Be my princess

19. Kapitel

Drei Monate später

Die Tage verflogen wie Pusteblumen im Wind. Auf den Frühling folgte schließlich ein Sommer und aus dem Dunkel aus dem mein Königreich nun gerettet war, wurde eine glänzende Ära. Eines Morgens stand ich vor meinem großen Spiegel und war gerade dabei, mich fertig zu machen. Währenddessen versuchte ich Bennett, in meine noch geheime Liebe zu Jade einzuweihen...

Bennett sah mich mit großen Augen an.
"Warum liebst du sie?", fragte er mit seiner dünnen, kindlichen Stimme. Warum ich Jade liebte?
Diese Frage hörte sich so an, als würde jemand fragen, warum die Erde rund war. Es war einfach eine Tatsache, wie ein Naturgesetz, die Nacht war dunkel, der Tag hell und Selina liebte Jade . Die Antwort lag zwar auf der Hand, jedoch war sie nicht greifbar und schon gar nicht in Worte zu fassen.
"Weißt du Bennett", sagte ich während ich die Hand meines kleinen Bruders in meine eigene schloss, "irgendwann wird auch jemand in dein Leben kommen... Jemand mit dem du jeden Augenblick verbringen willst, jemand, der dein bester Freund und gleichzeitig dein Partner ist. Für diese Person würdest du alles hingeben und plötzlich sind ihre Bedürfnisse wichtiger als deine eigenen,denn dein größtes Ziel wird sein diesen Menschen glücklich zu machen und ihn lächeln zu sehen. Irgendwann wirst auch du jemanden finden, der dir wichtiger ist als alles andere und mit dem du alles teilen willst"
"Muss ich dann auch meine Schokolade mit dieser Person teilen"
Ich konnte mein Kichern nicht unterdrücken.
"Ja, du wirst selbst deine heilige Schokolade mit ihr teilen"
Bennett verzog erschrocken sein Gesicht.
"Dann weiß ich nicht, ob ich mich jemals verlieben möchte"
"Und ob du das willst, denn es ist besser als Schokolade", antwortete ich. Wie ich Bennett vermisst hatte.Ich umarmte meinen Bruder fest, bevor ich mich dem Spiegel zuwandte.  Mein Blick schweifte zufrieden über mein Spiegelbild. Es hatte sich vieles verändert , nachdem mein Vater verstorben war. Meine Mutter, die Königin, war zurückgetreten und hatte mich als Erben bestimmt. Lichthofen, Rafael und ich bereiteten fleißig unser neues System vor. Es sollte ein großes Parlament geben mit Abgeordneten vom Volk und mit mir als Oberhaupt. Zusammen würden wir die Gesetze bestimmen und uns mit Problemen des Landes befassen. In meiner Beziehung zu Jade hatte sich nichts geändert. Es kam mir so vor, als würden wir uns jeden Tag neu ineinander verlieben und jedes mal war es ein kleines bisschen stärker.
Mein Blick glitt über das mit dunkelblauem Brokat bestickte Kleid. Es war das Krönungskleid meiner verstorben Großmutter und heute würde ich es tragen, wenn mir die Krone auf den Kopf gesetzt würde. Heute war meine Krönung.

Als ich die schwere Tür zum Thronsaal aufstieß, stieg mir der Geruch von frischen Blumen und der Gesang eines Chores entgegen. In der Mitte des Raums erstreckte sich ein langer Gang, der bis hin zum erhöhten Thron führte. Rechts und links davon waren Bänke aufgestellt, auf denen alle meine Gäste saßen. Ich war so aufgeregt wie noch nie, doch als ich sah wie Ann  mir lächelnd zuwinkte und wie Rafael mir treu entgegen blickte, verschwand die Nervosität allmählich. Vorne angekommen nahm Lichthofen mich in seine Arme. Eine kurze Geste der Begrüßung, dann wendeten wir uns schließlich zum Publikum. Erst jetzt fiel mir auf, dass auf dem kleinen Tischchen mit dem Reichsapfel und der Krone, nicht die Krone meines Vaters und davor meines Großvaters platziert war. Jemand hatte sie umgearbeitet und einen der Zacken an einem Reif befestigt, sodass er trotzdem auf meinem Kopf hielt. Zwölf Siegelringe, die aus dem Rest der alten Krone gefertigt waren lagen daneben. Für die Zwölf obersten Representanten des Volks...
Lichthofen nahm die zierliche, goldene Krone vom Tisch, trat näher zu mir und räusperte sich.

"Unser Land ist durch Selina wie ein Phönix aus der Asche erstanden",schließlich blickte er mir direkt in die Augen, "Selina, ich kenn dich von klein auf und habe deine Fähigkeiten und deine Charakterzüge schon tausend mal erfahren dürfen. Am meisten hat es mich beeindruckt, wie du trotz oder ehergesagt durch eine schwere Situation deinen Glauben an dich selbst und an die Liebe verbessert hast. Schon als kleines Kind wolltest du alle Pferde im Stall abwechselnd reiten, damit sich keines von ihnen ausgeschlossen fühlte. Du möchtest, dass jeder die selben Chancen hat und nicht zuletzt wird das deutlich an deinem neuen parlamentarischen Regierungssystem. Deshalb kann ich mir keine bessere Königin vorstellen..."
Lichthofen streckte seine Hände aus und schob mir die Krone sanft ins Haar.
"Lang lebe Königin Selina die Gerechte"
Ein Echo seiner Worte hallte durch die Menschenmasse.
"Lang lebe Königin Selina die Gerechte"
Anstatt eine langweilige Rede zu halten stürmte ich auf die erste Bank zu, nur um Jade um den Hals zu fallen. Ich konnte einfach nicht anders, denn sie hatte mir bei so ziemlich allem geholfen. Bevor ich sie kennenlernte, war ich wie ein komischer, unförmiger Haufen Ton und sie hatte mich zu einer beeindruckenden Skulptur geformt. Ich war wie eine vertrocknete Rose, doch Jade hatte mich gegossen und gepflegt, sodass ich wieder aufblühen konnte. Ich löste mich aus der Umarmung, schaute in ihre braunen Augen und drückte endlich einen Kuss auf ihre Lippen.
Durch die Menge ging ein Raunen, doch irgendwer begann zu klatschen und schließlich artete alles in einem tosenden Applaus aus.
Selbst als wir uns schon wieder voneinander gelöst hatten, blickte ich mich nicht um. Dieser Moment gehörte nur uns beiden, alles andere trat in den Hintergrund. Suchend griff ich in meine Tasche. Da war es. Das kleine Kästchen, dass mir Rafael gegeben hatte. Ohne den Augenkontakt zu verlieren ging ich vor Jade in die Knie.
"Jade, du bist die erste und einzig wahre Liebe meines Lebens. Unsere Liebe ist als hätte man einen Knoten gebunden, denn selbst unter Druck wird sie nur noch stärker. Du bist meine größte Inspiration und du bist es, die mir die größte Freude am Leben schenkt. Du bist meine beste Freundin und ich möchte jeden Augenblick mit dir verbringen, deshalb fühlt sich dieser Schritt so verdammt richtig an"
Behutsam nahm ich Jades Hand und küsste sie federleicht, bevor ich das Kästchen öffnete und den glänzenden Ring hervorholte.
"Willst du mich heiraten und meine Königin sein?"
Unsere Blicke trafen sich. Blau traf auf braun...
"Nein", antwortete Jade.
Mein Herz setzte einen Moment aus.
"Nein ich werde nicht deine Königin sein und mit dir das Land regieren, dazu bin ich nicht bestimmt, aber ich bin gerne deine Frau"
Wir fielen uns in die Arme und weinten, doch wir wussten beide, dass es Tränen der Freude waren. Das Kapitel der Zweifel und der Trauer war abgeschlossen, doch wir hatten noch lange nicht das Ende unseres Buches erreicht. Dies war der Anfang von etwas wunderschönem.

~Ende~