Kapitel 5

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"Warte, dass heißt ich hab meine Kette verkauft?" Fassungslos starrte ich ihn an. Der Typ... Wie hieß er nochmal? Ach ja, Noah. Er wollte mir gerade ernsthaft weiß machen, ich hatte die teure Kette meiner Stiefmutter einfach weggegeben.
"Naja, verkauft trifft es jetzt nicht ganz.", meinte er. "Eingetauscht gegen einen Zug am Joint trifft es eher.", meinte er. Ich starrte ihn entsetzt an. "Nein, nein, nein! Das darf nicht wahr sein. " So besoffen konnte ich doch nicht gewesen sein. Das darf ich einfach nicht getan haben, der Stiefdrache bringt mich um.
"Sorry, ist aber so." Er stand komplett ohne emotionale Regung vor mir. Ihm war klar anzusehen, dass es ihn nicht die Bohne interessierte, ob ich hier hyperventilierte.

Ich dachte verzweifelt nach, es musste eine Lösung für dieses Dilemma geben. "Okay, du musst mich zu ihm bringen, zu diesem... diesem..." Ich versuchte mich an den Namen zu erinnern, den er mir genannt hatte. "Flex.", meinte er trocken. "Sein Name ist Flex."
Ich schaute ihn verwirrt an. Was war denn Flex für ein Name?
"Wie auch immer, du musst mich zu ihm bringen. Ich muss mit ihm reden, er muss mir die Kette zurück geben." Er schüttelte den Kopf. "Nein, vergiss es! Ich will mit diesem Typen nichts am Hut haben. Und glaub mir, du willst das auch nicht." Ich machte einen Schritt auf ihn zu und rüttelte ihn an den Schultern. "Du verstehst das nicht, ich brauche diese Kette unbedingt zurück."
Mit angesäuertem Blick machte er meine Hände von seinen Schultern los. "Also erstens: So bekommst du sie nicht zurück. Und zum zweiten: Was einmal in den Händen von Flex ist, kommt von dort auch nicht so schnell wieder."

Ich hatte das Gefühl er wollte gar nicht verstehen, wie wichtig es war zu diesem Flex zukommen. "Wir hatten einen Deal, erinnerst du dich?" Eigentlich sollte er, denn es war noch keine zehn Minuten her. "Noch mal für dich Prinzeschen, ich werde nicht...", setzte er an, wurde aber von mir unterbrochen. "Ich erhöhe auch auf zweihundert."
Er starrte mich kurz perplex an, bevor sich sein Gesicht wieder in sein unergründliches Pokerface verwandelte. Dann atmete er tief ein und schnaubend aus. "Na gut, wir treffen uns morgen pünktlich um vier an Pablo's Inn. Ich zeig dir wie man zu Flex kommt, aber danach bin ich raus. Verstanden?" Ich war so überrascht, dass ich nur stumm nickte. Anscheinend hatte er nicht mehr zu sagen, denn er drehte sich um und ging wieder zu seinen Freunden. Ich blieb wo ich war und konnte ihm nur hinterher starren.

Finger erschienen in meinem Sichtfeld und sie schienen schon eine Weile dort zu schnipsen. Etwas verwirrt blickte ich zur Seite undsah Talli wieder neben mir stehen. "Na endlich, ich hatte schon Angst du bist in Schockstarre verfallen.", sagte sie übel gelaunt. "Lass uns bitte ganz schnell von hier verschwinden."
Ich blickte sie fragend an,doch sie winkte ab. "Erkläre ich dir gleich."

