Kapitel 1.

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Jane riss energisch ihre Augen auf, denn ihr Stiefvater hatte sie wachgerüttelt und beinahe aus dem Bett gezerrt.

Sie wollte zu einer Ansage ansetzten, doch das Glück -und vor allem ihr Verstand- blieb nicht bei ihr. Eine lauter Knall ertönte. Staub flog durch die Luft und Janes schriller Schrei war so laut, dass sogar die  Nachbarn sie hören konnten. Sie war selbstständig und eher ungeschickt vom Bett gefallen.

Ihr Stiefvater lachte und ja, er konnte sogar gar nicht aufhören zu lachen. Sie hingegen brauchte einige Momente, bis der Schreck nachgelassen hatte und sie sich aufsetzten konnte.

Einen mürrischen, feindseligen Blick schenkte sie ihm, sagte jedoch nichts. Sie hasste ihn und umso mehr vermisste sie ihren leiblichen Vater. Früher war ihr realer Vater immer für sie da gewesen, auch wenn er und ihre Mutter schon längst geschieden waren.

Es war ein furchtbares Jahr gewesen, als Jane und ihre Mutter, Sina, die Nachricht bekamen, dass ihr Vater an einem Autounfall ums Leben gekommen ist.

Dann hatte Sina Joel getroffen... Anfangs hatte Jane sich gefreut, dass Sina einen neuen Freund hatte. Sie hatte gehofft, dass Joel einen kleinen Vaterersatz darstellen würde, doch damit lag sie ganz weit daneben. Er war ein Feind- wenn nicht der schlimmste, den sie sich vorstellen konnte.

"Steh' schon auf!", befahl er und packte ihren Arm, wobei er sie aus ihren Gedanken riss.
"Was willst du?!", fragte Jane müde und noch immer im Halbschlaf.
"Beeil' dich. Wir müssen losfahren!"
"Wohin?"
"Mädchen, hast du mich nicht richtig verstanden?!" Langsam begann Joel zu brüllen.
" Ich will nur wissen, wo..." Mehr konnte Jane nicht sagen, denn ihr Stiefvater ins Wort: "Sei' nicht so Neugierig! Komm jetzt!"

Er erhob seine Hand und Jane befürchtete gerade, dass er sie schlagen würde, als die Stimme ihrer Mutter erklang: "Was macht ihr da? Und warum liegt Jane auf dem Boden?"
"Jane hat sich so sehr vor mir erschrocken, dass sie vom Bett gefallen ist. Ich wollte ihr aufhelfen, aber sie möchte nicht aufstehen.", meinte Joel.

Jane warf ihm einen giftigen Blick zu. Wut stieg in ihr auf. Er war ein Lügner, ein Feigling. Sina jedoch glaubte ihm, wie immer. "Das ist aber nett von dir, Schatz." Sie kam zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

Jane konnte kotzen. Sie konnte es nicht leiden, ihre Mutter so verliebt in diesen Idioten zu sehen. Wie konnte Sina nur so blind sein?

Sie stand mühevoll auf und stampfte aus dem Zimmer. Wenn sie diese vorgespielte Liebe von ihrem Stiefvater auch noch nur eine Sekunde ansehen musste, würde sie komplett ausrasten. Im Badezimmer angekommen, fing sie an ihre Zähne zu putzen, doch schon nur wenige Momente später schleuderte der Stiefvater die Tür auf.

"Du bist immer noch nicht fertig?!", meckerte Joel.
Jane spuckte die restliche Zahnpasta aus und sah ihn mit großen Augen böse an.
" Ich bin gerade eben ins Badezimmer gekommen und du erwartest, dass ich schon fertig bin?!", entgegnete Jane aufgebracht. Doch Joel ignorierte Jane und verließ den Raum.

Das Mädchen seufzte. Was hatte Joel gegen sie? Ging es darum, dass sie erkannte, dass es eine vorgegaukelte Liebe von ihm gegenüber ihrer Mutter war? Hatte er Angst, dass sie ihn verraten würde, wenn er nicht böse genug wäre? - Dumme Logik- Wenn überhaupt eine vorhanden war.

Das Mädchen Ohne ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt