Rhona

15

,,Nimm deine Scheiße zusammen und klär den Mist mit Bane. Triff dich nie wieder alleine mit Kyle und halte dich einfach daran. Du hast Fehler gemacht, Rhona. Aber das ist normal. Lern daraus und mach es jetzt besser, als dich absichtlich immer tiefer in die Scheiße zu reiten", sagte Ice schließlich resigniert, wenn auch ruhig.

Ich schluckte. ,,Tracy ist bei Bane. Ich werde das nicht mit ihm klären", murmelte ich stur.

,,Das wirst du, Rhona. Kneif deinen fetten Arsch zusammen."
Ice zog mich am Arm etwas nach vorne, um die Tür zu öffnen und mich zu Bane's Tür zu drängen.
Ich hörte ein Kichern. Meine Glieder wurden schwer wie Blei, während mein Herz kurz aussetzte, bevor sich ein heftiges Ziehen in meinem Magen breit machte.

Ice klopfte laut an die Zimmertür und verschwand dann.
Ich biss die Zähne zusammen und trat auch schnell den Rückzug an. Das wollte ich zumindest, aber da öffnete mir schon Bane die Tür. Er starrte mich an, als wäre ich verrückt geworden.
,,Hey."
Ernsthaft, Rhona? Ein beschissenes Hey?

Bane runzelte die Stirn. ,,Wo ist Andrew? Rhona, ich bin nicht dein verdammter Ersatz", sagte er mit bissigem Unterton und gesenkter Stimme.

Ich sah Tracy auf dem Bett sitzen. Sie lächelte mich gezwungen an, was ich so halb erwiderte.
Ich konnte sie einfach nicht mögen.
,,Ich muss mit dir reden."
Ich blinzelte und grub meine Hände fast in den Türrahmen.
,,Oder hast du Ice's und mein Gespräch gehört?", fragte ich verunsichert.

Eine Sorgenfalte erschien auf Bane's Stirn. Es schockte mich das meine Hand zuckte und ich am liebsten solange über diese kleine Falte zwischen seinen Augenbrauen gestrichen hätte.
Man, das wurde mir viel zu schnell ernst. Fast hätte ich einen Rückzieher gemacht, aber ich riss mich zusammen.
,,Rhona geht's nicht gut, Tracy. Ich versuche sie eben zu beruhigen", erklärte er seinem Date und schloss mit einem schiefen Grinsen die Tür hinter uns.
Unauffällig erlaubte ich mir erleichtert auszuatmen.
Vielleicht redete er ja doch mit mir.
,,Ist irgendwas mit den Jägern, Kyle oder dieser Schlampe?", fragte Bane, beugte sich näher zu mir und senkte seine Stimme.
Auch wenn er nicht wegen meinem gehofften Grund mit mir rausgekommen war, erwärmte sich doch mein Herz aufgrund seiner Sorge.

Ich schüttelte den Kopf und die Wörter blieben in meinem Hals stecken.
,,Ich wollte..-" Ich brach ab und schluckte.
KOMM SCHON, Rhona!
,,Ich wollte mich entschuldigen..?", sagte ich fast schon fragend und runzelte blinzelnd die Stirn.

Er starrte mich an. ,,Wir reden später darüber."
Plötzlich klang er abweisend.
Und stand nicht mehr neben mir.

Auch wenn mir Tränen in die Augen traten und mein Herz fast auseinander brach, riss ich mich bestmöglich zusammen und tat das, was ich schon immer getan hatte um mich abzulenken.
Kampftraining mit einem meiner Brüder.

...

,,Okay, denk immer dran, Rhona. Wir können dich wieder zusammenflicken, wenn du nicht komplett tot bist", scherzte Ice grinsend.
Der Streit von eben vergessen. Er hatte mich glücklicherweise auf meine brechende Stimme und die Tränen in meinen Augen ebenfalls nicht angesprochen.
Ein Glück.

,,Oh, ein Glück", erwiderte ich mit distanzierter, dunkler Stimme.
Wie immer unmittelbar nachdem ich heftigst verletzt wurde.

Wir waren so tief im Wald dass uns die dumme Schlampe Tracy nicht sehen konnte.
In diesem Moment hasste ich Menschen.
Ich schrie schmerzvoll auf, als ich versuchte einen Eisball abzufeuern.
Eis war am wenigsten gefährlich und wenn ich das ohne Schmerz hinkriegte, würden wir schonmal weiter kommen.
Der Baum den ich getroffen hatte knackste gefährlich. Die Rinde war wie von einer Bombe abgeschmettert. Dafür sackte ich zusammen und wimmerte wegen den heftigen Kopfschmerzen und der Übelkeit.
Einen kurzen Moment verschwand Bane's Gesicht von meinen Augen und die Gesichter und der Blutgeruch meiner Brüder brannte sich in meinen Geist. Dann kam Bane wieder und starrte mich abweisend an.

Ich vergrub meine Finger im Rasen und spürte den kalten Schweiß unangenehm auf meinem Rücken.
,,Verdammt, Rhona! Ganz langsam. Du zerstörst dich!"

,,Hatten wir das Thema nicht eben schon?", erwiderte ich mit schmerzvoller Stimme und riss vor Wut und Schmerz Grasbüschel aus dem Rasen.

,,Komm schon, wir lassen das übernatürliche weg. Ist sowieso zu gefährlich mit dem Menschenmädchen hier..", murmelte Ice letzteres und zog mich hoch.

Kurz wurde mir schwarz vor Augen, dann blinzelte ich hastig und mein Blickfeld klärte sich. ,,Greif du an", erwiderte ich mit vom schreien rauer Stimme.

,,Du kannst dich kaum auf den Beinen halten, mach' eine Pause", forderte Ice mich schnaubend auf.

,,Gott, befiel mir nicht immer irgendwas! Greif einfach an!"
Ice seufzte, bevor er auf mich zutrat.
Einige Sekunden tänzelten wir nur im Kreis.
,,Was treibst du da? Wollen wir vielleicht tanzen?", fragte ich provokant und spöttisch.

Ich sah seine Faust nicht auf mich zukommen und schaffte es nicht mehr rechtzeitig auszuweichen.
Ich stöhnte, als er einen heftigen Schlag in meinem Magen landete, umgriff schmerzerfüllt seine Hand und verdrehte ihm den Arm.
Ice stieß die Luft durch zusammengebissene Zähne aus, bevor er mit seinem Fuß nach hinten trat und mich voll wegstieß.
Ich stolperte einige Schritte zurück, bevor ich versuchte mich auf ihn zu stürzen.

Ich war glücklich über den Treffer den ich auf seine Brust landete.

Es gab praktisch keine Regeln bei unseren Test Kämpfen.
Nur nicht ins Gesicht oder intime Stellen. Sonst wäre es unfair. Und je nachdem keine Elemente benutzen.
,,Hast du nicht mehr drauf?", provozierte dieses Mal Ice.

,,Sag du's mir", forderte ich ihn auf und holte mit meinem Bein aus.

,,Viel zu hervorsehbar, kleine Schwester", spottete Ice, nachdem er mein Bein abgefangen hatte und einmal heftig daran zog.

Die Luft wurde mir durch den Sturz auf den Boden aus den Lungen gepresst, aber ich lachte trotzdem.
Wenn es auch mehr ein schmerzvolles Husten war.

Das hier ließ mich an alte Zeiten zurückdenken. An gute Zeiten.