Böse Überraschungen

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Die fremde Kreatur war überrascht von Itarille und fuhr erst einen Schritt zurück, bevor er sein Schwert umpackte und damit auf Itarille zulief. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Beim nächsten Mal würde sie einfach die Flucht ergreifen und nicht an einen Angriff denken. Zu mindestens es gab ein nächstes Mal. Schnell hielt sie die Klinge schützend vor sich und die Gestalt wurde im Mondlicht erkennbar. Sie trug einen dunkelgrünen Umhang und hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Mit wenigen Schritten stand die Kreatur direkt vor Itarille und der Stahl traf mit einer gigantischen Wucht auf Itarilles Schwert, sodass sie einen Schritt zurück taumelte. Eilig holte sie mit dem Schwert aus und die Klinge jagte durch die Luft. Ihr Gegenüber wehrte den Angriff gekonnt ab und das Schwert wäre Itarille fast entglitten. Mit einem Zischen rauschte die Klinge ihres Angreifers auf sie zu. Schnell duckte sie sich und spürte den Windstoß, den das Schwert über ihr hinterließ. Mit einem Griff fasste sie das Heft nach und sie haute mit aller Kraft das Schwert nach oben. Der Unbekannte schnellte zurück und er wehrte erneut den Angriff ab. Verzweifelt versuchte Itarille es erneut und diesmal war sie einen Bruchteil schneller. Die Klinge streifte den Oberkörper ihres Angreifers und er blickte überrascht zu Itarille. Diese hielt den Atem an, als sie auf den Blick der Gestalt traf. Augenblicklich ließ sie ihr Schwert fallen und schlug die Hände vor den Mund. „Was... was tust du hier?", stotterte sie und richtete sich auf, ihr Blick auf die aufgerissenen Kleider geheftet. „Ich war auf der Suche nach dir", entgegnete Thranduil ruhig und trat direkt an sie heran. „Es tut mir so leid", stammelte Itarille. „Shh", beruhigte Thranduil sie und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Ist doch alles gut." Seine Hände fuhren gefühlvoll bis zum Saum des Umhangs und er ließ die Kapuze von Itarilles Kopf fallen. „Aber immerhin hat das Training ja doch was gebracht", lachte er und nahm Itarille fest in den Arm. Itarille schlang ihre Arme um ihn und schwieg. Sie war einfach froh, dass sie wieder in seinen Armen war, auch wenn es ihr mehr als leid tat, dass sie ihn erwischt hatte.

„Die Sterne leuchten hell", stellte Thranduil fest, nachdem er sich neben Itarille gegen den Stein gesetzt hatte. „Ja das stimmt", flüsterte Itarille zufrieden und lehnte sich an ihn. Thranduil legte seinen Arm um ihre Schulter und strich mit seiner Hand durch ihre goldenen Haare. Itarille schloss die Augen und genoss einfach den Moment. Sie war wieder mit Thranduil vereint. Nie wieder würde sie um den Willen eines Freundes verreisen und dafür Thranduil zurücklassen. „Itarille?", fragte er vorsichtig und sie öffnete wieder die Augen. Erwartungsvoll sah sie ihn von der Seite an und sie spürte, dass er sich fürchtete. „Sag mir, was dir auf dem Herzen liegt", sagte Itarille ruhig. Was wollte er von ihr? „Ich will dir nicht zu nahe treten...", setzte er an und atmete tief ein. „Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass du mir etwas verschweigst", fuhr er stockend fort. Itarille sah weg. Sie konnte ihm nicht in die Augen gucken. Thranduil hingegen sah sie an, in der Erwartung einer Antwort. Itarille spürte seinen Blick und erhob sich langsam. In Gedanken schritt sie zum Flussufer. Das Rauschen der Wasserfälle und die Sterne, die im Wasser reflektierten, lenkten Itarille einen Moment ab. Erst Thranduils Schritte hinter ihr und seine warmen Hände auf ihren Schultern holten sie zurück. „Ich kann es dir nicht sagen", hauchte Itarille und drehte sich um. Thranduil sah sie verständnislos an. „Warum? Warum behältst du es geheim? Bin ich es nicht wert, dass du mir alles erzählst?", sagte er enttäuscht und ließ seine Hände sinken. „Thranduil. Ich liebe dich mehr als alles andere auf dieser Welt und genau deswegen sage ich es dir nicht. Noch nicht. Bessere Zeiten werden kommen und bis dahin musst du mir vertrauen", sprach Itarille flehend und nahm Thranduils Hände in ihre. „Und was ist es, was du mir verheimlichst?", fragte Thranduil bitter. „Es geht um meinen Vater. Was er ist und was es für mich, für uns, bedeutet", sagte Itarille. „Das ist alles?", fragte Thranduil zweifelnd und Itarille nickte. „Dann werde ich warten", sprach er ruhig und nahm Itarille wieder in den Arm. „Ich danke dir", sagte Itarille erleichtert. „Melinyel", fügte sie lächelnd hinzu. „Was heißt das?", fragte Thranduil. „Ich liebe dich", erklärte Itarille lachend. „Und glaub mir, wäre es nicht zu deiner Sicherheit, dann würde ich dir es auch nicht verschweigen. Denn hier in den Ländern sind mir einige Gesichter bekannt, aber nicht nur freundlich gesinnte. Wenn du unwissend bist, wird es dich vielleicht schützen", fuhr sie fort. „Was meinst du damit?", fragte Thranduil. „Wenn es möglich ist, werde ich dich beschützen, auch wenn ich mich dafür in Gefahr begebe. Aber du sollst wissen, dass du mir alles sagen kannst." „Dafür bin ich dir auch dankbar. Aber ich werde dir auch verschweigen, wen ich damit meine, denn ich befürchte, dass diese Information nichts Gutes über dich bringen würde", sagte die Blonde mit einem milden Lächeln. Dabei dachte sie an Feanors Söhne und jene Elben, die Valinor verlassen haben. Einige der Verbannten oder jene, die freiwillig ins Exil gingen, waren ihr gut bekannt. Allerdings waren die Elben, die die Valar verachteten, ihr gar nicht mehr gut gesinnt. Denn die Vanyar wurden von Manwe und seiner Gattin Varda am meisten geliebt und genau das war der Grund, warum viele der Noldor sie verachteten. Bei anderen, wie es bei Feanors Söhnen der Fall war, wollte Itarille keinen Kontakt, allerdings wurde dies von der anderen Seite mehr oder weniger erwidert. Sie wollte gar nicht daran denken, was Curufin und Celegorm mit Thranduil anstellen würden, wenn sie wüssten, dass er ihr Partner ist. Sie war froh, dass sie es am Mittag geschafft hatte, die beiden abzuhängen. Solange sie nicht wieder auf die Geschwister treffen würde, war alles gut. Allerdings fürchtete sie jenen Moment, indem sie durch verstrickte Zufälle auf Celegorm und Curufin treffen würde. Maedhros und Maglor waren hingegen die einzigen Söhne von Feanor, die sie einigermaßen mochte. Mit Maedhros war sie seiner Zeit sogar recht gut befreundet. In ihren Augen war er der einzige, der seiner Mutter ähnelte und nicht seinem durchgeknallten Vater. Was wegen Feanor schon alles passiert war... Und Itarille war sich sicher, dass noch mehr Schaden angerichtete werden würde.

Itarille & Thranduil || Im SternenlichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt