Etwas wofür es sich zu kämpfen lohnt

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Zufrieden ließ sich Itarille auf ihr Bett fallen. Sie konnte es immer noch nicht glauben, was soeben passiert war. Diese Reise hatte bereits alles verändert und sie hatte tatsächlich das gefunden, wonach sie gesucht hatte: Ein Abenteuer. Sie war Thranduil begegnet und schlagartig hatte sich für sie alles verändert. Aber Itarille fürchtete die Zukunft. Wie würde es weiter gehen? Thranduil wusste noch nichts über den Untergang des Königreiches geschweige denn ahnte er, wer Itarille wirklich war. Dann war da noch ihr Vater. Wobei sich Itarille eigentlich sicher war, dass dieser nichts gegen Thranduil auszusetzen hatte. Nur wie würde sie es ihm am besten sagen? Itarille zog sich das Kissen unter den Kopf und kuschelte sich in die Decke ein, bevor sie ihre Arme unter ihrem Kopf anwinkelte. Morgen würde sie es ihm sagen. Das nahm sie sich fest vor, denn sie wollte, dass er ihr Vertrauen konnte und dies ging nur, wenn sie ihm nichts verschwieg. Ob er auch seine Geheimnisse hatte? Eigentlich konnte sie es sich bei ihm nicht vorstellen. Er hatte ihr ja auch direkt gesagt, dass er Gefallen an ihr hatte.

„Das Schwert muss ruhig in deiner Hand liegen", erklärte er und Itarille spürte seinen warmen Atem an ihrer Wange. Thranduil stand hinter ihr und hielt Itarilles Hände fest, die das Heft umfassten. „Dann kannst du langsam damit beginnen das Schwert zu führen", fuhr er fort und bewegte seine Hände, damit auch die von Itarille, vorsichtig hin und her. „Verstanden?", fragte er und Itarille nickte. Als er los ließ und neben sie trat spürte Itarille wieder, wie schwer die silberne Waffe doch war. Trotzdem versuchte sie es weiter und ließ die Schwertspitze durch die Luft gleiten. Thranduil verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihr zu. Itarille war es nicht entgangen, wie aus ihm der Krieger sprach. Kaum hatte er ihr Schwert in der Hand gehabt, wurde seine Haltung straffer und er wurde aufmerksamer. „Also ich weiß nicht", sagte Itarille und ließ das Schwert sinken. „Was ist denn?", fragte Thranduil besorgt und legte ihr einen Arm über die Schulter. „Es fühlt sich nicht richtig an", gab Itarille zu bedenken. „Warum wolltest du dann, dass ich es dir zeige?", fragte er mit zusammen gezogenen Augenbraun. Das Thema hatte sie ja schon fast verdrängt. Aber länger verschweigen konnte sie es ihm nicht. Schließlich hatte sie sich gestern Nacht noch geschworen, es ihm zu sagen. „Ich habe mit Melian gesprochen", setzte sie an und drehte sich so, dass sie dem Elben direkt in die blauen Augen gucken konnte. „Sie erzählte mir, dass ihre Zeit bald vorbei seien würde. Ich denke, mehr brauche ich dir nicht zu erklären." Thranduils Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. „Das heißt Doriath wird...?", flüsterte er betroffen und Itarille nickte. „Deswegen hast du gefragt, ob ich gerne Reisen würde", stellte Thranduil fest und blickte Itarille an. „Ich wollte dich beschützen", hauchte Itarille. „Wenn muss ich dich beschützen, brennil vell", antwortete Thranduil und strich ihr mit dem Daumen über die Wange. „Aber wenn dir was passiert..." „Itarille. Mir wird nichts passieren und auch dir nicht", sprach er sicher. „Wir werden rechtzeitig von hier verschwinden, aber solange über dieses Reich noch Frieden herrscht, sehe ich keinen Anlass von hier weg zu gehen", fügte er hinzu und Itarille steckte das Schwert in die Scheide, bevor sie ihrem Geliebten um den Hals fiel. „Ich liebe dich", nuschelte Thranduil Itarille ins Ohr. Entspannt schloss Itarille die Augen. Immerhin ein Geheimnis weniger. Ein Knistern hinter ihm, lies Thranduil aufschrecken. Er stoß Itarille behutsam von ihm weg und zog ihr Schwert heraus. Blitzschnell hatte er sich mit erhobenem Schwert umgedreht und sah in den Wald. Itarille sah nichts, außer sie beide war niemand auf der Lichtung und um sie herum war auch niemand. „Jetzt übertreibst du aber", sagte sie trocken und Thranduil zischte. „Das war sowieso nur ein Tier", fügte sie hinzu und sah ihn über seine Schulter an und wollte ihn umdrehen, aber Thranduil blieb standhaft. „Da ist wer!", flüsterte er überzeugt und Itarille sah noch einmal genauer hin. Zwischen den Bäumen rannte eine große Gestalt geradewegs auf sie zu. Mit großen Schritten huschte sie aus dem Wald heraus und mit einem entsetzten Gesichtsausdruck kam Narewen vor ihnen zum Stehen. „Beren hat Doriath verlassen", berichtete sie atemlos. Thranduil steckte das Schwert in aller Ruhe zurück, bevor er sich zu Narewen wandte. „Warum?", fragte er. „Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass der König den Menschen verbannt hat und damit das Herz seiner Tochter aufs Spiel setzt." „Er hat ihn nicht verbannt. Er fordert das Silmaril Melkors als Brautpreis!", sprach sie schnell und gestikulierte wie wild. Itarille schmunzelte. Das letzte Mal als sie die Elbin getroffen hatte, war sie ruhig und zurückhaltend. „Das ist Wahnsinn", flüsterte Thranduil und Itarille sah abwechselnd ihn und Narewen an, die stillschweigend neben einander standen. Ihre Gedanken gingen zu dem Gespräch mit Melian zurück. Der Untergang von Doriath würde erst der Anfang sein, da war sich Itarille sicher. Und auch, dass es von Beren abhing, wann das Reich fallen würde. Aber sie war nicht mehr alleine und nur das zählte. Sie würde sich ein Leben mit Thranduil aufbauen, egal welche Katastrophen und Untergänge sich dazwischen stellten. „Itarille?", wisperte Narewen. „Ja?", antwortete sie ruhig und sah der jungen Elbin in die grünen Augen. „Ihr seid mächtiger als ich. Wisst ihr was passieren wird?", fragte sie vorsichtig. Itarille schluckte. Wie viel konnte die Elbin vertragen ohne, dass Itarille ihr Angst machte? Sie hatte schon einiges erlebt, zwar nichts dergleichen, aber trotzdem wusste sie damit irgendwie umzugehen, was bei Narewen nicht der Fall war. Schließlich war sie in Frieden aufgewachsen und kannte nichts Böses. „Die Grenzen dieser Welt werden sich verändern", sagte Itarille, darauf bedacht nicht zu viel zu sagen. „Inwiefern?", mischte sich Thranduil ein und Itarille warf ihm einen flehenden Blick zu. Er nickte fast unmerklich. Er wusste, was sie ihm sagen wollte. „Narewen, macht euch keine Sorgen, aber haltet die Augen offen, auch ich kann nicht genau voraussehen, was passieren wird. Den Lauf der Welt kennt nur einer", meinte Itarille, auch wenn es nicht ganz der Wahrheit entsprach. Denn sie wusste, was mit Doriath passieren würde. „Ich danke euch", verabschiedete sich Narewen zögerlich und verschwand genauso schnell wie sie gekommen war. Itarille war bewusst, dass ihr diese Antwort nicht reichte, jedoch war sie so höflich, dass sie sich darüber nicht beschwerte. Ihr Blick richtete sich auf Thranduil. Seine Augen sprachen eine ganz eigene Sprache. „Ich bin froh, dich zu haben", sagte Itarille und schmieg sich erneut an Thranduil. „Und egal was kommt, nichts wird mich mehr von dir trennen", fügte sie zufrieden hinzu und Thranduil küsste sie auf die Stirn. „Etwas wofür es sich zu kämpfen lohnt." Diese Worte würde Itarille nie mehr vergessen.


Itarille & Thranduil || Im SternenlichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt