1. Kapitel

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Es war ein klarer Frühlingstag als ich zum ersten Mal davon hörte. Die Sonne schien durch die großen Fenster des Speisesaals und ließ alles wie durch einen Filter erstrahlen. Ich saß an der vollen Mittagstafel mit meinem kleiner Bruder neben mir und meinen Eltern an der anderen Tischseite. Ich war gerade dabei mir einen Löffel der Schokocreme in den Mund zu schieben, als mein Vater mich anblickte und sagte:" Diese neue Schokocreme brauchen wir unbedingt bei deiner Hochzeit. Das wird die Franzosen umhauen"
Ich runzelte die Stirn. Was war denn mit ihm los?
"Gregor sei leise. Nicht hier und nicht nebenbei als wäre es total unwichtig", wendete sich meine Mutter an meinen Vater.
"Wieso denn nicht Gabriella? Sie kann ruhig erfahren, dass sie bald eine französische Madame und verheiratet ist"
Was? Hatte ich richtig gehört? Ich verheiratet? Bei dem Gedanken war ich kurz davor die Schokocreme wieder auszuspucken.
"Wie bitte?", fragte ich angespannt.
"Selina wir müssen dir etwas sagen und jetzt guck nicht so, es ist eine freudige Nachricht...", fing meine Mutter an, doch mein Vater fiel ihr ins Wort.
"Mach doch nicht so einen großen Wirbel darum... Selina du wirst Rafael den französischen Prinzen heiraten um nach dem Krieg wieder eine neue Verbindung mit Frankreich aufzubauen..."
Mein Ohr schaltete auf Durchzug. Es waren zu viele Neuigkeiten zum Verarbeiten. Ich sollte verheiratet werden nur um die Feinde, die mein Vater sich gemacht hatte, wieder zu Freunden zu machen... Er tat so als wäre es nichts besonderes. Andere Väter würden darum kämpfen, dass ihre Tochter nicht mit 16 Jahren heiratet, aber er organisierte die Hochzeit sogar und stellte mich vor vollendete Tatsachen. Leider war er nicht nur mein Vater sondern auch der König, mein König.
Das kreischen meines kleinen Bruders riss mich aus den Gedanken. Der kleine hatte überall Schokolade im Gesicht und baumelte mit seinen kleinen Beinchen. Ich hatte ihn zwar lieb aber im Moment keinen Nerv für Spielchen.
"Selina?", meine Mutter sah mich fragend an. Sie hatte wohl auch bemerkt, dass mir alle Farbe aus dem Gesicht gewichen war.
Ich konnte das jetzt nicht.  Ich konnte nicht so tun als wäre ich mit den Plänen meiner Eltern einverstanden und als wäre alles gut.  Ich musste raus. Ohne ein Wort zu sagen stand ich auf und stürmte aus dem Saal. Mein langes Kleid schwebte mit mir durch die Flure und hinaus.

Ich lief durch den großen Garten mit tausenden von Blumen bis hin zur Streuobstwiese und ließ mich unter dem großen Kirschbaum fallen. Mein Rücken lehnte sich an den massiven Stamm und mein Blick wanderte in die Höhe zum grünen Blätterdach über mir. Immer wenn mich etwas aufregte oder ich einfach nur allein sein wollte, kam ich hierher. Dieser Ort mit seinen Farben beruhigte mich. Das satte Grün, der feste Stamm, der mich stützte und das weiche Gras unter mir... Der Kirschbaum war von innen teilweise hohl und diesen Stauraum nutzte ich für mein Bücher. Meine Bücher waren überall versteckt, sodass ich sobald mir irgendetwas in den Kopf stieg, es festhalten konnte. Ich griff in das Loch und tastete nach meinem kleinen, silbernen Notizbuch. Wenige Sekunden später fand ich es und schlug es auf. Die Seiten knisterten und der Duft vom Papier stieg in meine Nase. Herrlich. Ich nahm den Stift, der am Einband befestigt war und ließ meinen Gedanken freien lauf.

Das schlimmste an Verrat ist, dass immer deine eigenen Leute daran Schuld sind und nicht deine Feinde...

Schrieb ich in meiner verschnörkelten Schrift. Ich fühlte mich verraten und hintergangen. Sie hätten mich doch wenigstens vorher fragen können. Heiraten? Ich war 16 und ehrlich gesagt noch nie verliebt gewesen. Natürlich hatte ich schon oft davon geträumt, dass mir jemand in die Augen blickt und einfach nur mich sieht, nicht eine Prinzessin sondern ein junges Mädchen, dass in gerne in ihren bunten Gedanken versinkt. Ich würde dann in fremde aber doch so vertraute Augen blicken und mich verlieren in einer anderen Welt. Einer Welt voller Hoffnung, Trost und bedingungsloser Liebe...
Meine Heirat sollte nur eine Partnerschaft mit alten Feinden werden. Es war nur eine formale Angelegenheit. Ich sollte mit jemandem den ich nicht mal richtig kannte den Rest meines Lebens verbringen und vor dem Volk so tun als wäre er mein ein und alles. Diese Tatsachen nahmen meinen Vorstellungen von der Liebe irgendwie den Zauber.
Meine Finger fuhren über das dünne Papier. Ich griff wieder nach dem Stift und malte eine Krone. Meine Krone. Ich war die Kronprinzessin und würde später einmal die Königin sein.
Angst keimte in mir auf. Angst vor der Verantwortung eines ganzen Landes, obwohl ich seit Ewigkeiten darauf vorbereitet wurde, ich hatte Angst das Volk also mein Volk zu enttäuschen... Bei dem Gedanken daran musste ich schlucken.
Ich musste dieser Heirat zustimmen. Was würden die Leute denn denken, würde ich schon jetzt einen großen Fehler machen und nicht den Vorschriften entsprechen.

Für mein Volk

Meine Füße trugen mich durch die hohen Gänge zum Büro meines Vaters. Ich klopfte zaghaft an die dunkle Eichentür.
"Herein", hörte ich seine tiefe Stimme.
Ich drückte die Türklinke hinunter und betrat den großen Raum. Er war voll mit Regalen, Aktenstapeln und Büchern. Hier verfasste der König seine Briefe oder dachte über neue Gesetze und Allianzen nach. Auf dem großen, gepolstertem Schreibtischstuhl würde ich eines Tages sitzen.
"Was ist los Kleines?", fragte mein Vater ohne den Blick von seinen Papieren, die er gerade bearbeitete abzuwenden.
"Ich hab nachgedacht und ich werde der Heirat zustimmen", sagte ich entschlossen.
Der Blick des Königs richtete sich langsam vom Schreibtisch auf und fixierte mich.
"Ich wusste doch, dass du noch zur Vernunft kommst. Du bist ja schließlich meine Tochter und unser Geschlecht war schon immer mit ausgeprägten geistigen Fähigkeiten beschenkt"
Seine Augen hatten diesen stolzen Ausdruck, der immer aufblitzte, wenn er von sich und seinen Ahnen sprach. Ich hatte mich nie so gefühlt als würde ich zu seiner edlen Sippe dazugehören.
Ich traute mich nicht diese Worte vor meinem Vater auszusprechen aber in meinem Kopf waren sie unüberhörbar.
Ich tue das nicht für dich. Ich tue es für mein Volk.

Hi ihr Lieben, wie ihr wahrscheinlich gemerkt habt, habe ich eine neue Geschichte angefangen.
Ich hoffe es gefällt euch und bleibt auf jeden Fall dran es wird noch spannend.
Achso und lasst doch ein Feedback da.
Eure schaefchenwolke_

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