Wir gingen eilig den Weg aus dem Park wieder hinaus und auf schnellstem Weg zur nächste U-Bahnstation. Als Talli sicher war weit genug von den "zwielichtigen, heuchlerischen Grabschern" (wie sie sie nannte) weg zu sein, erzählte sie mir warum wir so schnell verschwinden mussten.
"Dieser Al ist echtwiderlich. Andauernd wollte er mich betatschen und hat irgendwelche zweideutigen Komplimente von sich gegeben. Zum Glück hat der eine von ihnen mich ein wenig in Schutz genommen."
Ich blickte Talli erstaunt an. "Echt? Die sahen alle nicht so aus, als würden sie einem helfen." Talli kicherte.
„Ja, das stimmt. Aber der eine, ich glaube er hieß Kai war ziemlich okay. Hast du gesehen wie er aussieht?", fragte sie mich ganz euphorisch. Ich schüttelte den Kopf. Talli seufzte träumerisch. "Oh mein Gott! Ich sags dir, er sieht aus wie ein Gott. Ein absoluter Traumtyp."
Das Gespräch verlief in eine Richtung, die ich nicht mochte. "Talli, hörst du da was du sagst?", fragte ich sie besorgt. "Du weißt was das für Typen sind." Sie winkte ab. "Keine Sorge, ich verliebe mich nicht gleich." Beruhigend legte sie mir einen Arm um die Schultern. "Aber du solltest echt aufpassen.", zwinkerte sie. Ich schaute sie verdutzt an. Wie meinte sie das denn?
"Dein Typ sieht fast noch besser aus als dieser Kai. Wie kannst du das denn nicht bemerkt haben?", fragte sie mich und schüttelte verständnislos den Kopf. "Sonst bist du immer die erste, die von solchen Typen schwärmt." Ich schüttelte den Kopf. "Nein.", meinte ich. "Das hab ich nicht mitbekommen. Liegt aber vielleicht auch daran, dass ich mit seinem hässlichem Charakter zu tun hatte.", sagte ich sarkastisch.
"Sonst hält dich das doch auch nicht ab mit ihnen zu flirten. Ich meine dein Ex war auch ein totales Arschloch. Noah würde echt gut zu dir passen, also vom Aussehen her" Ich seufzte über meine hoffnungslose Freundin.

„Talli, können wir mal kurz davon absehen, dass dieser Noah angeblich aussieht wie ein Gott und auf mein Problem zurück kommen?", fragte ich fast verzweifelt. "Nicht nur fast, er sieht aus wie ein Gott.", gab Talli zurück. "Aber ja, erzähl! Was ist jetzt, hilft er dir die Kette zu finden?", ergänzte sie, bevor ich noch etwas sagen konnte.
Ich erzählte Talli alles was mir Noah gesagt hatte und auch wie viel Geld ich ihm versprochen hatte, wenn er mir half. Als ich diese stelle erzählte, schnappte sie empört nach Luft. "Was? Ist der total.."
"Talli!", unterbrach ich sie. "Es ist mir egal, wie viel ich zahlen muss um dieses Ding wieder zu bekommen. Das was mich erwartet wenn der Drache herausfindet, dass sie weg ist wird schlimmer als ein leeres Konto."
Die Verzweiflung lies meine Stimme einige Tonlagen höher klingen als gewöhnlich. "Aber wird es deinem Vater nicht auffallen, wenn auf deinem Konto so viel Geld fehlt?", fragte Talli mich besorgt. Oh Mist! Ich hatte gar nicht daran gedacht, dass mein Dad das fehlende Geld bemerken könnte. "Vielleicht kann ich ihn ja mit einer guten Ausrede abspeisen.", überlegte ich laut. "Wir waren vor der Party einfach noch mal beim Friseur.", schlug Talli vor und ich nickte. Ich hoffte wirklich mein Dad würde es schlucken.

"Und wann triffst du dich wieder mit diesem Noah?", fragte Talli, nachdem wir eine Weile schweigend nebeneinander her gegangen waren. "Morgen.", antwortete ich ihr. "Ich hoffe, er ist morgen nicht so drauf wie heute. Sein Gangstergehabe, oder was das auch immer darstellen sollte, hilft mir nämlich nicht gerade weiter."

Aus dem abgedrehten Leben der Lissi ConnorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt