9. Kapitel

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Carina

In dieser Nacht hatte ich sehr, sehr schlecht geschlafen. Die ganze Zeit hatte ich darüber nachgedacht, wie ich wieder von hier verschwinden könnte, aber mir ist partout nichts eingefallen...  Irgendwann muss ich dann wohl doch eingeschlafen sein, denn am nächsten Morgen wurde ich von Vogelgezwitscher geweckt. Sofort hatte ich wieder diese vielen bunten Farben und den Fall vor Augen. Dann dachte ich an Kai und Emily. .. was sie wohl gerade machten... ob sie nach mir suchten ? Aber konnten sie mich überhaupt finden ? Die Erkenntnis, dass ich hier vollkommen allein war, traf mich wie der Schlag. Je länger ich daran dachte, desto stärker brannten die aufkommenden Tränen in meinen Augen.

Pünktlich bei Sonnenaufgang wurde die Zimmertür aufgesperrt. Das erste Gesicht, das ich ausmachte war das von Gaius, ausgerechnet der. Neben ihm jedoch stand ein Mädchen, etwa in meinem Alter. Sie hatte lange, braune Haare und geheimnisvoll  leuchtende, grüne Augen, die mich neugierig ansahen.  Statt einem "Guten Morgen " wie es jeder zu Hause gesagt hätte, begrüßte Gaius mich mit einem:"Dalli, dalli. Die Arbeit ruft !" und schleifte mich aus dem Zimmer. Zu dem Mädchen sagte er nur :" Du weißt, was zu tun ist.",dann ging er. Die Arbeit die wir verrichten mussten war nich sonderlich schwer. Sie bestand hauptsächlich aus Staub wischen, fegen, Tische decken. Als wir endlich allein waren fragte ich das Mädchen nach ihrem Namen. Wieder dieses schüchterne Lächeln. "Sophia ", antwortete sie mir. "Wie heißt du ? Und woher kommst du so plötzlich? " "Carina. Ehrlich gesagt, ich hab keine Ahnung, wie ich hierhergekommen bin, es ging alles so schnell...",antwortete ich ihr. Sie nickte nur. Schweigend machten wir weiter. Langsam wurde es Mittag und ich hatte noch immer nichts zu Essen bekommen. Mein Magen knurrte schon so laut, dass es auch Sophia hörte. Mitleidig sah sie mich an. "Essen gibt es erst gegen Abend, wenn du Glück hast. In den ersten Tagen hier haben sie mich hungern lassen... Zur Not bekommst du etwas von meinem Essen." "Danke! Bekommst du keinen Ärger deswegen? ", bedankte ich mich. Wieder nur ein Kopfschütteln. Sehr gesprächig war sie ja nicht grad. Trotzdem fühlte ich mich in ihrer Gegenwart wohl.  Es war irgendwie beruhigend.

Die Zeit verging sehr ,sehr langsam ein Zimmer nach dem andern. Nach einer Weile, als ich wusste was ich zu tun hatte, trennten wir uns. Ich ging in das Zimmer auf der rechten Seite, sie in das auf der Linken. Als ich die Tür öffnete, erschrak ich fürchterlich. Der Raum war nicht wie alle anderen leer, nein. Senator Marcus oder wie er hieß saß auf einem geschmückten Stuhl in der Ecke. Als er mich entdeckte wurde mir auf einmal eiskalt. Wenn Blicke töten könnten, dachte ich nur. Ich versuchte ihn einfach zu ignorieren. Einfach meine Arbeit zu machen. Doch es ging nicht. Immer wieder musste ich zu ihm herüber sehen und jedes Mal spürte er meinen Blick. Das merkte ich an der plötzlichen Kälte im Raum. Er hatte ein Blatt vor sich, auf das er einen langen Text schrieb, doch immer wenn ich versuchte was zu erkennen drehte er die Hand so, dass es unmöglich war. Was ist das nur, fragte ich mich. Mein Magen knurrte schon wieder unerträglich laut, was Marcus nur mit einem fiesen Grinsen quittierte. Schließlich zückte er Briefumschlag und Siegel, verschloss den Brief und kam auf mich zu. Aus Angst, wich ich drei Schritte zurück, doch er wollte nicht zu mir. Ohne allzu neugierig zu wirken, verfolgte ich aus dem Augenwinkel jeden seiner Schritte. Vor dem Eckschrank angekommen holte er einen Schlüssel aus seinem Gewand, und schloss die Schranktür auf. Diesmal war ich diejenige, die seinen prüfenden Blick spürte, doch ich gab nicht nach. Wischte einfach weiter.  Als er dachte ich guck nicht, holte er schnell eine Kiste aus dem Schrank, schloss sie auf und tat den Brief hinein. Wieder dieser Blick, Schrank abgeschlossen und schon war er weg. Zitternd setzte ich mich auf den Boden. Woher um himmelswillen hatte er sie ?!

Briefe der zeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt