"Komm mit wir haben viel zu tun", rief ich Rafael zu, der Jade und mich nur komisch anstarrte, als wir Decken und kleine Pakete mit Essen auf unsere Pferde luden. Zum Glück bekam keiner mit, was wir taten, denn meine Familie und die Angestellten hatten heute eine Art Versammlung, bei der unnötige Sachen, wie die Speisekarte, beschlossen wurden.
Der Wind hatte sich etwas gelegt, aber es war trotzdem kalt und regnerisch. Nach dem Gespräch mit Lichthofen und meinem Vater hatte ich Jade alles erzählt und nun wollten wir selber Hand anlegen und zumindest das nötigste zu den leidenden Menschen bringen. Rafael hatte uns durch Zufall gesehen und ich hatte vor ihn gleich mit einzuspannen. Hilfe konnte man nie zu wenig haben.
"Was zur Hölle macht ihr da?", fragte er, als er näher an mich und Jade herantrat.
"Mindestens die Erde retten, wenn nicht sogar die ganze Welt", antwortete Jade genervt, "Stell nicht so viele Fragen und pack lieber mit an"
Jade schilderte kurz, was wir vorhatten und
schließlich half ihr Rafael ein große Kiste voller Essen auf Lanzelot, einen großen Schimmel, zu hiefen.
Aus dem großen Pferdestall holte ich meine Fuchsstute, Camila, und ein Pferd für Rafael.
Ich hatte zwar jahrelangen Reitunterricht gehabt, jedoch war es eine Ewigkeit her, dass ich das letzte Mal auf einem Pferd saß.
Als wir alles, was wir brauchten, zusammengepackt hatten, drückte ich Rafael und Jade jeweils ein Paar Zügel in die Hand und schwang mich in Camilas Sattel.
Fast hätte ich dieses Gefühl getragen zu werden vergessen. So stellte ich mir fliegen vor.
Die anderen taten es mir gleich und saßen auch auf. Unsere Undercover-Rettet-Die-Welt-Mission begann.Die Schatten der Hohen Bäume am Wegrand warfen ein düsteres Licht auf uns. Das Gewitter war noch lange nicht vorüber und der Donner knallte nur so vom wolkenverhangenen Himmel. Unter mir trabte Camila angespannt und aufgeregt. Auch die anderen Pferde blickte hin und wieder mit ängstlichen Blicken gen Himmel und Jade und Rafael sahen auch nicht sorglos aus. Von mir waren fast alle Gefühle genommen,durch das pulsierende Adrenalin in meinen Adern. Ich fühlte die Angst, doch mein Gehirn war zu sehr damit beschäftigt sich dafür zu verfluchen, auf was ich mich eingelassen hatte, als meine Gefühle zu verarbeiten.
Zum ersten Mal seit Ewigkeiten sah ich die Stadt von oben, als wir auf dem kleinen Berg am Rande des bewohnten Teils der Landschaft ankamen. Kleine Häuser standen wie Figürchen in Reih und Glied aneinander gereit,ein hoher Kirchturm ragte zum Himmel empor und mit Regen überflutete Felder umrahmten das Bild. Mittlerweile hatte es wieder angefangen zu regnen und sowohl mein Kleid als auch meine langen blonden Haare klebten durchnässt an meinem Körper. Es war unmöglich, dass wir niemandem auffielen und unangenehmen Fragen ausweichen konnten. Spätestens meine Zofen würden sich über das nasse Kleid wundern. Doch es gab jetzt kein zurück mehr. Mein Blick wanderte zu Rafael. Er kaute nervös auf seiner Unterlippe herum. So angespannt, wie er im Sattel saß, hatte ich ihn noch nie gesehen. Auf Jades Gesicht zeichnete sich dagegen keine Spur von Furcht. Als sie meine neugierigen Blicke bemerkte, meinte ich sogar ein Lächeln über ihre Lippen huschen zu sehen.Ein paar Minuten später erreichten wir das Stadttor. Ich hatte erwartet, dass sich jeder in sein Haus verkrochen hatte, doch auf den Straßen herrschte reges Treiben. Ein paar Männer hoben die umgefallenen Bäume von den Straßen und einige Frauen und Kinder kümmerten sich um die Obdachlosen oder die, die vom Sturm zu Obdachlosen gemacht wurden. Auch wenn sie nicht allen zu essen geben konnte, waren die Menschen bereit eines der wichtigsten Dinge im Leben miteinander zu teilen: Zeit.
Camila trabte weiter bis zu einer Frau, die neben einem verwundetem Mann kniete. Ich zog die Zügel an, um mein Pferd zu stoppen. Rafael und Jade taten das selbe. Ich löste meine Füße aus den Bügeln und stieg vom Pferderücken. Aus den Taschen, die wir gepackt hatten, holte ich einen Verband und ein Stückchen Brot.
Die junge Frau musterte mich hoffnungsvoll, als ich mich zu ihr kniete und versuchte die blutende Schulter des Mannes zu verbinden. Meine Hände zitterten, weil ich noch nie jemanden gesehen hatte, der aus Strömen blutete und in zerrissener Kleidung auf einer überschwemmten Straße saß. Ich traute mich nicht ihm in die Augen zu blicken. Er hatte ja keine Ahnung, dass mein einziges ernsthaftes Problem war einen gutherzigen und wunderschönen Traumprinzen zu heiraten. Es kam mir in diesem Moment so lächerlich vor. Als die Frau merkte, dass ich mit meinen zitternden Fingern keinen Verband binden konnte, nahm sie mir den Stoff aus der Hand und machte sich selbst ans Werk.
"Wie ist das passiert", fragte ich als sie fertig war.
"Der Baum", sie deutete die Straßen runter auf eine massive Eiche, "hätte meinen Vater fast erschlagen...danke du hast ihn gerettet. Ich schulde dir so viel"
Ich mochte die Offenheit, die sie an den Tag legte. Im Schloss würde nie jemand auf die Idee kommen mich ohne meine Erlaubnis zu dutzen.
"Du schuldest mir nichts. Wenn ich nicht helfen wollte, käme ich nicht mit Versorgung hierher"
Sie erwiderte nichts sondern sah mich nur eine Weile an, als würde sie sich nicht trauen mich zu fragen, wer ich war. Ich gab den beiden etwas zu essen, warf ihnen einen letzten hoffnungsvollen Blick zu und schwang mich erneut auf mein Pferd. Meinen Begleitern hatte es wohl die Worte verschlagen. Sie waren genau wie ich in einem Schloss aufgewachsen und hatten noch nie so viel Not gesehen. Unsere Probleme bestanden eher darin, dass der Keks zu groß war um ihn in die Tasse zu tunken. Dass es andere Menschen gab, die womöglich noch nie einen Keks gegessen hatten, hatten wir total übersehen.
Die nächsten Stunden verbrachten wir damit jedem dem wir begegneten Brot und Hilfe anzubieten. Niemand, auch nicht mein Vater, könnten uns dazu bringen diese Bilder und ihre Bedeutung zu vergessen.

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Be my princess
Lãng mạnPrinzessin Selina soll mit dem französischen Prinzen Rafael verheiratet werden. Nur widerwillig kann sie der Heirat zustimmen. Bei der ersten Begegnung merkt sie, dass ihr zukünftiger Gatte ganz nett und gutherzig ist, jedoch geht ihr seine Schweste...