Mit genau fünf Minuten Verspätung betrat Eric mit einem seiner Schatten das Café. Woher ich so genau wusste das es genau fünf Minuten waren? Nun ja, ich hatte im Zehn-Sekunden-Takt auf mein Handy geschaut und Noah damit fast in den Wahnsinn getrieben.
Jedes Mal wenn ich mein Handy zur Hand nahm, verdrehte er die Augen und erinnerte mich daran, dass Eric schon kommen würde. Sonst vermied er es aber tunlichst mich anzusehen. Die meiste Zeit blickte er aus dem Fenster und wenn er doch zu mir schaute, dann den Blick fest auf mein Gesicht geheftet. Das Top an ihn war eine Verschwendung gewesen...
Die Glocke der Eingangstür ging und gebannt schaute ich dort hin . Zwei seltsame Gestalten traten ein und kamen auf uns zu. Eric ließ sich neben mich auf die Bank fallen, ein bisschen zu nah für Noahs Geschmack, und erntete deswegen einen wütenden Blick von ihm. Unter dem Tisch trat ich ihn gegen sein Schienbein und flehte ihn stumm an jetzt ruhig zu bleiben. Die Kette war wichtig, wenn Noah jetzt durchdrehte, dann würde ich sie nicht mehr bekommen.
Aber Eric machte es einem auch nicht gerade leicht ruhig zu bleiben. Nachdem er sich gesetzt hatte, griff er quer über den Tisch und angelte sich einige von Noahs Pommes. „Uh, lecker Pommes.", schmatzte er laut. Angeekelt verzog ich das Gesicht. Jemand sollte diesem Kerl mal Manieren beibringen.
Ich konnte mir das Geschmatze keine fünf Sekunden länger anschauen, weshalb ich mich an Eric wandte und zum Punkt unseres Treffens kam. „Also, hast du die Kette?", fragte ich ungeduldig. Eric schaute mich amüsiert an. „So eilig die kleine Lady, genießt du unsere Anwesenheit nicht?", erwiderte er mir spöttisch und wagte einen tiefen Blick in mein Dekolleté. Ich verdrehte innerlich die Augen. Konnte nicht einer hier im Viertel sich normal verhalten?
„Ich muss dich leider enttäuschen, aber ich muss heute noch wohin, also könnten wir dann bitte zum geschäftlichen kommen?", fragte ich genervt. Eric schien immer noch die Ruhe weg zu haben. Er wandte sich selbstsicher grinsend an Noah. „Ist sie Bett auch so?" Noah gab keine Antwort, sondern presste seinen Kiefer zusammen und ballte die Fäuste.Ich hoffte doch, dass es wegen Erics unangebrachten Kommentar war und nicht weil ihn die Vorstellung mit mir im Bett so missfiel. Okay, falsche Gedanken zum falschen Zeitpunkt! Darüber kann ich mir später noch den Kopf zerbrechen.
Ich räusperte mich laut, um Erics Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken. „Können wir dann den Deal abwickeln? Ansonsten würde ich jetzt gehen, das hier ist reine Zeitverschwendung.", sagte ich selbstbewusst, auch wenn ich nicht genau wusste, woher ich dieses Selbstvertrauen nahm.
Und hatte ich ernsthaft ‚Können wir den Deal abwickeln gesagt' ? Woher hatte ich denn diese Redewendung? Definitiv zu viel Zeit hier im Viertel.
Eric schien sich glücklicherweise nicht an meiner Wortwahl zu stören, er holte einen funkelnden Gegenstand aus seiner Jackentasche und legte ihn auf den Tisch.
„Ist das dein Schmuckstück?", fragte er nun vollkommen ernst. Ich nickte und wollte danach greifen, aber Eric zog es wieder aus meiner Reichweite. „Erst meine Bezahlung.", forderte er.
Genervt blickte ich ihn an, dann griff ich provokativ in meinen Ausschnitt und hielt ihm das Geld hin. Eric konnte es nicht lassen unentwegt darauf zu starten. Also auf meine Brüste, nicht das Geld. Ich räusperte mich selbstgefällig. „Für solche Blicke sollte ich dir gleich einen Fünfziger abziehen.", meinte ich zu ihm und er erwachte aus seiner Starre. Jetzt war er wieder bei der Sache.„Vergiss es!", kam es knurrend von ihm. „Voller Preis oder gar nichts." Schade, ein Versuch war es wert gewesen. Ich drückte ihm das Geld in die Hand und deutete dann abwartend auf die Kette. Eric zählte kurz nach und nickte dann. „Hier, war schön mit dir Geschäfte zu machen.", drückte er mir die Kette in die Hand und verschwand dann. Sein Schatten folgte ihm, ohne ein Wort des Abschieds.
Ich strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Ich hatte es geschafft, ich hatte die Kette wieder und würde nicht auf ein mieses, versnobtes Internat in der Schweiz gehen müssen.
Aber als ich Noah anstrahlte, schien meine Freude einfach an ihm abzuprallen. Verwirrt schaute ich ihn an. „Alles okay?", halte ich nach. Noah antwortete mit einem genervten ‚Hm' und ging ebenfalls aus dem Café.
Verwirrter als ohnehin schon, schaute ich ihm nach. Und da sollen wir Frauen die komplizierte Spezies sein? Nein, Kerle, die sollte erst jemand verstehen.
Ich ging Noah nach und fand ihn ans Geländer zum Hafenbecken gelehnt und eine Zigarette rauchend vor. Er nahm kaum Notiz von mir, als ich auf ihn zu kam. Aus Erfahrung wusste ich, dass nachfragen nichts brachte und lehnte mich deshalb neben ihn ans Geländer. Ich wartete einfach, bis er anfing zu sprechen.
"Ich kann diesen Kerl nicht ausstehen.", meinte schlicht. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. "Darauf wäre ich ja nie gekommen." Mein Sarkasmus schien ihm nicht ganz zu gefallen. Er blickte mich genervt von der Seite. "Ich mein das ernst. Er ist ein absolutes Arschloch, du hättest ihm keinen müden Cent geben dürfen.", sagte er frustriert. „Das sehe ich aber anders.", ertönte da eine Stimme hinter uns. Erschrocken drehte ich mich um. Eric und seiner kleiner Lakai waren noch nicht gegangen.
„Weißt du Noah, was du gerade gesagt hast, war nicht besonders nett. Das hat meine Gefühle verletzt musst du wissen.", sagte Eric, während er auf Noah zukam. Dieser lachte bei dem Teil mit den Gefühlen nur. „Gefühle?", fragte er spöttisch. Erics Miene verdunkelte sich. „Ja Gefühle, ich will, dass du das zurück nimmst und zwar sofort!" Er war sehr dicht vor Noah stehen geblieben und funkelte ihn zornig an. Noah schien sich daran nicht zu stören, er lehnte sich noch ein Stück vor und provozierte Eric auch noch. „Und was wenn nicht?" Sein hämisches Grinsen an Eric brachte diesen zur Weißglut.
Noch bevor ich wirklich realisierte, was abging, traf Erics Faust bereits in Noahs Gesicht. Noah taumelte ein Stück zurück, sah Eric wütend an und holte selber aus. Im Handumdrehen war eine richtige Schlägerei ausgebrochen.
Hilflos stand ich daneben und versuchte beruhigend auf die beiden anzureden. Da das aber nichts half, wurden aus meinem beschwichtigenden Worten bald hysterische Schreie.
Erics Kumpel sprang Eric zur Seite und verpasste Noah einen ordentlichen Hieb in die Rippen. Noah taumelte wieder und musste sich am Hafengeländer abstützen.Eric schnappte sich in der kurzen Zeit, die Noah abgelenkt war, seine Kehle und drückte ihn nach hinten, über das Geländer zum Hafenbecken.
„Nimmst du jetzt alles zurück?", fragte er. Seine Hand an Noahs Kehle drückte noch ein wenig fester zu. Noah schwieg. „Eric hör auf.", flehte ich, aber er beachtete mich nicht einmal. Ich trat einen Schritt auf sie zu, da wurde Erics Kumpel aktiv.Er stellte sich vor mich und drängte mich wieder zurück. Panik stieg in mir auf. Als er mir immer näher kam, fing Noah an sich aus Erics Griff zu schlagen. Mit beiden Fäusten bearbeitete er solange sein Gesicht, bis er ihn los war. Eric schien das allerdings gar nicht zu gefallen und ging auf Noah los.
Ich wollte eingreifen, doch der Typ baute sich immer noch breit vor mir auf und versperrte mir die Sicht. Ich versuchte mich an ihm vorbei zu drücken, doch er war stärker und schubste mich zurück. Ich verlor das Gleichgewicht und landete auf meinem Hintern.
Etwa im selben Moment erklang das Geräusch von reißendem Stoff. Erschrocken blickte ich zu Noah. Er stand mit zerrissenem Shirt vor Eric und dieser entsorgte gerade im Hafenbecken. Noahs Gesicht war rot vor Zorn und er stand kurz davor noch einmal auf ihn los zu gehen.
„Noah!", rief ich, doch er reagierte nicht. Erics Kumpel war kurz abgelenkt, sodass er gar nicht mitbekam, wie ich mich an ihm vorbei quetschte. Ich fasste Noah von hinten an die Schulter und drehte ihn zu mir um. „Wir gehen jetzt!", sagte ich bestimmt zu ihm und zog ihn mit mir fort. Hauptsache weit genug weg von Eric. Als wir weit genug entfernt waren, blieb ich stehen.
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Aus dem abgedrehten Leben der Lissi Connor
UmorismoEs war einmal im Märchen, da verlor Cinderella nach einer berauschenden Ballnacht ihren Schuh. Mir ist letztens so ziemlich dasselbe passiert: Nach einer berauschenden Partynacht hab ich ein sehr wertvolles Schmuckstück verloren. Meine beste Freundi...