, der diese Waffe halten kann. Ich habe mir solche Mühe mit diesem Ding gegeben, nimm sie wenigstens an.“ Er kratzte sich am Kopf. „Mann, ich muss echt lernen, besser an die Leute zu appellieren. Hicca konnte das besser.“ Er seufzte erneut.
Heidrun wollte wieder etwas sagen, doch etwas aus Richtung Signalhorn ließ sie aufhorchen.
„ES FOLGEN DIE KURZNACHRI- HEY, BLITZLING, ALTER KUMPEL, DU BIST JA WIEDER- HE, WAS SOLL DAS DENN- GIB MEINEN HELM WIEDER HER!“ rief Taffnuss durch das Horn und ab da konnte man seine Stimme nur noch entfernt hören. „Autsch, aua, auauau! Verdammt, mir tut alles weh…“
Scheinbar war er irgendwo runtergefallen.
„Ga-Gaaack!“ hörte man noch durch das Horn, was aber auch wieder schnell verschwand.
„Hehe, komm Blitzling, mach das nochmal- He, wer bist du de- AU!“ hörte man Raffnuss rufen. Wenigstens stand sie nicht direkt neben dem Horn, sonst hätten sich einige Berkianer jetzt bei ihrem Schrei freiwillig die Trommelfelle ausgestochen.
Dann tönte auf einmal eine ganz andere Stimme in einer deutlich erträglicheren Lautstärke durch das Signalhorn. „Ernsthaft, Kleiner? Die haben dich wirklich Blitzling genannt?“ fragte eine allseits bekannte Frauenstimme, die als Antwort ein nachtschattenähnliches Gurren vermischt mit dem Geknurre eines Skrills erhielt.
Dann hörte man das reine Gurren eines Nachtschattens. „Schon gut, Kumpel! Ich komm ja schon auf den Punkt.“ meckerte die Frau wieder. Dann räusperte sie sich. „Na schön ähm… Das sollte so viel heißen wie… äh… ach, egal. WIR SIND WIEDER DA!“ rief sie dann aus vollem Halse in das Horn hinein und kicherte dann vergnügt, als eine Menge Berkianer wegen dem plötzlichen Lautstärkeunterschied wieder genervt zusammenzuckten.
Heidrun blinzelte ein paar Mal, bevor sie sich wieder an Fischbein und Grobian wandte, denen die Münder offen standen. „War das eben Hicca, oder vermisse ich sie einfach nur so sehr?“
Grobian wischte sich eine Träne aus dem Auge. „Es gibt nur eine Person, die so eine Stimme hat wie Hicca, und das ist Hicca persönlich.“
„Und wo ist Ash?“ fragte Fischbein, der seine Antwort prompt erhielt.
Natürlich nicht ohne das Krächzen eines Nadders, das Brüllen eines Brüllenden Todes, eines Sturmbrechers und den Ruf eines Wechselflüglers.
Zusätzlich ertönten der Schrei eines Nachtschatten, das Brüllen eines Skrills und noch dazu die Mischung von beiden, als drei weitere Drachen aus der Nähe des Signalhorns aufstiegen und sich zu den herannahenden Drachen in der Luft gesellten.
Dann begannen sie alle gleichzeitig einen Sinkflug und setzten schließlich mitten auf Berks Dorfplatz auf, zu dem bereits Menschen wie Drachen auf der Stelle hineilten.
Dann stiegen sechs Menschen ab. Ein riesiger, breitschultriger Mann in einer vollständigen, ramponierten, schwarzen, römischen Rüstung mit schwarzen Schild und einem Schwert an der Hüfte, eine blonde Frau mittleren Alters mit einem Kleid und zwei Langdolchen und eine jüngere blonde Frau, praktisch das Ebenbild zur vorherigen in einer rot verzierten römischen Rüstung mit passendem Schwert und Schild.
Auch Valka war dabei, mit ihrer blauen Rüstung und ihrem Stab. Dann nahm sie ihre Maske ab.
Und schließlich die zwei sehnlichst Vermissten. Ash, in seiner üblichen Ausstattung mit Bärenfell und Axt auf dem Rücken und Hicca in ihrer Nachtigall-Rüstung, nur ohne Maske, mit abgesetzter Kapuze und mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
„Lasst mich durch! Aus dem Weg!“ donnerte der rotbärtige, ehemalige Häuptling, der sich gerade seinen Weg nach vorne durch die Menschenmenge bahnte und dann schließlich stehen blieb.
Er starrte Hicca an und sie machte nur eine entschuldigende Miene, während er ein Gesicht machte, als würde er am liebsten jemandem sofort den Hals umdrehen wollen. Dieser Blickkontakt hielt ein paar Sekunden, bevor sein Gesicht in ein breites Grinsen um schlug und er sein Tochter in eine knochenbrecherische Umarmung zog.
„Argh, schon gut… Vater… kann nicht… atmen!“ keuchte sie hervor und er ließ lachend von ihr ab. Sie lächelte. „Meine angeknacksten Rippen freuen sich auch, dich zu sehen.“ sagte sie und er lachte lauthals.
