Kapitel 14.

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Das Mädchen, Chiara, sagte nichts, Jane sagte nichts und John sagte ebenso wenig. Es war, als wären alle in einem Schockzustand, der ihre Stimmen nicht hörbar machte und ihre Körper lähmte. Erst, als die Rufe der anderen Mitschüler auf dem Flur ertönten, war die Lähmung aufgehoben. John setzte sich als erster auf seinen Platz und danach Jane. Zum Schluss, als die Klassenkammeraden schon fast an der Tür angekommen waren, konnte auch Chiara sich bewegen und ging zu ihrem Sitzplatz, der sich ganz hinten im Zimmer befand.
Als die restlichen Schüler den Raum betraten, würde es laut im Raum, denn der Lehrer war noch nicht da. Einige, Jungs, die allesamt durchnässt waren, versammelten sich um Johns Platz und fragten alle möglichen Fragen, doch die meist gestellte war: "Wo warst du vorhin?"
Jane wusste bereits, als sie die Frage hörte, dass John nicht sie Wahrheit sagen würde. Es war besser so, denn ansonsten würden Gerüchte entstehen, die keinem von den Beiden gefallen würden. Doch trotzdem war sie für einen kurzen Moment leicht geknickt als John log, er sei' auf der Toilette gewesen und hätte sich orientierungslos verlaufen. Chiara schien sich nicht für Johns Lüge zu interessieren, doch dafür beobachtete sie Jane umso lieber.
Jane schaute runter und spielte mit einem Stift. Ihre hellbraunen, glatten Haare fielen ihr ins Gesicht und sie wurde ein wenig rot, denn sie stellte sich vor wie die Situation aus Chiaras Blickwinkel wohl ausgesehen haben muss. Ihre grünen Augen, die tatsächlich die Farbe von einem Smaragt hatten, musterten den Bleistift, mit dem ihre Finger spielten. Der Bleistift schien alt, denn er war nur noch ziemlich klein und die Seiten waren zum großen Teil abgeblättert. War dies wohlmöglich ein Stift, mit dem sie früher bereits geschrieben hatte?

Jane war die letzte, die nach dem entscheidenden Klingeln noch im Klassenraum war. Sie packte gerade noch ihre Schulsachen ein, als sie Schritte hörte. Abrupt fuhr sie hoch und schaute zur Tür. Es war nur John, der in den Raum getreten war und sie anlächelte. Peinlich berührt lächelte Jane zurück. Warum erschrak sie sich immer so schnell?
"Nochmal Hallo, Jane. ", sagte er, "Sorry, dass ich dich so erschrocken habe. "
"Kein Problem. ", sagte Jane kurz und stopfte als letztes ihr Federmäppchen in die Tasche. Schnell machte sie den Rucksach zu und fragte dabei: "Was machst du eigentlich noch hier?"
"Ich wollte auf dich warten. "
Jane war überrascht, doch sie konnte sich zusammenreimen, warum John nicht direkt bei Schulschluss geblieben war. Es wäre zu auffällig gewesen.
Jane zog den Rucksack an und huschte hinüber zu dem Jungen. Gemeinsam gingen sie den Flur entlang.
"Ähm... könnte ich deine Nummer haben?" John sprach leise, als hätte er Angst von irgendjemanden gehört zu werden.
" Ich... ich glaube, ich habe kein eigenes Handy."
"Du glaubst?"
" Ja, also... ich habe kein Handy."
Wie sollte sie da noch rauskommen? Das war jetzt doch total komisch, aber was hätte sie sagen sollen? Zumindest schien John es lustig zu finden.
"Na dann, dann gebe ich dir einfach meine Nummer. Ruf mich an, wenn du möchtest, oder auch nicht. Naja, ich überlasse es dir, was du mit meiner Nummer anstellst.", meinte John grinsend und holte ein kleines Stück beschriebenes Papier aus seiner Hosentasche, das er Jane in die Hand drückte. "Danke, ich werde dich anrufen."
"Das hoffe ich doch."
Sie kicherten, während sie die letzten Treppenstufen hinunter gingen, hinüber zum Ausgang. "Wie kommst du immer zur Schule?", fragte Jane den hübschen Jungen.
" Ich fahre mit dem Bus, du?"
"Also..ich glaube, dass ich auch bald mit dem Bus fahren werde, aber wahrscheinlich erst nächste Woche. Wollen wir uns trotzdem... vor der Schule treffen?"
Sie biss sich auf die Lippe. Wohlmöglich war sie ein wenig zu aufdringlich, doch sie hatte sonst niemanden, mit dem sie Zeit verbringen konnte.
"Klar, wieso nicht.", war jedoch Johns Antwort und sie traten nacheinander aus dem Schulgebäude.

Das Mädchen Ohne ErinnerungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt