Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken. Wer war das? Es war wirklich mitten in der Nacht, ich befand mich auf einem weiten Feld, nicht nah genug an der Wohnsiedlung, um jemanden aus dem Schlaf schreien zu können... Ängstlich sah ich mich nach meinem Verfolger um. Mein ganzer Körper bebte immer noch von meinem Wutanfall und meine Atemzüge kamen stoßweise, nachdem ich den Weg hierher so schnell wie möglich gerannt war. Jetzt kam noch die panische Angst vor etwas Entsetzlichem dazu.
Ich versuchte, die dunkle Gestalt ein paar Meter von mir entfernt zu erkennen. Und die muskulösen Arme, die bis vor kurzem noch von der warmen Jacke, die jetzt mich wärmte, bedeckt gewesen waren, verrieten ihn schlussendlich. "Liam?", kam es zögerlich von mir, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass es sich um ihn handelte.
"Ja, Olivia, keine Sorge.", antwortete er und wie aufs Stichwort überbrückte ich die paar Meter zwischen uns schnell und schmiss mich förmlich in seine Arme.
"Scheiße.", seufzte ich. Liam hatte wohl keine Ahnung, was gerade in meinem Kopf vor sich ging, aber er beließ es vorerst dabei und strich mir beruhigend mit der Hand über den Rücken, während ich mein Gesicht tief in seinem Shirt vergrub. Eigentlich kannte ich ihn nicht. Auch wenn ich als stolzer 1DFan wohl mit Fug und Recht behaupten könnte, ihn schon seit einem Jahr zu kennen, hatte ich Liam doch eigentlich nie wirklich gekannt. Persönlich, meine ich. Und auch die letzten Tage hatte ich nicht wirklich viel über ihn erfahren, geschweige denn konnte ich sagen, ich wäre mit ihm befreundet. Aber jetzt gerade, in diesem Moment, wusste ich einfach, dass ich ihm vertrauen konnte. Dass er da war für mich, so wie Xenia und Fiona. Und das machte ihn in den Minuten, die er mich schweigend in den Armen hielt, zu einem Freund.
Nach einer Weile drückte Liam mich sanft von sich und zwang mich, ihn anzusehen.
"Auch wenn ich als Harrys Freund jetzt eigentlich sagen müsste, dass du ihn nicht so einfach schlagen kannst...Bin ich verdammt nochmal froh, dass dus getan hast!!"
Das schwache Lächeln, zu dem sich seine Lippen geformt hatten, tröstete mich nicht gerade über den Gedanken hinweg, dass ich DEN Harry Styles geohrfeigt hatte. Oh Gott, wie blöd war ich eigentlich?! Aber Moment.... Liam fand das gut?
"Warte, warte....Warum genau bist du froh darüber?", sprach ich meine Gedanken aus.
Liam sagte kein Wort, sondern zog mich mit sich in Richtung des Baumstammes. Als er auf diesem Platz genommen hatte, bedeutete er mir, mich ebenfalls zu setzen.
"Weißt du, wie oft wir in letzter Zeit mit Harry gestritten haben?", fing er dann an und ich schüttelte nur den Kopf. Irgendwie gefiel mir jetzt schon nicht, was Liam sagte.
"Sehr, sehr oft. Und das eigentlich immer wieder aus demselben Grund. Nicht, weil er irgendwie anders oder bescheuert zu uns wäre, nein. Mit uns ist Harry eigentlich fast noch der Alte. Aber im Umgang mit Fans, Vorgesetzten, Kollegen, ja, sogar seiner Familie... Du hast es vorher eigentlich ganz passend formuliert: er benimmt sich wie jeder andere abgehobene Star: wie ein verdammt aufgeblasener Wicht."
Ich verzog das Gesicht. Ich weiß, es sollte mich eigentlich nicht stören, aber irgendwie machte mir es schon zu schaffen, was sich hinter meinem Idol Harry Styles derzeit für ein Mensch verbarg.
Einige Minuten verstrichen, ohne dass einer von uns etwas sagte und ich überlegte, ob Liam eine Antwort oder einen Kommentar von mir erwartete, doch just in dem Moment fuhr er fort:" Das Schlimme ist, dass Harry das nicht verdient hat. Dass Leute hinter seinem Rücken von dem ungehobelten und eingebildeten Menschen reden, den du kennengelernt hast. Weil er das nicht ist, er ist das nicht gewesen und so hätte es nie passieren sollen. Wir haben uns bei der Veröffentlichung von Up all Night geschworen, nie zu vergessen, wo wir herkommen. Das Problem ist, dass manche Menschen anfälliger für so etwas sind, wie andere."
"Was meinst du?"
"Na, hast du es nicht bemerkt, du bist doch ein Fan von uns, oder nicht?"
"Doch, doch, aber...-"
"Bei erfolgreichen Bands ist es doch grundsätzlich immer dasselbe Prinzip: ein Mitglied wird von den Medien zum wichtigsten Bestandteil der Gruppe auserkoren und in unserem Fall ist das wohl eindeutig Harry. Über ihn gibt es die meisten Gerüchte, Spekulationen und Weibergeschichten. Und glaub mir, nicht mal die Hälfte von all dem Quatsch ist auch nur ansatzweise wahr. Das Problem ist, dass die Medien nicht nur Schlechtes über ihn schreiben und bitte versteh das jetzt nicht falsch, ich spreche hier nicht aus Neid! Aber wenn er ständig als 'das heißeste Mitglied von One Direction´, ´der Traum aller Mädchen´ und charmantester Mann aller Zeiten bezeichnet wird, dann muss ihm das wohl irgendwann zu Kopf steigen. Wenn die ganze Welt permanent Lobeshymnen auf dich singen würde, würdest du nicht auch langsam den Verstand verlieren?"
Ich betrachtete Liam nachdenklich. Es schien, als würde er alles, was Harry tat, auf die Medien schieben. Ich wusste nur noch nicht so recht, ob ich ihm da Recht geben konnte.
"Man braucht immer jemanden, der einem am Boden hält.", gab ich nach einer Weile zu Bedenken.
"Ja, aber wir können das nicht mehr. Wir stehen genauso im Rampenlicht wie Harry und seiner Familie geht es da fast nicht anders. Er braucht jemanden, der absolut nichts mit all dem zu tun hat. Und ich hoffe, dass das, was du ihm heute an den Kopf geworfen hast, irgendetwas bewirkt."
"Wieso sollte es das?" Schließlich war ich jemand vollkommen Unbedeutendes für den großen Harry Styles.
"Wieso? Na, weil jemand, der ihn eigentlich anhimmelt ,erkannt hat, wie abgehoben und eingebildet er geworden ist und es ihm gesagt hat ohne irgendetwas zu beschönigen."
Das klang plausibel. Und trotzdem zweifelte ich stark daran, dass dieses eine Mal, dass jemand ihm vor Augen geführt hatte, was aus ihm geworden war, langfristig etwas in Harry verändern konnte. Nein, dafür war es zu wenig gewesen.
Harrys POV:
Als Liam und Olivia Anstalten machten, sich auf den Weg zurück zu machen, beeilte ich mich, schnell wieder zur Straße zurückzulaufen. Das Gras verschluckte jedes Geräusch und so war ich mir sicher, dass mich die zwei nicht bemerkt hatten.
Auf dem Weg zurück zum Hotel dachte ich über Liams Worte nach. War ich wirklich so? Das konnte ich mir fast nicht vorstellen... Aber wenn einer meiner engsten Freunde mit jemand anderem so über mich redete, musste doch etwas Wahres dran sein. Und Liam hatte absolut recht. Ich wollte nie so sein. So wie abgestürzte Musikgrößen, denen der Ruhm zu Kopf gestiegen war. Nur machte es ganz den Anschein, als dass ich auf dem besten Weg dorthin war.
Wie sollte ich das ändern? Ich selbst hatte ja auch nicht bemerkt, dass ich mich verändert hatte.
Wie hatte es Liam noch gleich gesagt? Er braucht jemanden, der absolut nichts mit all dem zu tun hat.
Und ich muss zugeben, dass meine Wange immer noch von ihrer Hand schmerzt. Also warum sollte diese Olivia mir nicht helfen können?
Uuuuund? Wie fandet ihrs?:)
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Welcome to nowhere (Harry Styles ff)
FanfictionWie wolltest du dich unterwinden, kurzweg die Menschen zu ergründen. Du kennst sie nur von außenwärts. Du siehst die Weste, nicht das Herz. -Wilhelm Busch, Schein und Sein Olivia ist eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Leben. In der Schule ist sie g...