„Schön, dass du wieder da bist.“ sagte er zu ihr und sah dann über ihre Schulter. „Gute Arbeit, Sohn!“ rief er über sie hinweg.
„Sohn?“ fragte Hicca verwirrt und drehte sich um, starrte aber nur in Ashs Gesicht, bevor sie begriff was er meinte. Sie und Ash waren ja verheiratet und das machte ihn praktisch zu Haudraufs Sohn. „Ach so.“ sagte sie dann und verdrehte die Augen.
Ash grinste nur nervös. „Du solltest dich vielleicht nicht bei mir bedanken, sondern bei ihm hier.“ sagte er und deutete auf Caius, der nun vortrat.
„Und ihr seid…?“ fragte Haudrauf und streckte seine Hand aus.
Der Römer ergriff sie. „Caius Brutus ist mein Name. Die beiden Frauen hinter mir sind meine Frau Fulvia und unsere Tochter Amelie.“
„Römer?“ fragte Haudrauf skeptisch und zog eine Augenbraue hoch.
Caius legte den Kopf schief. „Das waren wir, bis wir Hicca und Ash bei ihrer Flucht aus Rom halfen. Nun, den Rest würde ich mit euch gerne unter vier Augen besprechen.“
Haudraufs Augenbraue wanderte noch weiter nach oben, doch bevor er weiter nachfragen konnte, trat Valka zwischen die beiden und schnitt ihm das Wort ab. „Unter sechs Augen, bitte. Ich komme mit, sonst passiert noch ein Unglück.“ sagte sie und schob die beiden auf Haudraufs Haus zu.
Die Menge sah den drei noch verwirrt nach, bevor sich wieder alle Aufmerksamkeit auf die restlichen Ankömmlinge richtete.
Ash zog eine Grimasse. „Habt ihr alle nichts zu tun?“
„Naja.“ sagte einer. „Wir haben zwei Monate auf dich gewartet, Chef. Da haben wir uns gedacht, vielleicht schmeißen wir heute eine Party…?“
Ash setzte eine gespielt fassungslose Miene auf. „Und warum trefft ihr da jetzt nicht die Vorbereitungen?!“ Gelächter ertönte aus der Menge. Ash musste seine Miene fallen lassen, die durch ein breites Grinsen ersetzt wurde. „An die Arbeit! Na los, hopp hopp!“
Die Masse verstreute sich wieder. Nur ein paar Wikinger blieben stehen.
Darunter auch Taffnuss, mit seinem Helm unter dem einen Arm und Hühnchen unter dem anderen. Sein Blick fiel auf Amelie und seine Gesichtszüge entgleisten förmlich. Nachdem er seinen Helm achtlos fallen ließ, schob er Rotzbacke Hühnchen geradezu direkt ins Gesicht. „Halt mal mein Huhn!“ sagte er nur und ging dann direkt auf die Römerin zu, die gerade von Flimmerschuppe, ihrem Wechselflügler abstieg.
„Wer, ich?!“ rief Rotzbacke entsetzt, erhielt aber nur einen gackernden Schrei von Hühnchen ins Ohr. Reflexartig drehte er sich weg und hielt Hühnchen angewidert auf eine Armlänge Abstand.
Amelie machte überrascht einen Schritt zurück, als sie sich von ihrem Drachen umdrehte und auf einmal Taffnuss direkt vor sich hatte.
„Einen wunderschönen guten Tag, junges Fräulein.“ Begann er, nahm ihre Hand und küsste diese während er sich verbeugte. „Ihr seid wahre Medizin für meine wunden Augen.“ Dann drehte er sich ein wenig um und sah den Blitzschatten aus dem Augenwinkel an. „Woran ein gewisser, dämlicher Drache nicht ganz unschuldig ist…“
Er gurrte Taffnuss entsetzt an. Nun ließ der Wikinger die Hand der Römerin los und wandte sich nun vollends um. „Ja, ich habe dich dämlich genannt, Blitzling. Komm damit klar!“ rief er hinüber. Der Drache schmollte und rollte sich zusammen.
In dem Moment sah Taffnuss, wie Hühnchen aus Rotzbackes Armen hüpfte und gackernd vor ihm davonrannte. Raffnuss versuchte ihm zu helfen, das lebende Federkissen einzufangen, doch die beiden scheiterten kläglich.
Er wandte sich wieder Amelie zu. „Wenn ihr mich nun entschuldigen würdet, es gilt ein Huhn in Not zu retten. Habe die Ehre, junges Fräulein.“ sagte er und rannte sofort los.
Amelie lächelte ihm ein wenig verträumt hinterher und winkte, bis sie den strengen Blick ihrer Mutter von der Seite bemerkte. „Was ist denn?“ fragte sie unschuldig.
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Die Nachtigall von Berk
De TodoHicca wurde als Gegner für den Riesenhaften Alptraum ausgewählt. Daher versucht sie unauffällig mit Ohnezahn abzuhauen. Durch Ash fliegt sie jedoch auf und flieht mit einigen Komplikationen, die nicht unvergessen bleiben. Drei Jahre später kommt ein...